Verwehte Spuren. Franz Treller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Franz Treller
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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und über das, was er bringt, und das, was er braucht, redlich Buch führe. Der Kerl hat augenblicklich über hundert Dollar bei mir gut. Auch stört der Bursche niemand, selbst im Rausche ist er still und schweigsam. Hat auch eine gewisse Liebe zu den Kindern, bringt ihnen sogar manchmal kleine Geschenke mit, und für meine Frau läuft er viele Meilen weit in jedem Wetter, wenn die einmal etwas braucht. Ist noch vorigen Winter, als der Schnee fußhoch lag und niemand zum Hause hinaus konnte, auf seinen Schneeschuhen bis Brook gelaufen, um dort Brusttee zu holen, nach welchem meine Frau jammerte, weil die Kinder so arg den Husten hatten. War fast zwei Tage unterwegs.«

      »Ist ein gutes Zeichen, Grover,«

      »Ja, ist es — aber — du kennst genug von den Roten, um zu wissen, daß dem besten von ihnen nie ganz zu trauen ist, ist eine launische, unzuverlässige Rasse.«

      »Ueberlegt‘s. Wenn er will, ist der Indianer der rechte Mann für die Fahrt, besser als der beste Grenzer, dem der rote Mann doch immer mißtrauisch gegenübersteht.«

      »Wollen mit ihm reden.«

      Unterdes war es Mittag geworden und den jungen Grafen verzehrte Unruhe, doch der gastfreie Baring ließ sie nicht scheiden, ohne daß noch einmal der Tisch gedeckt ward. Nach beendetem Mahle aber wurden nach des Grafen Wunsch die Pferde zum Heimritt vorgeführt. Mit echter Herzlichkeit verabschiedete sich der Farmer von ihm. »Habt einen Platz in meinem Herzen, junger Mann, Eurer Schwester wegen. Wollt Ihr mir einen Wunsch erfüllen, schickt Botschaft an Tom Myers nach Lansing, wenn Ihr etwas erfahrt, der sendet sie mir zu. Den Brief an diesen will ich gleich aufsetzen. Ist eine mühsame Arbeit für mich. Mann, aber bringe es fertig, kostet freilich Zeit. Sende Euch den Brief noch hinüber. Könnte jetzt nicht schreiben — muß allein sein und ruhig. Hat mich sehr bewegt, den Bruder von Lady Walther zu sehen und so an ihr liebes Bild erinnert zu werden. Gott segne Euch, Mann, und Euer Vorhaben.«

      Damit schieden sie von Joe Barings gastlicher Behausung und trabten rasch nach Grovers Landing, wie der Platz genannt wurde, zu.

      Der junge Graf hatte Heinrich kurz berichtet, was ihm hier mitgeteilt war, und der ehrliche Jäger, der die junge Gräfin von Jugend auf kannte, war tief bewegt worden, als er von ihrem so grausamen Geschick vernahm.

      Rasch und schweigend trabten sie durch den Wald und die Sonne hatte nur wenig den Zenith überschritten, als sie vor Grovers Heim anlangten.

      »Waren nicht gute Nachrichten, die Ihr dort hörtet, Fremder,« sagte Groner, als sie die letzte Meile im Schritt zurücklegten, »aber kalkuliere, war Joe Baring der rechte Mann, Euch Kunde zu geben.«

      »Ich danke Euch von Herzen, Mister Grover. Ich bin auf das tiefste gerührt von der Liebe, mit welcher man meiner armen Schwester gedenkt. Endlich habe ich doch einmal hier von ihr reden hören — so furchtbar auch die Nachrichten klangen. Ich muß erfahren, wie sie geendigt hat, und wenn ich jahrelang die Wälder durchstreifen sollte.«

      »Entsinne mich sehr gut, daß vor drei Jahren eine weiße Frau von den Ottawas geraubt wurde, war mir nur der Name entfallen, wenn er mir damals überhaupt zu Ohren kam.«

      Als sie zum Hause einbogen, erblickten sie den Indianer vor dessen Tür sitzen und ruhig seine selbstgefertigte Pfeife rauchen. Des Mannes dunkle Augen richteten sich auf die beiden Deutschen und verweilten besonders lange auf dem Grafen.

      »Nun, John,« redete ihn Grover freundlich an, John war der Name, den man ihm in der Familie gab, da die indianische Benennung dieser nicht zusagte, »rauchst du die Friedenspfeife?«

      Der Indianer antwortete nicht.

      Edgar betrachtete ihn jetzt im Tageslichte. Es war ein echter Sohn der roten Rasse, der da vor ihm saß.

      Ein schlanker und doch kräftiger Mann, aus dessen, von langem, straffem, tiefschwarzem Haar eingerahmtem braunen Gesicht zwei funkelnde Augen blitzten. Aermlich und schmutzig war die Kleidung des Indianers. Ein altes, vom Wetter arg mitgenommenes Jagdhemd aus Baumwollenstoff deckte seine Gestalt bis zu den Knieen. Die Beine steckten in hirschledernen Gamaschen und seine Fußbekleidung war aus gleichem Stoff gefertigt. Das Gesicht trug den ernsten, fast melancholischen Ausdruck, der den Leuten roter Farbe so eigentümlich ist. Ein anmutiges Bild bot der rote Mann nicht.

      »John hat keine Lust zu reden,« fuhr Grover unbeirrt fort, denn er kannte die Art der roten Leute, »will er ein Glas Rum trinken.«

      »Er will nicht trinken,« entgegnete der Indianer ruhig.

      Darüber erstaunte Grover und sah den Indianer fragend an.

      »Willst du zur Jagd gehen?«

      »Vielleicht. Die weißen Leute sollten nach ihren Pferden sehen.«

      »Wie?« fuhr Grover empor, »weißt du etwas, John?«

      Der Indianer deutete ruhig auf den Boden und sagte: »Gestern waren die drei größten Pferdediebe Michigans hier.«

      »Bei Jove!« fuhr Grover empor, »du hast recht, hast du sie erkannt?«

      »Gestern war mein Auge trübe, aber heute ist es klar, ich sah ihre Spuren auf dem Boden. Wirst bald von ihnen hören.«

      »Es ist gut, daß das Land bereits ziemlich von der Anwesenheit der Schurken unterrichtet ist.«

      »Werden bald hören,« wiederholte der Indianer, »Tyron war darunter und die rote Hand.«

      »Die Schärfe der Sinne dieser Leute ist wunderbar, Sir,« sagte Grover zu dem Grafen, »sie lesen da, wo unser Auge nichts erblickt, die Zeichen des Bodens wie in einem offenen Buche. Du kennst die Schurken also, John?«

      »Ich kenne sie, sah oftmals ihre Spur in den Wäldern.«

      »Ist der, welchen du die ›rote Hand‹ nennst, ein großer, breitschultriger Mann mit rauher Stimme?«

      In dem Auge des Indianers blitzte etwas Unheimliches auf, als er sagte: »Das ist die ›rote Hand‹.«

      »Weißt du, wie ihn die Weißen nennen?«

      »Sie nennen ihn bald Brooker, bald Morris.«

      »Der? der war‘s, den man in ganz Michigan schon seit drei Jahren sucht, der Mörder vom Kalamazoo, der war‘s? Dann, barmherziger Gott, schütze einsam liegende Farmen. Der Kerl,« wandte er sich an den Grafen, »hat vor drei Jahren in einem einsamen Farmhause, während die Männer auswärts waren, Weib und Kinder erschlagen, um unerkannt zu rauben, dennoch wurde seine Person mit Sicherheit festgestellt. Seitdem hat ihm ganz Michigan Rache geschworen, aber obgleich hie und da gesehen, ist er bis jetzt allen Verfolgungen entgangen. Den gebe Gott jetzt in die Hand des Richters. Mich schaudert, wenn ich daran denke, daß der Mörder hier erschienen sein könnte, während ich fern weilte. Hoffentlich sind unsre Boys schon auf der Fährte der Gesellen.«

      Der Indianer schüttelte langsam seine Pfeife aus, steckte sie in den Gürtel und erhob sich. Erst jetzt vermochte man die schlanke und doch muskulöse Gestalt des Mannes, der zwischen dreißig und vierzig Jahren zählen mochte, ganz zu würdigen. Er sagte: »Komm!« und schritt auf eines der Fenster zu, die andern folgten ihm. Hier wies der Indianer mit dem Finger auf die Erde. Grover beugte sich nieder und untersuchte den Boden mit Kennerblick, richtete aber dann sein Auge wieder fragend auf John. »Iltis,« sagte der lakonisch.

      »Iltis? der kleine Fred?«

      »So nennst du ihn!«

      »Segne meine Seele, war dieser Hauptgauner, dieser Pferdedieb und Hehler am Wege?«

      »Stand gestern abend hier am Fenster.«

      »Was wollte er denn?«

      »Zählte die Männer, die bei uns waren.«

      »Hatte er es auf meine Pferde abgesehen?«

      »Deine nicht. Denke, Jones hat zwanzig im Pferde im Walde.«

      »Nun, dann ist es ein Glück, daß der gestern abend den Tyron erkannt hat, er wird Fürsorge treffen, daß ihm kein Pferdeschwanz abhanden kommt. In dieser Nacht werden sie doch schwerlich bereits ihre Räuberhände ausgestreckt haben.«

      »Iltis sehr klug. Wußte,