Etwas weiter hinten lagen die Krokodile. Da waren sie in allen Größen von 10“bis 18‘ und darüber, Tausende über Tausende geschichtet und seit Jahrtausenden so liegend. Da gab es Brocken, Stücke, viertel, halbe und ganze Exemplare. Da gab es welche, die noch mit Dattelästen umgeben waren.
Wir suchten uns aus ihnen einige schöne Stücke aus und begannen unseren Rückzug, denn unsere Lichter waren dem Verlöschen nahe. Nur langsam ging es vorwärts, alle waren beladen. Mit lautem Hurra begrüßten wir das Tageslicht, die freundliche Sonne und unsere außen wartenden Diener.
Dann kochten wir unseren Kaffee mit Mumiengebein und betrachteten unsere Köpfe. Es waren ihrer sieben, und alle hatten rotes Haar am Schnurrund Backenbärte. Sie waren alle sehr gut erhalten.
Ermüdet von den Beschwerden des Tages kamen wir nach ½ stündigem Marsch auf unserer Barke an. Der Abend brach herein, die untergehende Sonne bestrahlte die Berggipfel, von denen wir herabgestiegen waren, und als der Ruderschlag und Gesang unserer Matrosen schon lange verstummt war, hing ich noch in wachen Träumen den Erlebnissen des Tages nach. Die Nacht war eine der herrlichen Ägyptens, kein Laut war hörbar, unsere Barke glitt langsam den Strom hinan, und meine Gedanken schweiften weit über Land und Meer nach dem teuren Vaterlande, zu den fernen Lieben hin.«
Nachdem sich Brehm ein Jahr in Ägypten aufgehalten hatte, folgte ihm sein älterer Bruder Oskar. Für Alfred Brehm begann eine herrliche Zeit gemeinsamer Forschung. Doch ein halbes Jahr später, am B. Mai 1850, ertrank der Nichtschwimmer Oskar beim Baden im Nil. Erst 16 Tage später war Alfred Brehm fähig, dieses Geschehnis in seinem Tagebuch zu schildern. Doch weder der Tod des Bruders noch die schweren Zerwürfnisse, die Brehm mit seinem Brotherrn und Begleiter Baron von Müller hatte, bewegten ihn zur Rückkehr in die Heimat. Insgesamt fünf Jahre lang bereiste er die nördlichen Nilländer.
Als er 1852 zurückkehrte, veröffentlichte er die Ergebnisse seiner Reise in einem dreibändigen Werk, das den Titel »Reiseskizzen aus Nordafrika« trägt.
In den Folgejahren holte er sein Studium nach und schloß es mit der Promotion ab. Er heiratete und nahm eine Lehrtätigkeit an einer höheren Schule auf. Doch zum seßhaften Leben war er nicht geboren. Reisen nach Spanien, Norwegen und Schweden folgten. 1861 erschien sein Werk »Das Leben der Vögel«. Es brachte dem inzwischen 32jährigen 1862 die Aufforderung des Herzogs Ernst von Sachsen Coburg-Gotha ein, ihn auf einer Reise nach Abessinien zu begleiten.
1863 veröffentlichte er das Buch »Ergebnisse einer Reise nach Habesch«. Im Vorwort zu diesem Buch schreibt er:
»Es gereicht mir zur Beruhigung, daß ich hinsichtlich der Geringfügigkeit, Dürftigkeit und Unvollständigkeit meiner ›Ergebnisse‹ im Voraus der Nachsicht meiner Leser, einschließlich der Fachgenossen, sicher sein darf. Zwei böse Feinde haben mich während der Reise gehindert und gequält: Der Mangel an Zeit und das Fieber! Ich bin nicht lässig gewesen. Von Bord des Schiffes und vom Rücken des Maulthiers aus habe ich rastlos nach Rechts und Links gespäht und mit dem Merkbuche in der Hand die reichhaltigen Gegenden durcheilt, welche zu durchforschen mir nicht vergönnt war. Hätten mich meine Reisegefährten und zwar seine Hoheit selbst und mein eifriger und liebenswürdiger Freund Leibarzt Dr. Hassenstein nicht wesentlich unterstützt: es würde mir nicht möglich gewesen sein, auch dies Wenige zu bieten.«
Nach seiner Rückkehr wurde Brehm zum Direktor des Zoologischen Gartens nach Hamburg berufen. Doch er konnte sich an das Beamtenleben nicht gewöhnen; es gab Schwierigkeiten persönlicher Art, und Brehm wechselte seine Stellung. Er wirkte an der Errichtung des Berliner Aquariums mit, das 1869 eröffnet wurde. Aber auch Berlin wurde ihm zur Qual. Krank und zerschlagen von unendlichen Reibereien kehrte er mit seiner Familie in seinen Heimatort Renthendorf zurück.
Nun wirkte er für den Rest seines Lebens als freier Schriftsteller und Forscher. Sein berühmtestes Werk, das »Illustrirte Thierleben«, war 1864 erschienen. Die Nachfrage war so groß, daß schon bald eine zweite, auf zehn Bände erweiterte Auflage herauskam. Brehm bereiste viele Länder Europas, hielt Vorträge in den größeren Städten.
Nach dem Tod seiner Frau nahm er eine Vortragsreise nach Nordamerika an, um seinen fünf Kindern eine finanziell gesicherte Zukunft zu bieten. Nur ungern trat er die Reise an, da die Kinder an Diphtherie erkrankt waren. In Amerika erreichte ihn dann die nächste Hiobsbotschaft: Sein jüngster Sohn war gestorben.
Als er 1884 nach Europa zurückkehrte, war er ein gebrochener Mann, gebeugt und grauhaarig. Seine Kräfte ließen immer mehr nach, und am 11. November starb er an einem Nierenleiden. Alfred Edmund Brehm war nur 56 Jahre alt geworden, doch durch sein »Thierleben«, das heute respektvoll als »Der alte Brehm« bezeichnet wird, hat er sich unsterblich gemacht.
Kloakentiere (Gabelthiere)
Ameisenigel
Der Ameisenigel (Echidna hystrix) [Heute: Tachyglossus aculeatus], kennzeichnet sich durch seinen plumpen, größtentheils mit Stacheln oder Borsten bedeckten Leib, den walzenförmigen, nur am untern Ende gespaltenen Schnabel, den kurten Schwanz, die freien, unvollkommen beweglichen Zehen und die langgestreckte, dünne, wurmartige Zunge, welche, wie bei den Ameisenfressern, weit aus dem Munde hervorgestoßen werden kann. In seiner äußern Erscheinung weicht er viel mehr von dem Schnabelthiere ab als im innern Leibesbaue. Von Zähnen findet sich keine Spur; im Gaumen aber stehen sieben Querreihen kleiner, derber, spitziger, rückwärts gerichteter, hornartiger Stacheln, welche den Warzen der Zunge entsprechend gelegen sind und die Stelle der Zähne vertreten. Die Milchdrüsen haben ungefähr sechshundert Ausführungsgänge.
Wenn man einen Ameisenigel ergreift, rollt er sich augenblicklich in eine Kugel zusammen, und es ist dann sehr schwer, ihn festzuhalten, weil die scharfen Stacheln bei der heftigen Bewegung des Zusammenkugelns gewöhnlich empfindlich verwunden. Ein zusammengerollter Ameisenigel läßt sich nicht leicht fortschaffen, am besten noch, wenn man ihn an den Hinterbeinen packt und sich um alle Anstrengungen und Bewegungen nicht weiter kümmert. Hat er einmal eine Grube von wenigen Centimetern fertig gebracht, so hält es außerordentlich schwer, ihn fortzuziehen. Nach Art der Gürtelthiere spreizt er sich aus und drückt seine Stacheln so fest gegen die Wände, daß er an ihnen förmlich zu kleben scheint. Die starken Klauen seiner Füße werden hierbei selbstverständlich auch mit angewendet, um sich soviel als möglich zu befestigen.
Ueber die Fortpflanzung des Thieres ist noch höchst wenig bekannt. Das Weibchen soll im December mehrere Junge werfen und sie längere Zeit säugen, wie man annehmen muß, in ganz absonderlicher Weise. wir werden bei Schilderung des Schnabelthieres sehen, wie.
Schnabelthier
Das Schnabelthier (Ornithorhynchus paradoxus) [Heute: Ornithorhynchus anatinus], ist der einzige bekannte Vertreter der zweiten Familie unserer Ordnung. Wir verdanken dem englischen Naturforscher Bennett die beste Schilderung dieses in der That »auffallenden« Geschöpfes, welches noch lange nach seiner Entdeckung Forscher und Laien in Erstaunen setzte. Gestalt und Lebensweise erschienen so seltsam, daß Bennett einzig und allein zu dem Zwecke nach Neuholland reiste, um dieses Thier kennen zu lernen. Bis dahin waren bloß unbestimmte Nachrichten zu uns gekommen. Man erfuhr eben nur, daß das Schnabelthier im Wasser lebe und von den Eingebornen eifrig gejagt werde, weil es einen schmackhaften Braten liefere.
Nun entstanden allerlei Fabeln, welche zum Theile den Berichten der Eingeborenen ihre Entstehung verdankten. Man sagte, daß das Schnabelthier Eier lege und diese nach Entenart ausbrüte, wußte aber im übrigen so gut als nichts mitzutheilen: und so hatte jener englische Naturforscher Ursache genug, durch eigene Anschauung die Sache aufzuklären. Er reiste also zuerst im Jahre 1832 und dann noch einmal 1858 nach Australien, und theilte seine Erfahrungen zuerst in einer gelehrten englischen