Als ein gutes Beispiel für die Farbenanpassung an die Pflanzenwelt des Süßwassers wollen wir hier endlich noch den Flußbarsch (Pérca fluviátilis) herausgreifen, dessen Name mit dem Begriff »Borste« zusammenhängen soll, und ein recht borstiger Bursche ist ja dieser stachelbewehrte Räuber tatsächlich in jeder Hinsicht, der im Fischreiche biologisch etwa dieselbe Rolle spielt wie der Sperber in der Vogelwelt. Von Schutzfärbung ist freilich bei ihm zunächst wenig zu merken, denn der Oberkörper ist messingglänzend, und diese Farbe geht auf den Seiten mehr ins Grünliche, auf dem Bauche ins Weißliche über, während quer über den Leib 5-9 mehr oder minder dunkle Zebrabinden verlaufen. Wir müssen aber berücksichtigen, daß der Barsch in der Regel unter einer überhängenden Uferstelle im ruhigen Wasser zwischen Rohrhalmen auf Beute lauert, und hier kommt ihm die den Rohr- und Pflanzenstengeln gleichende Körperzeichnung doch sehr zustatten, zumal sie sich den Belichtungs-und Schattierungsverhältnissen ebenfalls in wundersamer Weise anzupassen vermag. Je klarer und durchsichtiger das Wasser, in desto lebhafterer Färbung pflegt der Barsch zu prahlen. Nun kommt aber noch hinzu, daß auch sein jeweiliger Gemütszustand die Färbung ganz erheblich zu beeinflussen pflegt, wie ja die Fische trotz ihres kalten Bluts überhaupt keineswegs die leidenschaftslosen und »kaltblütigen« Geschöpfe sind, als die sie bei oberflächlicher Betrachtung erscheinen. Ganz im Gegenteil feiern glühende Liebe, brennender Haß und ungestümer Wanderdrang, kurz, rücksichtslose Leidenschaften aller Art gerade im Fischreiche wahre Orgien, und das kommt auch in der jeweiligen Färbung oft deutlich genug zum Ausdruck. So beweisen die einwandfreien Photographien des schon erwähnten englischen Forschers Ward, daß namentlich der Barsch nicht nur ein durch die verschiedene Flossenstellung vermitteltes, sehr ausdrucksvolles Mienen- und Geberdenspiel hat, sondern daß er auch aus Angst und Furcht oder bei plötzlichem Schreck die Farbe zu verändern, insbesondere bis zur Leichenblässe zu erbleichen vermag. Eben noch liegt der Fisch in behaglicher Ruhe auf dem Grunde, den Körper gestützt auf Schwanz- und Beckenflossen, während die übrigen Flossen sich ihm anschmiegen und die Zebrastreifen fast gar nicht sichtbar sind. Da – eine leise Erschütterung des Glasbehälters, und der Barsch richtet sofort als Zeichen der Beunruhigung die zweite Rückenflosse steil auf. Eine zweite und dritte stärkere Erschütterung – und der nun vollends erschreckte Barsch erhebt sich vom Boden, richtet auch die übrigen Flossen auf, spreizt die Kiemendeckel und – erbleicht plötzlich vor Furcht, so daß die Zebrastreifen scharf und deutlich hervortreten. »Drei Minuten lang verharrte er in dieser Stellung und schwamm dann fort, andauernd seine großen Augen rollend, als ob er nach Gefahr ausschaute.« Gleichzeitig mit dem Erbleichen wird eine besondere Verteidigungsstellung eingenommen, und dabei werden namentlich die scharfen Stacheln der Rückenflossen gespreizt, denn sie sind die natürlichen Abwehrwaffen des Barsches. Doch stehen sie nicht wie beim Stichling in besonderen Sperrgelenken, und deshalb gewähren sie auch nicht einen so weitgehenden Schutz, obschon die größeren Raubfische in der Regel nur bei besonderem Hunger sich an den stacheligen Gesellen machen. Der Hecht z. B. packt den sich nach Kräften Sträubenden mit einer gewissen Vorsicht am Maul und läßt ihn sich nun erst so weit abmatten, bis die dräuend erhobenen Stacheln von selbst herabsinken und so das Opfer verschlungen werden kann. Seinerseits ist aber auch der Barsch ein gar grimmer Räuber, der blindgierig auf alles losschnappt, was er halbwegs bewältigen zu können glaubt, und dabei nicht selten üble Erfahrungen machen muß. In der Jugend zwar begnügt er sich mit Gewürm und Schnecken, im Alter aber wird er zum fast ausschließlichen Fischfresser. Lauernd lugt er dann aus seinem Versteck, und wie ein Sperber stößt er urplötzlich hervor unter das harmlos spielende Proletenvolk der Weißfischchen, die erschreckt auseinander stieben, wohl gar aus dem Wasser hervorschnellen, aber von dem Raubritter in schnellen, ruckweisen Schwimmstößen so lange verfolgt werden, bis einer erhascht ist, falls dies nicht schon auf den ersten Anhieb geschah. Auch der Fischbrut und den kleineren Krebsen tut der Barsch viel Schaden. So las ich erst unlängst, daß ein nur 16 cm langer Barsch nicht weniger als 3 noch frische, weichhäutige Krebse von 5 bis 7-1/2 cm Länge im Magen hatte, der dadurch ganz unförmlich aufgetrieben war. Selbst an kleineren Sängern und Vögeln vergreift sich dieser gierige Räuber, wenn sich ihm Gelegenheit dazu bietet. Da er blind nach allem Genießbaren schnappt, bildet er die Freude des angehenden Anglers, dessen Unerfahrenheit er oft mit einem unverhofften und wegen seines wohlschmeckenden Fleisches hochwillkommenen Erfolge krönt, der allerdings nicht selten mit einer schmerzhaften Verletzung der Hand durch die spitzigen Rückenstacheln bezahlt werden muß. Das gilt freilich nur von jungen und unerfahrenen Barschen, denn die alten sind recht scheu und mißtrauisch, und der Angler darf sich solchen gegenüber keineswegs unvorsichtig benehmen. Wer irgendwelche Barscharten längere Zeit hindurch im Aquarium gepflegt hat, wird mir beipflichten, wenn ich mich erkühne, diese Fische geradezu als nervöse Geschöpfe zu bezeichnen. An Heißblütigkeit und Ungestüm des Temperaments geben sie ihrem würdigen Vertreter in der Vogelwelt, dem Sperber, sicherlich nicht das geringste nach. Ja, ihre Erregung vermag sich wie beim Vogel derart zu steigern, daß sie in krampfhafte Zustände verfallen oder gar plötzlich tot zu Boden sinken. Auch mancher Exotenzüchter vermag von dieser noch wenig bekannten und erforschten Eigenschaft der als kaltblütig verschrieenen Fische ein Lied zu singen. So sind Fälle bekannt, wo Makropoden aus Erregung über die Zerstörung ihres Schaumnestes sofort verendeten; der Pfauenaugenbarsch wechselt aus Angst oder Schreck alle Farben, oder verfällt in Starrkrampf, der Diamantbarsch geberdet sich im Ärger genau so sinnlos wie ein Habicht oder Sperber und sucht sich mit weit abstehenden Kiemen in den Sand einzubohren. Unser Fluß-oder Rohrbarsch, der gewöhnlich 35-40 cm lang und 1 kg schwer wird (kürzlich wurde bei Zürich ein Exemplar von 2-1/4 kg Gewicht gefangen), bewohnt sowohl stehende wie fließende Gewässer, bevorzugt in diesen jedoch die langsam fließenden Stellen mit sandigem, mergeligem oder lehmigem Grunde und gibt immer einem möglichst klaren Wasser den Vorzug. Die Laichzeit fällt in die Frühlingsmonate, und zwar werden die mohnkorngroßen Eier in mehr als meterlangen, schlauchartigen Schnüren netzartig um allerlei feste Gegenstände im Wasser geschlungen. Das Weibchen kriecht bei der Laichabgabe förmlich wie eine Schnecke über die Unterlage und unterstützt durch scharfes Anpressen des Bauches, also durch eine Art Selbstmassage das Austreten der zwar kleinen, aber
Автор: | Floericke Kurt |
Издательство: | Public Domain |
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Жанр произведения: | Биология |
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und Bodenfischen und schließlich zu richtigen Faulpelzen. Erst nach Einbruch der Dunkelheit ziehen sie auf Nahrung aus, indem sie ganz nach Schweineart mit ihrer rüsselförmig verlängerten Schnauze den Boden nach allerlei Genießbarem durchwühlen. Da der nach Karpfenart gebaute, nur wesentlich schlankere Fisch dabei in der Aufnahme von Nahrung ebensowenig wählerisch und ebenso vielseitig ist, wie der grunzende Borstenträger, wird er in manchen Gegenden vom Volke gar nicht übel als »Sauchen« bezeichnet. Auch an Aas und selbst an menschliche Leichname geht die Barbe recht gern, und für Kot aller Art hat sie sogar eine ausgesprochene Vorliebe, mästet sich deshalb am besten da, wo Aborte und Kanäle ihren Inhalt in die Fluten entleeren, und wird aus ähnlichen Gründen auch in der Nähe von Badeanstalten nicht leicht vermißt. Indessen hat diese wenig appetitliche Ernährungsweise ebenso wenig wie der Grätenreichtum ihres sonst vorzüglichen Fleisches oder die Giftigkeit ihres Rogens zu verhindern vermocht, daß sie als Tafelfisch sich einer nicht geringen Wertschätzung erfreut. Der Angler weiß, daß sie am sichersten auf ein Stückchen Schweizerkäse anbeißt. Namentlich als »Bierfische« werden die Barben in manchen Gegenden sehr geschätzt, so daß man sie wegen ihrer verhältnismäßig geringen Vermehrungsfähigkeit sogar schon künstlich zu züchten versucht, dabei aber wegen der großen Klebrigkeit der Eier, die im Freien während der Frühlingsmonate an Steinen abgesetzt werden, keine sonderlich ermutigenden Erfolge erzielt hat. Zur Laichzeit sieht man die Barbenmännchen oft in langen Zügen wie im »Gänsemarsche« hinter den laichfähigen alten Weibchen einherziehen. Gerade die Barben erkranken sehr leicht an der Beulenpest, die durch einen einzelligen Schmarotzer aus der Klasse der Sporentierchen (Nyxobólus pfeífferi) verursacht wird und zu erbsen- bis nußgroßen Geschwülsten auf der Haut der befallenen Tiere führt. Die aus den eiternden Beulen austretenden Keime befallen auch Fische anderer Art, sind vielleicht auch für den badenden Menschen nicht ungefährlich und vermögen so ganze Gewässer zu verpesten. Die Barbenbestände selbst sterben dann fast völlig ab, wie es in den Jahren 1885 und 1886 in der Maas und Mosel der Fall war, wo man allein in Mézières täglich bis zu 2 Zentnern abgestandener Barben auffischen konnte. Ebenso sind krankhafte Farbenabweichungen gerade bei Barben keine besondere Seltenheit; selbst Stücke mit lebhaft goldgelben Schuppen, die stark an Goldfische erinnern, kommen gelegentlich vor.