Auf zwei Planeten. Kurd Laßwitz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kurd Laßwitz
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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aber muß das Geschoß nach der entgegengesetzten Seite mit einer solchen Geschwindigkeit fliegen, daß das Produkt aus dieser und der Masse des Geschosses gleich ist dem Produkt aus Masse und Geschwindigkeit des Schiffs (in bezug auf den Schwerpunkt), das gibt in unserm Fall die Zahl von tausend Millionen. Es fragt sich nun, welche Masse Ihre Geschosse besitzen –«

      »Hundert Kilogramm«, sagte Jo.

      »Dann würde ja«, sagte Grunthe kopfschüttelnd, »das Geschoß eine Geschwindigkeit von zehn Millionen Meter, das sind zehntausend Kilometer in der Sekunde bekommen – das ist mir undenkbar!«

      »Und dennoch ist es so«, versicherte Jo. »Ja, es ist dies noch gar nicht die Grenze des Erreichbaren. Wir haben berechnet, daß sich die Geschwindigkeit bis über die Lichtgeschwindigkeit hinaus muß steigern lassen –«

      »Sie wollen mich zum besten halten –«

      »Nicht im geringsten.«

      »Durch die Entwicklung von Explosionsgasen?«

      »Wer behauptet das? Das ist natürlich nicht möglich. Aber durch die Explosion des Weltäthers selbst.«

      Grunthe schüttelte nur den Kopf.

      »Ich las in Ihren Büchern«, fuhr Jo fort, »daß Sie Ihre Geschosse durch die Entwicklung der Pulvergase mit Geschwindigkeiten schleudern, welche größer sind als die Geschwindigkeit, mit der sich der Schall in der Luft fortpflanzt. Nun – der Vergleich trifft zwar nicht vollständig zu, aber in der Hauptsache – warum sollen wir nicht durch Entwicklung großer Äthervolumina Geschwindigkeiten erzeugen, die größer sind als diejenige, mit welcher sich das Licht im Äther fortpflanzt? Es kommt nur darauf an, Apparate zu haben, die das leisten.«

      »Und diese haben Sie?«

      »Allerdings. Wir können Ätherspannungen erzeugen, die wir plötzlich entlasten. Der kondensierte Äther heißt ›Repulsit‹. Unsere Geschütze und Geschosse bestehen aus – ja, wie soll ich Ihnen das übersetzen? Übrigens kommt die Sache im Grunde darauf hinaus, große Elektrizitätsmengen unter kolossalen Spannungen zu halten – und die Entdeckung hängt wieder mit derjenigen der Diabarie zusammen.«

      »Das ist uns freilich jetzt nicht möglich, so schnell zu fassen«, sagte Grunthe. »Und Sie wollen die Geschwindigkeiten noch steigern?«

      »Wir hoffen bis auf fünf mal hunderttausend Kilometer zu kommen. Wir überholen dann das Licht. Und wer auf einem solchen Geschoß in den Weltraum reiste, der würde zurückblickend die Zeiten der Vergangenheit auftauchen sehen, denn er käme zu jenen Lichtwellen, die vor seiner Abreise den Planeten verlassen haben.«

      »Ich danke Ihnen«, sagte Grunthe verstummend.

      »Übrigens«, setzte Jo noch hinzu, »ist es für die Richtschüsse natürlich kein Vorteil, so große Geschwindigkeiten zu wählen, denn der Energieverbrauch wächst ja mit der Geschwindigkeit im Quadrat. Wir würden viel besser fortkommen, wenn wir kleinere Geschwindigkeiten anwendeten, aber dann würden die Massen der Geschosse so groß werden müssen, daß wir sie nicht mitnehmen können. Tausend Richtgeschosse zu je hundert Kilo Masse machen ohnehin schon zehn Prozent unsrer gesamten Schiffsmasse aus.«

      Es traten jetzt neue Gäste ein, um sich ebenfalls die Menschen noch einmal anzusehen, ehe sie nach dem Mars abreisten. Denn sie wollten doch bei der Heimkehr auch etwas von den Eingeborenen der Erde zu erzählen haben. Ein Teil der Anwesenden erhob sich und verabschiedete sich. Auch Jo stand auf.

      »Nun«, sagte er, »schade, daß Sie nicht mit mir kommen wollen, doch wir sehen uns morgen vor der Abreise.«

      »Und auf dem Nu treffen wir uns alle bald wieder«, fügte La hinzu. »Wer weiß«, sprach sie neckend zu Jo, »ob wir Sie im ›Meteor‹ nicht noch überholen und eher zu Hause sind als Sie. Oß wird wahrscheinlich den ›Meteor‹ führen.«

      »Da kennen Sie den alten Jo schlecht«, erwiderte Jo lachend. »Man fährt nicht fünfundzwanzig Jahre zwischen Mars und Erde, um sich von solch jungem Springinsfeld überholen zu lassen.«

      »Sie sind eben ein zu guter Lehrer für Oß gewesen, da ist’s kein Wunder, daß er jetzt auch seine Sache versteht.«

      »Das tut er, gewiß, das tut er«, sagte Jo, indem er La freundschaftlich das Haar streichelte. »Aber was will das jetzt sagen – das heißt, Oß ist ein tüchtiger Techniker, brillanter Abariker, weiß es – doch um die Überfahrt zu machen, dazu gehört heute nicht mehr viel, das kann man lernen. Ja, liebe La, vor – nun, Sie lebten wohl noch nicht, als ich meine erste Fahrt als Lehrling machte, da war’s etwas anderes; da gab’s noch keine Außenstation auf der Erde, von der aus man den Mars jederzeit sehen und nach ihm telegraphieren konnte. Und wenn so ein Schiff zehn oder zwanzig Richtschüsse zum Anlegen mithatte, da galt es schon als besonders fein ausgerüstet. Da haben wir Dinge erlebt, wovon Ihr junges Volk keine Ahnung habt.«

      »Erzählen Sie«, bat La, »bleiben Sie noch, Jo, Sie müssen uns etwas erzählen. Sie haben es eigentlich längst versprochen. Setzen Sie sich, die Bate müssen es auch hören.«

      13 - Das Abenteuer am Südpol

      Grunthe und Saltner hatten sich inzwischen mit den übrigen Martiern unterhalten. Diesmal waren sie recht gründlich nach allerlei Einrichtungen der Menschen ausgefragt worden. Grunthe beschrieb ihnen auf der Karte die Wohnplätze der verschiedenen Rassen und die Abgrenzungen der bedeutendsten Staaten. Sie waren sehr erstaunt zu hören, daß es große Gebiete der Erde gäbe, die man noch gar nicht oder sehr wenig kenne, und daß ihre Einwohner keinerlei Einfluß auf die Geschicke der ganzen Menschheit ausübten. Bei den Martiern bestehe zwar auch ein sehr großer Unterschied zwischen der Bildung der einzelnen Bewohner und Volksstämme, aber gänzlich unzivilisierte Landschaften gäbe es überhaupt nicht. Grunthe fragte nach der Anzahl der Marsbewohner und erfuhr zu seiner Überraschung, daß sie nicht weniger als dreitausendeinhundert Millionen betrüge, also das doppelte der Zahl der Menschen, auf einer viermal so kleinen Oberfläche zusammengedrängt wie die der Erde.

      »Da können wir Ihnen einen Teil von uns überlassen«, sagte einer der Martier scherzend.

      »Es würde Ihnen auf der Erde zu schwer werden«, erwiderte Saltner, dem der Gedanke eines Einfalls der Martier auf die Erde recht bedenklich erschien. »Lieber kommen wir ein wenig zu Ihnen.«

      »Aber erst lernen Sie ordentlich balancieren«, ertönte eine Stimme aus der Luft. »Ich werde gleich einmal nachsehen.«

      Es war Ses Stimme. Sie hatte die Klappe des Fernsprechers geöffnet und gerade Saltners Worte verstanden.

      Gleich darauf erschien sie an der Tür. Um seine Geschicklichkeit zu erweisen, überschritt Saltner den ›Strich‹ und ging ihr vorsichtig entgegen. Sie lachte herzlich und rief, ihm die Hand entgegenstreckend: »Es geht schon ganz gut, Sie haben Fortschritte gemacht.«

      Saltner ergriff die Hand und bückte sich, um sie an seine Lippen zu führen. Diese Verbeugung ging auch ganz gut vonstatten, aber als er sich aufrichten wollte, geschah es zu plötzlich, und er lief Gefahr, nach hinten zu stürzen. Da er sich über sich selbst lustig machte, so zeigten auch die Martier ihre Heiterkeit über seine vorsichtigen Bewegungen und baten ihn dann, ihnen doch einige seiner Kraftproben zu zeigen, von denen sie gehört hatten.

      Eben hatte er zwei der Martier mit Leichtigkeit in die Luft gehoben, als sich La nach ihm umdrehte.

      »Was wollen Sie über dem ›Strich‹?« sagte sie scherzhaft drohend.

      Saltner sprang schleunigst einen Schritt zurück, hatte aber die beiden Herren vom Mars noch nicht niedergesetzt, und in dem Augenblick, als er den ›Strich‹ passierte, wurden sie ihm zu schwer, so daß sie ziemlich unsanft zur Erde kamen.

      Während er sich entschuldigte, rief La: »Alle an den Tisch! Jo erzählt von seiner ersten Erdfahrt, bitte, bitte!«

      Dem allgemeinen Drängen konnte Jo nicht widerstehen. Auch auf dem Mars spinnt ein alter Seemann gern ein Garn. Er setzte sich oben an den Tisch. Se und La saßen dicht am ›Strich‹ neben den beiden Deutschen.

      Jo