Die Regulatoren in Arkansas. Friedrich Gerstacker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich Gerstacker
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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riedrich Gerstäcker

      Die Regulatoren in Arkansas: Aus dem Waldleben Amerikas

      Vorwort

      Wenige Worte werden genügen, diese Erzählung aus den westlichen Wäldern Amerikas bei dem Leser einzuführen und ihn darauf vorzubereiten, was er überhaupt darin zu erwarten hat.

      Arkansas, von den Vereinigten Staaten seit 1836 in die Union aufgenommen, hatte sich in früheren Jahren den Ruf erworben, daß alles Gesindel aus dem Osten und Süden in seinen weglosen Wäldern und Sümpfen einen Zufluchtsort gegen den strafenden Arm der Gerechtigkeit gesucht und gefunden habe und dort auf eigene, freie Hand sein Wesen treibe.

      Solche Gerüchte waren nicht ohne Grund, Spruch und Gesetze aber machtlos in diesen Wäldern. Ehe der Sheriff einen Verbrecher fassen konnte, hatte sich dieser auf dem Rücken seines eigenen oder eines fremden Pferdes in ein anderes County geflüchtet und wurde nicht mehr gesehen. Aber auch wirklich ergriffen, blieb es eine fast noch schwierigere Aufgabe, den Gefangenen festzuhalten. Entweder brach er sich selbst Bahn aus dem Blockhaus, in das man ihn gesperrt, oder er sah sich von einer Bande seiner Freunde, die es vielleicht kaum für nötig hielten, ihre Gesichter zu färben und unkenntlich zu machen, in der ersten Nacht befreit und trieb nach wie vor sein Unwesen.

      Auf den Pferdediebstahl legten sich die Verbrecher besonders, da nach der westlichen Sitte die Tiere und Herden der Pioniere frei im Walde selbst ihr Futter suchten und also keiner so genauen, ja oft nicht der mindesten Aufsicht unterworfen waren. Als nun noch überdies im Jahre 1839 die Todesstrafe für Pferdediebstahl aufgehoben wurde, machten in verschiedenen Teilen des Staates manche ein wirkliches Geschäft daraus, und die Hinterwäldler sahen sich endlich zu ernsten Maßregeln gezwungen.

      Die Gesetze vermochten nicht, sie auf ihren einzelnen, oft viele Meilen voneinander entfernten Farmen zu schützen, die »Männer von Arkansas« traten daher zusammen und bildeten den Regulatorenbund, ergriffen, was ihnen verdächtig erschien, peitschten die Gefangenen, bis sie ihre Vergehen gestanden und ihre Mitschuldigen nannten, und hängten oder erschossen die Missetäter, sobald das Verbrechen nur erst einmal hinlänglich bewiesen werden konnte.

      Daß bei diesem willkürlichen Verfahren auch manches Unrecht geschah, läßt sich denken. Mehrere Male wurden sogar Unschuldige aus ihrer friedlichen Hütte geschleppt und gezüchtigt. Deren freies arkansisches Blut empörte sich dann natürlich gegen die unverdiente Mißhandlung, die sie nicht auf dem Wege der Gesetze, sondern durch eigene Kraft wieder zu rächen suchten und ihre Richter heimlich oder öffentlich niederschossen. Im allgemeinen erreichte aber doch dieses ernste Durchgreifen der Pioniere seinen Zweck, und als das Lynchgesetz, wie die Regulatoren ihr Gerichtsverfahren nannten, an verschiedenen Orten des Staates angewendet worden war, fingen die Pferdediebe an einzusehen, daß es in Amerika noch sicherere und wohnlichere Plätze für sie gab als gerade Arkansas, und die meisten flüchteten nach Texas.

      Meine Erzählung fällt nun in jene Zeit, wo das Unwesen seinen höchsten Grad erreicht hatte und Selbstschutz den Farmern und Jägern zur Notwendigkeit wurde. Der größte Teil der Ereignisse ist keineswegs erdichtet, sondern hat sich, wenn auch auf verschiedenen Plätzen und in ausgedehnterem Zeitraum, wirklich zugetragen, besonders ist der Methodistenprediger eine geschichtliche Figur. Ich selbst war Zeuge mehrerer Szenen und schrieb einst an Ort und Stelle die Namen von sechsundwanzig solcher Ehrenmänner nieder, die durch die Regulatoren mit Hilfe des schwarzen »Hickorys« einem der aufgegriffenen Verdächtigen entlockt wurden.

      So möge sich denn der freundliche Leser auf kurze Zeit mit mir zurückversetzen in die schönen Wälder jenes herrlichen Landstriches, und wenn er auch nicht gleich nach Durchsicht des Buches sattelt und aufsitzt und nach den fernen Regionen des Westens, wie die Hinterwäldler sagen, »Fährten macht«, so hoffe ich doch, daß er, neben einigen weniger angenehmen Bekanntschaften, auch recht gute und liebe Leute kennenlernen wird, die ihn mit den Schattenseiten der übrigen aussöhnen mögen.

      1. Der Leser macht die Bekanntschaft von vier würdigen Leuten und erfährt etwas Näheres über ihre Lebensverhältnisse

      Dem freundlichen Mai waren die wilden Frühlingsstürme gewichen. Blumen und Blüten drängten sich zwischen dem gelben Blätterlager hervor, das dicht den Boden bedeckte und nur hier und da von saftgrünen, lebensfrischen Grasflecken unterbrochen wurde. Aber Blüte an Blüte quoll auch aus den Zweigen der niederen Dogwoodbäume und Gewürzbüsche hervor. Blumen und Knospen hingen an den üppigen Lianengewinden, die sich von Baum zu Baum schlangen, nieder, verwandelten die Wildnis in einen Garten und erfüllten mit lieblichem Wohlgeruch den von riesigen Fichten-, Eichen- und Sassafrasbäumen überwölbten Waldesdom. Drängte sich die Sonne durch die dichtbelaubten Wipfel der gewaltigen Stämme, so ließ das Gewirr von Schlingpflanzen und Buschwerk kaum hier und da einen verstohlenen Strahl zur Erde nieder, und Dämmerung herrschte in diesem Teil der Niederung, während das Tagesgestirn schon hoch am Himmel glühte. Damit schienen übrigens die Gestalten, die sich hier am Fuß einer mächtigen Kiefer niedergelassen hatten, ganz einverstanden zu sein, denn der eine von ihnen reckte die Glieder und sprach, zu dem grünen Laubdach über sich emporschauend:

      »Ein herrlicher Platz für vertrauliche Zusammenkünfte – ein ganz vorzüglicher Platz. Der Rohrbruch, nach dem Fluß hin, hält gewiß jeden vernünftigen Christenmenschen ab, seinen Weg in dieser Richtung einzuschlagen, und die dornigen Schlingpflanzen hier oben sind ebenfalls nicht so einladend, daß sich einer ganz nutzlos hineinwagen sollte – und nutzlos wär’s, denn daß kein Wild mehr in der Nähe weilt, dafür, denk ich, hätten wir gesorgt,«

      Der Sprecher war, soweit es seine behaglich auf dem Laub ausgestreckte Gestalt erkennen ließ, ein Mann von über sechs Fuß, mit muskulösem Körperbau und freien, offenen Zügen, sein Blick hatte aber etwas unheimlich Wildes und irrte unstet von einem Ort zum andern. Sein ganzes Äußere verriet einen hohen Grad von Nachlässigkeit. Der alte, löchrige Filzhut war ihm vom Kopf gefallen, und das Haar stand struppig und ungekämmt empor: der borstige Bart schien eine Woche lang vernachlässigt zu sein, und ein sehr abgetragenes blauwollenes Jagdhemd, an dem einzelne einst gelb gewesene Fransen wild herabhingen, war mit alten wie neuen Blutflecken überdeckt. Diese wurden übrigens durch ein frisch abgestreiftes Hirschfell an seiner Seite erklärt. Überhaupt schien der Bursche den Wald zum Hauptaufenthalt zu haben. Die Büchse lag neben ihm am Boden; die Beine staken in vielfach ausgebesserten ledernen Leggins oder Gamaschen, und ein Paar Mokassins aus Rindshaut vollendeten den keineswegs kleidsamen Anzug.

      Sein Gefährte, der neben ihm, mit dem Rücken gegen den Baumstamm gelehnt, saß und mit einem langen Messer (in der Landessprache gewöhnlich »Arkansas-Zahnstocher« genannt) Holzspäne schnitzelte, unterschied sich etwas, und zwar zu seinem Vorteil, von dem rauhen Nachbarn. Seine Kleidung war sauberer, sein ledernes Jagdhemd, das, wenn auch alt und viel gebraucht, doch mit besonderem Fleiß gearbeitet schien, etwas besser gehalten als das des ersteren, und sein ganzes Aussehen bewies, daß er eine bessere Erziehung erhalten als der wilde Waldbewohner oder doch wenigstens erst kürzlich aus dem elterlichen Haus gekommen sei. Das letztere wurde noch durch seine Jugend so viel wahrscheinlicher, da er kaum mehr als siebzehn Jahre zählen konnte.

      Der dritte war den beiden Beschriebenen total unähnlich, und was jene an Wildheit und Lebensmut besaßen, schien dieser durch Sanftmut und Leutseligkeit wieder ausgleichen zu wollen. Seiner Kleidung nach gehörte er der Klasse wohlhabener Farmer an. Der blaue, vom besten wollenen Stoff gefertigte Frack – die gewöhnliche Tracht der amerikanischen Landleute —, die saubere gelbe Weste, die sorgfältig geschwärzten Schuhe, der neue breitrandige Hut, alles bewies, daß er etwas auf sein Äußeres halte und, wenn auch in manchen anderen Stücken, doch keineswegs in jener Mißachtung jeder anständigen, reinlichen Kleidung mit der Gesellschaft, in der er sich gerade befand und zu der er offenbar zu gehören schien, harmoniere. Er lehnte, ein Bein übers andere geschlagen, an einer kleinen Eiche und sah sinnend zu dem Sprecher hinüber, der seinen Kopf wieder faul auf das die Wurzeln des Baumes bedeckende Moos zurücksinken ließ.

      »Oder sorgt vielmehr jetzt noch dafür, Cotton«, beantwortete er dann mit etwas näselnder Stimme die Äußerung des Jägers, »wenn es auch nicht in Ordnung ist, daß Ihr selbst am heiligen Sabbat ohne dringende Not umhergeht und die friedlichen Tiere des Waldes erlegt.«

      »O geht zum Teufel mit Eurer Predigt, Rowson!« fuhr der Jäger halb ärgerlich, halb lachend auf, während der junge Bursche einen spöttischen Blick auf die ernsthafte Gestalt des Mahners warf. »Spart