»Was tun wir mit den übrigen Pferden?« fragte Sam.
»Bob bindet sie los und jagt sie hinaus in die Prairie; es ist zwar unklug, aber es widerstrebt mir, sie zu töten. Führe du den Zug fort; ich werde zurückbleiben, um den Scheiterhaufen anzubrennen.«
»Warum kann denn dies nicht gleich geschehen?« fragte mich Marshal.
»Das Feuer wird weit hinaus gesehen; die Stakemen werden, wenn sie uns nicht auf unserm Lagerplatze finden, natürlich schleunigst zurückkehren und können uns trotz der Dunkelheit dann möglichenfalls erreichen. Es ist also besser, ich lasse euch erst weit genug fort und komme dann auf einem Pferde schnell nachgeritten.«
»Well, du hast recht, Charley; fort also, Boys!« befahl Sam.
Er schritt voran, eines der Packpferde am Zügel führend; die andern Drei folgten, und Marshal beschloß mit Bob und dem hoch zu Roß gefesselten Hoblyn den kleinen Zug. Ich blieb mit meinem Pferde halten und wartete. Die sich entfernenden Schritte verklangen. So verging über eine Viertelstunde, und ich durfte nicht länger zögern, da die Stakemen sonst zurückkehren und mich überraschen konnten. Ich trat wieder hinein in das Versteck, um den Haufen anzuzünden.
Wir hatten mit Hilfe einer zerrissenen Decke eine Art von Lunte gemacht, welche mir Zeit gab, mich, ehe das Pulver in Brand geriet, gehörig weit zu entfernen; es war ja, da wir auch eine Menge Patronen mit hinzugelegt hatten, eine Explosion möglich. Ich zündete also an, nahm dann mein Pferd am Zügel und folgte dem Pfad hinaus nach der Prairie. Vor den letzten Büschen schwang ich mich in den Sattel. Da erhob sich im Hide-spot ein Prasseln und Knattern: das Feuer hatte die Decke ergriffen, in welche die Patronen eingewickelt worden waren. Ich gab meinem Pferde die Sporen und ritt, so schnell es die Dunkelheit gestattete, von dannen, um aus dem Bereiche des hellen Scheines zu kommen, den die hochlodernden Flammen des brennenden Versteckes warfen. Das Feuer verzehrte das ganze zusammengeraubte Gut der Stakemen.
Unter den Comanchen
Da, wo die Gebiete von Texas, Arizona und Neu-Mexiko zusammenstoßen, also an den Zuflüssen des Rio Grande del Norte, erheben sich die Berge der Sierren de los Organos, Rianca und Guadelupe und bilden ein Gebiet von wilden, wirr durcheinander laufenden Höhenzügen. Diese zeigen sich bald als riesige, nackte Bastionen, bald sind sie von dichtem, dunklem Urwalde bestanden und werden hier durch tiefe, fast senkrecht abfallende Cannons und dort durch sanft absteigende Talrinnen getrennt, welche seit ihrer Entstehung von der Außenwelt abgesondert zu sein scheinen. Und dennoch trägt der Wind Blütenstaub und Samen über die hohen Zinnen und Grate, daß sich eine Vegetation entwickeln kann; dennoch klimmt der schwarze und der graue Bär an den Felsen empor, um in die dort herrschende Einsamkeit hinabzusteigen; dennoch fand der wilde Bison hier einige Pässe, durch und über welche er auf seinen Herbst- und Frühjahrswanderungen in Herden zu Tausenden von Exemplaren zu drängen vermochte; dennoch tauchen hier bald weiße, bald kupferfarbige Gestalten auf, so wild wie die Gegend selbst, und wenn sie wieder abgezogen und verschwunden sind, weiß niemand, was geschehen ist, denn die schroffen Steinriesen sind stumm, der Urwald schweigt, und noch kein Mensch hat die Sprache der Tiere zu verstehen gelernt.
Hier herauf kommt der kühne Jäger, nur allein auf sich und seine Büchse angewiesen; hier herauf steigt der Flüchtling, welcher mit der Zivilisation zerfallen ist; hier herauf schleicht sich der Indsman, der aller Welt den Krieg erklärt, weil alle Welt ihn vernichten will. Da taucht bald die Pelzmütze eines kräftigen Trappers, bald der breitrandige Sombrero eines Mexikaners, bald der Haarschopf eines Wilden zwischen den Zweigen auf. Was wollen sie hier? Was treibt sie herauf in diese abgeschlossenen Höhen? Es gibt nur eine Antwort. die Feindschaft gegen Mensch und Tier, der Kampf. uni ein Dasein, welches dieses Kampfes nicht immer wert zu nennen ist.
Drunten auf der Ebene stoßen die Jagdgründe und Gebiete der Apachen mit denen der Comanchen zusammen; an diesen Grenzen geschehen Heldentaten, von denen keine Geschichte etwas meldet. Durch die Zusammenstöße dieser reckenhaften Völkerschaften wird mancher Einzelne oder mancher versprengte Trupp heraufgedrängt in die Berge und hat hier von Fuß zu Fuß mit dem Tode oder mit Gewalten zu kämpfen, die zu besiegen eine Unmöglichkeit zu sein scheint.
Der Rio Pecos entspringt auf der Sierra Jumanes, hält erst eine südöstliche Richtung ein und wendet sich dann, in die Sierra Rianca tretend, grad nach Süden. Nahe am Austritte aus derselben schlägt er nach Westen einen gewaltigen Bogen, den rechts und links Berge einfassen; diese weichen zu beiden Seiten seiner Ufer doch so weit zurück, daß hüben und drüben ein bald schmaler, bald breiterer Prairiestreifen Platz findet, der eine üppig grüne Grasvegetation zeigt, die sich in dem von den Höhen bis zum Fuße des Gebirges niedersteigenden Urwalde verliert.
Das ist ein höchst gefährliches Terrain. Die Berge sind langgestreckt, so daß es nur selten einen Spalt, eine Schlucht gibt, die zur Seite führt, und wer hier einem Feinde begegnet, vermag nicht auszuweichen, wenn er nicht sein Pferd im Stiche lassen will, ohne welches er vielleicht auch verloren ist.
Wir hatten dieses Flußtal erreicht, welches ich bereits früher, allerdings in zahlreicher und sicherer Gesellschaft, durchritten hatte. Jetzt waren wir nur zu Vieren und sahen unsere Kräfte noch dadurch geschwächt, daß wir einen Gefangenen zu überwachen hatten, der sich zwar außerordentlich gehorsam zeigte, aber doch sehr leicht den Verrat im Herzen tragen konnte.
Er ritt in der Mitte neben Bob; Sam war voran, und ich folgte mit Bernard Marshal, der während der Zeit unseres weiten Marsches sich als ein tüchtiger Reiter erwiesen hatte.
Es war am Vormittag, und die Sonne hatte eben die Spitze der jenseits des Flusses liegenden Berge erreicht. Obgleich es Mitte August war, berührten uns ihre Strahlen doch außerordentlich wohltuend, denn hier zwischen den dunklen Höhen verschwand sie bereits am Nachmittag; die Nächte waren ziemlich kalt und die Morgen so feucht und frisch, daß wir unsere Decken so lange wie möglich um die Schultern trugen.
Hoblyn war bisher am Tage stets frei in unserer Mitte geritten, nachts aber hatten wir ihn gebunden; er bürgte mit dem Leben für die Wahrheit seiner Mitteilungen.
»Haben wir noch weit bis zum Skettel- und Head-Pik?« fragte mich Marshal.
»Morgen vielleicht erreichten wir die Berge, wenn wir, nach der Beschreibung von Hoblyn, nicht vorher rechts abgehen müßten.«
»Wäre es nicht besser, erst nach den Bergen zu gehen, da wir Fred Morgan dort treffen werden?«
»Selbst in diesem Falle dürften wir nicht direkt auf sie zuhalten, da er uns dann bemerken würde; er ist sicher bereits da, denn wir haben heute den vierzehnten August. Aber ich denke, Patrik ritt nach dem Tale, und wo der Sohn ist, wird wohl auch der Vater zu treffen sein. Übrigens kann Patrik höchstens einige Stunden Vorsprung haben, da wir ihm stets hart auf der Ferse geblieben sind. Heute nacht hat er sechs Meilen von hier gelagert, und wenn er zu gleicher Zeit, das heißt mit Tagesanbruch, mit uns aufgebrochen ist, so ist er höchstens drei Stunden vor uns her.«
»Have care!« rief in diesem Augenblick Sam Hawerfield vorn. »Dort liegt am Waldesrande auf dem Boden ein Zweig, der noch grün ist; er kann also noch nicht sehr lange abgebrochen worden sein, und folglich ist jemand vor kurzem hier gewesen.«
Wir ritten näher und stiegen ab. Sam hob den Zweig empor, besah ihn und reichte ihn dann mir hin.
»Schau dir doch das Ding zum Beispiel einmal an, Charley.«
»Hm, ich wollte wetten, daß dieser Zweig vor kaum einer Stunde abgebrochen wurde!«
»Meine es auch. Siehst du hier die Stapfen?«
Ich bückte mich zur Erde.
»Zwei Männer. Laß sehen!«
Ich zog zwei Stäbchen aus der Tasche, die ich mir nach den Fußspuren geschnitten hatte, welche am ersten Lagerplatze Patriks und seines Gefährten von uns beobachtet worden waren.
»Sie