Da – während noch Alle um den Doktor geschaart standen und mit ängstlicher Spannung seinen Worten lauschten, meldeten die indessen ausgestellten Wachen einen auf dem Fahrweg herankommenden einzelnen Wanderer, in dem Josy bald darauf zu seinem unbegrenzten Erstaunen den für todt gehaltenen Shark erkannte. Aber großer Gott, wie sah der aus – beinahe sechsunddreißig Stunden hatte er den Wald in wilder Angst durchstreift, und brach auch, als sich die Freunde um ihn sammelten, erschöpft und bewußtlos zusammen. Unter guter Pflege erholte er sich zwar in kurzer Zeit wieder, seine Aussage stimmte dann aber auch haarklein mit der des Doktors überein, und es blieb nun keinem Zweifel mehr unterworfen, daß ihre Stadt und sie selbst von Indianern bedroht gewesen, diese jedoch wahrscheinlich aus Furcht vor der Rache der Weißen einen ernstlichen Überfall unterlassen hätten.
Der Doktor wollte nun allerdings wissen, wie es käme, daß so viele Männer von Waterton an jenem Abend im Wald gewesen seien, darüber beobachteten aber die dabei Betheiligten ein wirklich musterhaftes Schweigen, und da auch Patrik O'Flaherti verschwunden blieb, so dauerte es eine geraume Zeit, ehe man es wagte, die Häuser und Familien wieder zu verlassen, um jenen Grabhügel zu besuchen, auf dem fast ein Jeder die Überreste eines vollständigen indianischen Lagers zu finden erwartete. —
Allerdings staunten sie, als sie hier keine Spur mehr von Indianern entdecken konnten, denn sie waren mit Wehr und Waffen ausgezogen, den Feind zu bekämpfen. – Der Platz lag noch so öde und still da, wie an jenem Abend, selbst Spaten und Hacke und die Kleidungsstücke der beiden Leichenräuber deckten, wie sie von ihren Eigenthümern hingeworfen worden, den Boden – nur der Hügel selbst zeigte eine Veränderung. Das Grab des Indianers war geöffnet – der Sarg erbrochen – die Leiche – fort. —
Wie die Wilden so spurlos verschwunden sein konnten und was aus dem von ihnen selbst begrabenen Indianer geworden, blieb Allen ein undurchdringliches Geheimniß – nur am Fluß fand Josy die tief eingetretene Spur eines Moccasins, und die an dieser Stelle weit hinausgewachsene Wurzel einer alten Sycomore machte es möglich, daß hier ein Canoe gelegen haben konnte. Das blieb freilich Alles nur Vermuthung, und da sämmtliche an jener Scene betheiligte Personen in ihrer Schilderung einen ganzen indianischen Stamm gesehen zu haben übereinstimmten, so zweifelte von dem Augenblick an Niemand mehr an der Wahrheit des Berichteten. Patrik O'Flaherti und Sip wurden für todt gehalten.
Patrik O'Flaherti und Sip waren aber keineswegs todt, sondern hatten nur nach verschiedenen Richtungen hin ihre Flucht genommen, und die Ansiedelungen, die sie zufällig erreichten, durch ihre entsetzlichen Erzählungen in Furcht und Schrecken versetzt. Sip kehrte erst nach vierzehn Tagen nach Waterton zurück, Patrik aber wanderte, so schnell ihn seine Gliedmaßen trugen, nach Vincennes und von da nach den östlichen Staaten zurück, da er erklärte »sein goldenes Haar nicht nach Illinois getragen zu haben, daß so ein verdammter rothfelliger Schurke Staat damit machen sollte.« Was aber Waterton anbetraf, so erwähnte er von der Zeit an nie den Namen der Stadt, ohne dabei zu bemerken, das wäre auch noch ein Ort, in dem er sein Glück könnte gemacht haben, wenn ihn nicht die Indianer bei Nacht und Nebel überfallen, alles Lebende scalpirt, und die Wohnungen niedergebrannt hätten, wobei er selbst nur noch durch ein Wunder dem Tode entgangen wäre. —
Den tief beschatteten Foxriver hinab steuerte indessen ein einsamer Krieger der Winnebagoes sein leichtes Canoe, während vorn, zwischen den Rippen, die dem schwachen Fahrzeuge Festigkeit gaben, in seine wollene Decke eingehüllt, der starre Körper des alten Indianers lag. Der junge Häuptling aber sang leise, indeß sein Ruder still und geräuschlos die leichte Barke über die spiegelglatte Fläche trieb, und den Takt schlug zu dem wehmüthig monotonen Lied:
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