Im zweiten Kriegsjahr 1813 wurde Mitteleuropa zum Kriegsschauplatz. Napoleon gelang es nach der Niederlage in Russland, rasch eine neue Armee aufzustellen. Zar Alexander konnte nach dem militärischen Erfolg des Jahres 1812 Bündnispartner gewinnen: Im Februar 1813 trat zunächst Preußen auf die russische Seite, im Verlauf der Sommermonate verstärkten Großbritannien, Schweden und Österreich die antinapoleonische Allianz. Die Kampfhandlungen, deren Brennpunkte vor allem in Sachsen und in Schlesien lagen, lassen sich in zwei Phasen einteilen. Im Frühjahrsfeldzug siegte Napoleons Heer bei Lützen/ Großgörschen (2. Mai) und Bautzen (20./21. Mai). Allerdings gelang dem französischen Kaiser wiederum kein Sieg, der den Krieg entschied. Nach einem über zweimonatigen Waffenstillstand vom 4. Juni bis zum 10. August zeigte sich, dass sich die relative Stärke der Kriegsparteien verändert hatte. Im Herbstfeldzug errang Napoleon zwar in der Schlacht um Dresden (26./27. August) einen Sieg, doch unterlagen in den folgenden Wochen mehrfach detachierte französische Verbände den alliierten Truppen. Die Entscheidung über die Kontrolle Mitteleuropas fiel schließlich in der Völkerschlacht bei Leipzig (16. – 19. Oktober), die Napoleon mit einer zahlenmäßig unterlegenen Armee verlor. Die französische Herrschaftsordnung in den deutschen Ländern brach im Anschluss an diese Schlacht rasch zusammen, die Reste der Grande Armée zogen sich nach Frankreich zurück.
In den Wochen um den Jahreswechsel 1813/1814 gab es mehrere diplomatische Initiativen zur Beendigung des Krieges, die jedoch zu keinen greifbaren Ergebnissen führten. Besonders Russland und Preußen, die auf einen Sturz Napoleons abzielten, waren an einem Friedensschluss vor einem endgültigen militärischen Triumph nicht interessiert. Napoleon gelang es nach der Niederlage bei Leipzig im Unterschied zum Vorjahr nicht mehr, eine schlagkräftige Armee aufzustellen. Zum Hauptkriegsschauplatz wurde in den ersten Monaten des Jahres 1814 der Norden und Osten Frankreichs. Die französischen Truppen leisteten unter der im Kriegsjahr 1814 zum Teil brillanten Führung Napoleons zwar einige Wochen erfolgreich Widerstand, konnten die Niederlage aber nicht abwenden. Nach der Schlacht bei Arcis-sur-Aube (20. März) war der Weg für die Alliierten nach Paris frei. Am 31. März zogen Zar Alexander von Russland, König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und der österreichische Oberbefehlshaber Karl Philipp Fürst zu Schwarzenberg an der Spitze ihrer Truppen in Paris ein. Napoleon dankte wenige Tage später ab.
2. Württemberg im Zeitalter Napoleons: Politik und Militär
Württemberg, seit 1495 Herzogtum im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation und traditionell Vormacht im Schwäbischen Reichskreis, zählte zu denjenigen deutschen Mittelstaaten, die durch die Umbrüche der napoleonischen Zeit außerordentlich profitierten.[79] Der von 1797 bis 1816 regierende Fürst Friedrich (1754 – 1816) – bis 1805 als Herzog Friedrich II., dann als König Friedrich I. – wechselte während seiner Regierungszeit zwei Mal das Bündnis. Er brachte sich durch diese, von den Umständen weitgehend erzwungene Politik auf die Seite der jeweils späteren Sieger. Friedrich, der selbst unter Katharina der Großen einige Jahre als russischer Offizier gedient hatte und den seit der Heirat seiner Schwester Sophie Dorothee (Maria Feodorowna) mit dem späteren Zaren Paul I. (1777) ein sehr enges Verwandtschaftsverhältnis mit dem Haus Romanow verband, stand nach seinem Regierungsantritt zunächst auf der Seite der antifranzösischen Allianz.[80] Nach der Niederlage der zweiten Koalition im Jahr 1800 geriet das Württemberg in eine äußerst kritische Situation. Nicht zuletzt russischer Unterstützung war es zu danken, dass nicht nur die Existenz des Herzogtums gesichert werden konnte, sondern der Staat Friedrichs sogar gestärkt aus dieser Lage hervorging. Durch die Mediatisierung bisher reichsunmittelbarer Reichsstände sowie die wenig später erfolgte Säkularisation geistlicher Staaten konnte Württemberg sein Territorium in den Jahren 1802/1803 um etwa 2.250 qkm vergrößern. Die neu erworbenen Gebiete bildeten zunächst das verfassungsrechtlich vom Herzogtum getrennte „Neuwürttemberg“. Der vergrößerte Staat wurde zudem 1803 zum Kurfürstentum des Heiligen Römischen Reiches erhoben. Die erste einschneidende Wende der Außenpolitik Friedrichs erfolgte im Oktober 1805. Zu Beginn des Dritten Koalitionskrieges wurde der württembergische Herzog und Kurfürst durch Napoleon zum Abschluss eines Bündnisses mit Frankreich gezwungen. Württembergische Truppen kämpften daraufhin in den Kriegen der Jahre 1805, 1806/1807, 1809, 1812 und 1813 auf französischer Seite. Der Bündniswechsel Friedrichs machte sich rasch bezahlt: Württemberg wurde wenige Wochen nach dem Sieg Napoleons in der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz (2. Dezember 1805) aufgrund der Bestimmungen des Friedens von Pressburg zum Königreich erhoben. Wenige Monate später trat der südwestdeutsche Mittelstaat dem unter französischem Protektorat stehenden Rheinbund bei, dessen Gründung unmittelbarer Anlass für die Niederlegung der Krone des Heiligen Römischen Reiches durch Kaiser Franz II. war. Württemberg profitierte wiederum durch Gebietszuwächse: Unter anderem wurden nun das Fürstentum Hohenlohe sowie eine größere Zahl oberschwäbischer Herrschaften mediatisiert. Im Anschluss an den Sieg Napoleons im Krieg gegen Österreich 1809 erfuhr Württemberg durch Grenzbereinigungen mit Bayern nochmals territoriale Erweiterungen, diesmal im Osten des Landes. Insgesamt hat sich das Territorium Württembergs zwischen 1802 und 1810 von 9.500 qkm auf etwa 19.500 qkm mehr als verdoppelt. Die Bevölkerungszahl stieg von etwa 620.000 auf etwa 1,3 Millionen. Anlass für die zweite Wende der württembergischen Politik Ende 1813 waren die französischen Niederlagen im Feldzug gegen Russland 1812 sowie in der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813. Württemberg trat durch eine Militärkonvention mit Bayern vom 23. Oktober und durch einen Vertrag mit Österreich vom 2. November auf die Seite der Gegner Frankreichs über. Durch seinen abermaligen Bündniswechsel, der durch die bestehenden verwandtschaftlichen Bindungen nach Russland erleichtert wurde, sicherte König Friedrich seinem Land langfristig die Fortexistenz. In den Verhandlungen des Wiener Kongresses 1814/15 blieben sowohl der territoriale Bestand Württembergs als auch der Status als Königreich unangetastet.
Die politische Konstitution Württembergs erfuhr in der Epoche Napoleons tief greifende Umwälzungen. Herzog Friedrich, von einem autokratischen Herrschaftsverständnis geprägt, nutzte am 30. Dezember 1805 die bevorstehende Erhebung seines Staates zum Königreich, um die altwürttembergische landständische Verfassung aufzuheben. Gleichzeitig wurde das bisherige Herzogtum mit den neuwürttembergischen Gebieten vereinigt. Das Königreich Württemberg wurde unter Friedrich im Sinne des „Aufgeklärten Absolutismus“ regiert, d. h. durch eine starke fürstliche Spitze und die ihr verpflichtete Bürokratie. Erst in der nach-napoleonischen Zeit, im Jahr 1819, erhielt Württemberg unter Friedrichs Sohn und Nachfolger, König Wilhelm I. (1781 – 1864, reg. 1816 – 1864), eine Verfassung und wurde damit in eine konstitutionelle Monarchie