Unter Palmen und Buchen. Zweiter Band.. Gerstäcker Friedrich. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerstäcker Friedrich
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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damit fahren könnten, wie gerade hier – sie halten nur noch bei ruhiger Fahrt aus reiner Gefälligkeit zusammen. Ich weigere mich übrigens nicht, zu feuern. Geben Sie den Befehl, und Sie sollen sehen, daß Ihre Geschützstücke ordentlich bedient werden. – Ich kann schwimmen und wenn der alte Kasten auseinander geht und die Kanonen nicht platzen, so hoffe ich an Land zu kommen. Daß wir aber heute Abend, wenn wir nur eine einzige Breitseite abfeuern, die Wand bersten, und eine Stunde später voll Wasser laufen, darauf gebe ich Ihnen mein Ehrenwort« – und seine Mütze lüftend drehte er sich ab und ging wieder ruhig auf seinen Posten.

      Der Capitain blieb in einer höchst unbehaglichen Stimmung zurück und auch der Commissair war ein sehr bestürzter Zuhörer der Unterredung gewesen, denn er hatte bis jetzt einen ganz anderen Begriff von ihrer Marine gehabt. Sank das Schiff wirklich, so war er verloren, denn er konnte nicht schwimmen, und ob sie in einem Boot freundlich an der Küste empfangen würden, bezweifelte er sehr.

      Der Engländer wurde jetzt gerufen, um seine Meinung über die Sache zu hören, aber er zuckte die Achseln. Der Franzose war, wie er bestätigte, gelernter Schiffszimmermann, und hatte ihn schon ein paar Mal auf den wahrhaft traurigen Zustand der Schiffshölzer aufmerksam gemacht. Er traute selber nicht und wenn sie seinem Rath folgen wollten, so hielten sie mit Schießen wenigstens so lange als möglich zurück. Der Schooner macht jetzt schon so viel Wasser, daß sie auf jeder Wacht eine volle Stunde pumpen müßten, und ihn dann noch nicht einmal frei bekämen. – Wenn sich durch Erschütterung des Feuerns die Hölzer noch mehr lösten, stünde er für nichts. – Uebrigens könne er auch schwimmen.

      Und damit spuckte er sein Priemchen über Bord und schnitt sich ein frisches ab, während der Schooner, von der Galeotte dicht gefolgt, mit der jetzt einsetzenden Seebrise rasch seinem Ziele entgegenlief und einem Kampfe, sobald er vom Lande aus begonnen wurde, nun schon gar nicht mehr ausweichen konnte. Gegen diese Brise und die starke Strömung der einsetzenden Fluth wären die erbärmlich segelnden Fahrzeuge gar nicht im Stande gewesen, die offene See wieder zu erreichen.

      Der »Almirante« befand sich in Verlegenheit, denn es kann ja nichts Fataleres für den Befehlshaber eines Kriegsschiffes geben, als zu hören, daß die Kanonen, die zu dem besonderen Zwecke an Bord geschafft wurden, um damit zu schießen, nicht abgefeuert werden dürften, wenn man nicht befürchten wolle, nicht etwa Schaden nach außen anzurichten, sondern das eigene Fahrzeug zu ruiniren. Wer weiß auch, was er gethan hätte, wenn gerade Ebbe gewesen wäre und ein günstiger Wind ihm irgend eine andere Bewegung erlaubt hätte, als die, vorwärts zu segeln. So aber befand er sich genau in der Lage eines Cavalleristen, dessen Pferd mit ihm, angesichts der feindlichen Reihen, durchgeht, und zwar gerade auf die Feinde zu. Es blieb ihm nichts Anderes übrig, als zu thun, als ob er das Pferd noch selber regiere und lenke, und nur aus rasender Tapferkeit zu diesem tollkühnen Angriff getrieben werde. Er war auch mit sich einig, denn wenn wir zu einem Entschluß gezwungen werden, ist es nicht schwer, ihn zu fassen.

      Jetzt befand man sich der im Sande eingegrabenen Batterie gegenüber. Deutlich konnte man schon die dort am Ufer durcheinander laufenden Soldaten erkennen und der Capitän bemerkte mit seinem Glas, daß sie wirklich mit einem Gegenstande, der einer Kanone ähnlich sah, beschäftigt waren. Es dauerte auch nicht lange, so folgte ein Blitz, dann eine kleine weiße Rauchwolke und während der Schuß zu ihnen herüberdröhnte, sprangen die Leute alle nach dieser Seite des Fahrzeugs, um zu sehen, welche Richtung die Kugel nehmen würde. – Aber keine Kugel kam. Dicht am Ufer spritzte das Wasser allerdings an ein paar Stellen auf, das war aber wenigstens hundert Schritt vom Schiff selber entfernt und nicht einmal in der Richtung, sondern viel weiter nach hinten. Uebrigens erfolgte kein Befehl einer Erwiderung an Bord. Die Leute standen mit brennenden Lunden neben ihren Kanonen, aber sie schossen nicht, und mit wahrhaft majestätischer Ruhe glitten die beiden Fahrzeuge, die zu wenig Tiefgang hatten, um bei steigender Fluth ein Auflaufen zu fürchten, an den so mühsam aufgeworfenen Schanzen vorüber und gerade auf die Stadt zu, bis sie, dieser gegenüber, plötzlich auf ein gegebenes Signal die Segel lösten und die Anker niederrollen ließen. Kaum zwei Minuten später schwang ihr Bug mit der Strömung herum und beide zeigten jetzt der Stadt die drohenden Seiten, mit denen sie jeden Moment den Angriff beginnen konnten.

      »Und was wollen Sie thun?« fragte der Commissair ängstlich, als der Capitän sein Boot beorderte, um selber an das Land zu fahren. »Uebereilen Sie um Gotteswillen nichts, daß Sie Ihre Schiffe nicht gefährden.«

      »Haben Sie keine Angst,« sagte der Seemann mit einem verächtlichen Lächeln. – »Es wäre ja Schade um das Material. Uebrigens kenne ich meine Landsleute und hoffe das ohne Blutvergießen durchzusetzen was wir durch unsere Kanonen erreichen wollten. Dann werden Sie mir erlauben, nach Buenaventura zurückzukehren und dort diese kostbaren Fahrzeuge der Obhut Sr. Excellenz wieder zu überliefern.«

      »Von Herzen gern, von Herzen gern, Almirante,« rief der Commissair rasch. »Auch hoffe ich, Ihnen dann einige wichtige Gefangene mitzugeben. Meine Kundschafter, die mir meldeten, daß Señor Ramos mit seiner Familie nach Tomaco geflüchtet sei, und jetzt hier gegen Mosquera agitire, können sich nicht geirrt haben und dann war unsere Reise nicht umsonst, denn ich gebe Ihnen mein Wort, daß dieser Ramos der gefährlichste und schlimmste Agitator in ganz Neu-Granada ist.«

      »Veremos!« erwiderte der Capitän trocken und stieg in sein Boot hinab, mit dem die Leute schon seiner warteten. Er nahm nicht einmal eine weiße Fahne mit, sondern steuerte das Boot direct auf eine sich am Strand sammelnde Menschengruppe zu, weil er an der Stelle ziemlich richtig den besten Landungsplatz vermuthete. Zu gleicher Zeit sah er, wie die an den Sandschanzen aufgestellte Mannschaft im Sturmschritt mit ihren beiden kleinen Kanonen herbeieilte, um – wenn nöthig – vielleicht den Landungsplatz zu vertheidigen, denn daß sie gegen die Schiffe selber mit ihren Geschützen nichts ausrichten konnten, hatten sie wohl bei dem ersten Mal Feuern bemerkt.

      Der Alkalde erwartete ihn schon, und diesmal fest entschlossen, sich durch den Postmeister nicht wieder das Wort vor dem Mund wegnehmen zu lassen. Er trat auch dem Capitain, sowie dieser an's Land sprang, entgegen und sagte, indem er ihm die Hand reichte und schüttelte:

      »Buenos Dias, Señor! – Sehr angenehm, Ihre Bekanntschaft zu machen. Können Sie uns vielleicht Aufklärung geben, zu welchen Zweck Sie hier Ihre beiden Schiffe vor unserer Stadt geankert haben?«

      Ein leises Lächeln flog über die Züge des Seemannes, als er antwortete:

      »Mit weit größerem Rechte, mein verehrter Señor, könnte ich Sie fragen, weshalb Sie auf ein paar Schiffe Ihres eigenen Landes, die einen Hafen ihres eigenen Territoriums besuchen, feuern lassen. – Bitte, unterbrechen Sie mich nicht. Wäre ich Ihnen wirklich feindlich gesinnt, was hinderte mich, furchtbare Rache für die Beleidigung zu nehmen, denn Sie werden mir zugeben, daß eine einzige in diese Bambushäuser gefeuerte Kanone entsetzliche Verwirrung anrichten und viele Menschenleben gefährden würde. Um aber kein Blut treuer Unterthanen unseres theueren Vaterlandes zu vergießen, um den Bürgerkrieg nicht auf dies friedliche Eiland zu tragen, komme ich noch einmal zu Ihnen, um Sie aufzufordern, das zu thun, was Sie doch nicht mehr ändern können: Sr. Excellenz den jetzigen Präsidenten der Republik, Señor Mosquera, anzuerkennen und ihm Treue zu schwören. Ich selber komme nur als der Feind derer, die den Huldigungseid verweigern – im anderen Fall sind wir Freunde und Bundesgenossen, und ich stehe mit meiner Person dafür, daß Sie weder an Ihrer Stadt, noch irgend einem derselben angehörenden loyalen Bürger geschädigt werden sollen.«

      »Aber bester Herr,« sagte der Alkalde, durch die freundliche und vernünftige Anrede schon halb gewonnen und nur noch in Verlegenheit, wie er vor den Umstehenden eine vielleicht etwas zu rasche Sinnesänderung beschönigen sollte, »wir – wir wissen hier eigentlich noch gar nichts von Sr. Excellenz, dem neuen Präsidenten. Wir sind friedliebende Menschen, die mit keinem Lande einen Krieg wollen – am allerwenigsten mit dem eigenen, aber wie – wie bekommen wir denn eine Garantie, daß nicht – ohne jedoch das Geringste gegen Ihre eigene Person andeuten zu wollen – daß nicht irgend ein Schiff bei uns anlegen könnte, welches irgend einen neuen Namen als Präsident und Regierung aufstellt und Besitz von der Insel ergreift?«

      »Darüber beruhigen Sie sich,« sagte der Seemann; »ich handele nicht nach eigener Machtvollkommenheit, sondern habe einen Regierungs-Commissair an Bord, der, von Buenaventura aus mit allen nöthigen Papieren