Tahiti: Roman aus der Südsee. Dritter Band.. Gerstäcker Friedrich. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerstäcker Friedrich
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Книги о Путешествиях
Год издания: 0
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sind höflich« – setzte er trocken hinzu, »wenn man ihnen auch sonst gerade nichts Gutes nachsagen kann.«

      Pomare sah ihn forschend an – ihre Fahne, durch Kanonenschüsse der gefürchteten Feranis geehrt – der Gedanke hatte einen unsagbaren Reiz für sie, und ihre weibliche Eitelkeit griff danach, so sehr sie auch noch kurze Zeit vorher einem so entschiedenen Schritt entgegen gewesen sein mochte.

      »Und Du hissest zugleich die Englische Flagge vor Deinem Haus?« frug sie rasch, des Priesters Arm ergreifend.

      »Als Gruß der Königlich Tahitischen in jedem Fall« erwiederte der Missionair – »ich bin sogar dem Amt nach, das ich vertrete, dazu verpflichtet.«

      »So sei es – gut!« rief die Königin und ein eigenes Lächeln belebte ihre schönen, sprechenden Züge und gab dem raschen ausdrucksvollen Blick einen höheren Glanz. »Der Wi-Wi soll mir die Krone grüßen müssen, die er nicht berühren darf, und Dein Gott mag mir jetzt beweisen ob er, wie Ihr uns oft erzählt, mit Wohlgefallen auf diese Inseln niederschaut, deren Bewohner ihre alten Götter und Gesetze in den Staub geworfen haben, das Kreuz des Heilands aufzurichten, und seinen Namen zu ehren, oder ob er gleichgültig die Erfolge betrachtet, die sein Wort hier auf Erden hat, dem Götzendienst des anderen Volkes gegenüber. Ruf mir die Häuptlinge die schon den ganzen Morgen draußen gewiß ungeduldig meiner Befehle harren – ich will Königin sein, und eine Königin wie sie über dem großen Wasser drüben auf der Insel Deines Vaterlandes herrscht, nicht ein Spott nur und Fratzenbild aus einem Spiel der Areois, dem jeder fremde Freibeuter die Krone abnehmen und bespötteln darf.«

      »Und Du wirst sehn, Pomare, daß Du Nichts zu fürchten hast,« sagte der Geistliche – »in Deinem Reiche darf keine fremde Macht die Hand an Deine Flagge legen, die Zugeständnisse zu denen man Dich zwang sind ungültig, eben weil sie erzwungen waren, und Dein Volk ist stark und mächtig in der Begeisterung des Herrn, selbst einem also gewappneten Feinde Trotz zu bieten, und ihn auf seine Schiffe mit blutigem Kopf zurückzuweisen. Ich schicke Dir die Häuptlinge, Deine Befehle zu erfüllen, und gehe selbst jetzt hinüber in mein Haus, das königliche Signal zu beantworten, sobald es in der Brise flattert. Indessen aber sei der Herr mit Dir in dieser Stunde und gebe Dir seinen Segen und Frieden in Jesu Christo.«

      Und freundlich seine Hände gegen sie, wie zum Segen ausstreckend, blieb er einen Moment mit zum Himmel gerichteten Blicken stehen, und verließ dann langsam das Gemach.

      Pomare, die sich dem Segen erst leise geneigt hatte blieb, als der ernste Mann ihr Zimmer verlassen, mit fest in beide Hände gepreßter Stirne stehen; ihr Busen wogte heftig, ihre ganze Gestalt zitterte vor innerer Aufregung, und sie bedurfte einer kurzen Zeit, ehe sie sich wieder vollständig sammeln konnte. Kaum aber hörte sie die Schritte der nahenden Männer, als sie auch mit der Energie, die ihrem ganzen Wesen und Charakter eigenthümlich war, jede Schwäche von sich abschüttelte, und die Lippen fest aufeinander gebissen, wenn auch noch mit klopfenden Schläfen, die Häuptlinge empfing, die rasch und ebenfalls in Aufregung, in ihrer Gegenwart erschienen.

      »Joranna Pomare« riefen Aonui und Potowai, »Joranna, und schütze Dich Gott in dem nahen Kampf.«

      »Dem nahen Kampf?« frug Pomare, erstaunt zu ihnen aufsehend, »wer spricht von einem Kampf?«

      »Der fromme Mann der Dich verließ ermahnte uns standhaft auszuhalten selbst gegen die Uebermacht des Feindes draußen« sagte Aonui, »und so mit Gott, was brauchen wir da irdische Waffen zu scheuen oder zu fürchten.«

      »Hier ist von keinem Kampf die Rede« entgegnete Pomare ernst – »nur unsere Landesflagge sollt Ihr aufziehen an meinem Haus – ich will keinem Menschen Böses, und unsere Religion ist eine Religion des Friedens und der Liebe – sagt das den Leuten draußen. Sie sollen keinen Zank anfangen mit den Feranis, sondern sie freundlich behandeln, und ihnen Alles verschaffen, was sie an Nahrungsmitteln brauchen – Pomare hat keinen Zorn gegen sie und will in Frieden mit ihnen leben.«

      »In Frieden mit ihnen leben?« wiederholte kopfschüttelnd Potowai – »das ist ein schweres Ding. Ein Frieden mit den Feranis ist wie der durchsichtige Stein den sie uns gebracht und in unsere Häuser gesetzt haben, das Licht hineinzulassen, Du rührst ihn an und er bricht und splittert und verwundet die Hand, die sich freundlich, ohne Arges zu denken, nach ihm ausstreckt – trau dem Ferani. Aber was thuts« – setzte er rasch und freudig hinzu, die Fahne aufgreifend und die goldene Krone betrachtend, die von Cocosblättern umgeben gar künstlich und zierlich von frommen weißen Frauen gestickt war – »wir haben die Bibel auf unserer Seite und unser gutes Recht, und zehntausend Mal lieber seh ich dabei den Tahitischen Stern im Winde flattern, als irgend ein anderes Tuch der weiten Welt. So mit Gott, und das Volk wird Dir zeigen, Pomare, wie dankbar es sein kann für diesen Beweis Deiner Liebe.«

      Und von dem frommen Aonui gefolgt verließ er rasch das Haus, die Fahne an dem nahen Flaggenpfahl zu befestigen, um den sich indeß schon ein zahlreicher Volkshaufen, mehr aus Neugierde als die Wichtigkeit der Demonstration begreifend, versammelt hatte. Ja die meisten sahen eben nichts weiter darin, als eine sehr gewöhnliche Handlung, vielleicht sogar der Artigkeit gegen die Fremden, die ihre eigenen Flaggen wehen ließen – weshalb konnten sie nicht dasselbe mit der ihrigen thun?

      Noch ein Schiff war indeß in Sicht gekommen, und wie ein Theil der Tahitier es schon mit froher Zuversicht als eines der zurückkehrenden Englischen Kriegsschiffe ausrief, schwuren die einzeln zwischen den Eingebornen zerstreuten, meist Englischen oder Amerikanischen Matrosen, das Schiff habe so wenig Englischen Kiel unter sich, wie die im Hafen liegende Reine blanche oder Danae und trage so gut die Tricolore wie sie alle Beide. Unter der Masse bildeten sich denn auch bald einzelne Gruppen, die das für und gegen eifrig besprachen, und dabei, wenigstens die Eingebornen, mit einer Art von Stolz auf ihre stattliche Fahne blickten, die lustig im Winde hinauswehte, und nach den Schiffen hinüber zu grüßen schien.

      Unser alter Bekannter, Bob Candy war unter ihnen und schien gewissermaßen eine Autorität, was die Natur des fremden, eben einsegelnden Schiffes betraf, auszuüben, denn einestheils verstanden ihn nur wenige in seinen gebrochenen Tahitischen Ausdrücken, und dann erklärten Andere wieder, die ein wenig die Englische Sprache gelernt hatten, daß er jedes Segel an Bord des Fremden erkenne, und wisse warum es da, und wo es gemacht sei; sein Sieg war auch vollkommen als die Fregatte endlich ihre Flagge zeigte und an ihrem Heck, wie an den anderen Kriegsfahrzeugen in der Bai, die gefürchteten, jedenfalls gehaßten Französischen Nationalfarben sichtbar wurden.

      »Segne mich!« sagte da aber Teraitane, der Häuptling, der sich der Gruppe eben zugesellt hatte, »uns hat der ehrwürdige Bruder Mi-ti (Smith) immer gesagt, die Feranis hätten nur ein einziges Kriegsschiff in ihrem ganzen Reich, und das schickten sie her bald so, bald so angemalt, und bald mit dem, bald mit jenem Namen, Geld zu erpressen, und jetzt liegen drei schon im Hafen und das vierte segelt eben ein, und eines immer größer als das andere – der ehrwürdige Bruder Mi-ti muß geträumt haben.«

      »Bruder Mi-ti träumt aber gewöhnlich mit den Augen offen« bemerkte Bob, trocken; »merkwürdig kluge Erzählungen die sich die Leute machen, nur daß die Farbe abgeht, wenn sie naß werden. Die Feranis könnten eine ganze Woche hintereinander jeden Tag vier andere Kriegscanoes herschicken, und behielten immer noch so viel zu Hause.«

      Während sich die Eingeborenen, denen ein Anderer das von Bob gesagte übersetzte, um diesen drängten, der unwillkommenen Mähr von der Macht eines Feindes zu lauschen, der ihnen bis jetzt eher als unbedeutend geschildert war, hatte die Reine blanche mit dem neu einkommenden Fahrzeug rasch Signale gewechselt, aber die erwartete und von der Königin erhoffte Begrüßung ihrer Flagge, der gegenüber jetzt, von dem Pritchard-Haus, die Englische wehte, blieb aus, und die Kriegsschiffe lagen still und ernst in der Bai – ob Freund ob Feind – erst die Zukunft sollte das entscheiden.

      Von der Reine blanche kam jetzt ein Boot ab, mit der wehenden Tricolore am Heck, und hielt, von sechzehn Riemen pfeilschnell über die spiegelglatte Fluth dahergetrieben, gerade dem Hause Pomarens zu, vor dem sich eine Masse Volk jedes Geschlechts, wie jeder Farbe fast, versammelt hatte.

      Der im Stern des Bootes sitzende Officier war aber Du Petit Thouars selber und ehe nur Einzelne der Umstehenden ihn, von seinem früheren Besuch noch in der Erinnerung, erkannt hatten, sprang er an Land, rief dem ihn begleitenden Officier einige Worte zu und schritt