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Berechnet ein Partnerunternehmen seine eigenen aus dem Finanzierungsbeitrag entstandenen Zinsaufwendungen an die gemeinschaftlich betriebene Einheit weiter, so dass dem Partnerunternehmen Zinserträge aus dieser Weiterbelastung erwachsen, dann sollten die gegenüber dem Kreditinstitut zu leistenden Zinsaufwendungen mit den in gleicher Höhe verbuchten Zinserträgen saldiert werden. Bleibt eine Saldierung aus, würden zu hohe Zinsaufwendungen und nicht tatsächlich entstandene Zinserträge ausgewiesen werden. Die nachfolgende Abbildung soll dies an einem Beispiel veranschaulichen:
Abb. 9: Behandlung des Zinsaufwandes bei überproportionaler Finanzierung
Mit Saldierung | Ohne Saldierung | ||||||||
S | GuV | H | S | GuV | H | ||||
ZA JO-½ | 50 TEUR | ZA Bank | 150 TEUR | ZE | 150 TEUR | ||||
ZA JO-½ | 50 TEUR |
JO = Joint Operation, ZA = Zinsaufwand, ZE = Zinsertrag
2.3 Gewinnpoolung
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Vereinnahmt ein Partnerunternehmen für den oder die anderen Partnerunternehmen die Erträge mit, muss eine Ausgleichspflicht als Schuld- und Ertragsminderung einbezogen werden. Wird für ein Partnerunternehmen der Ertrag mit vereinnahmt, hat dieses einen Ausgleichsanspruch als Forderung und Ertragserhöhung zu berücksichtigen. Bei einer Mitvereinnahmung der Erträge ist allerdings zu beachten, dass möglicherweise gar kein Joint Arrangement in Form einer gemeinschaftlichen Tätigkeit vorliegt, so dass etwaige Ausgleichsverpflichtungen und –ansprüche nicht nach den Vorschriften für Joint Arrangements berücksichtigt werden. Diese werden dann im Falle einer möglichen Gewinngemeinschaft entsprechend § 277 Abs. 3 S. 2 HGB als Aufwendungen und Erträge in der GuV erfasst.[16]
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In folgendem Beispiel wird ersichtlich, dass der Übergang zwischen einem Joint Arrangement und einer Gewinngemeinschaft teilweise fließend ist. Dies kann der Fall sein, wenn der Joint Venture Vertrag eine Ergebnis- statt einer Erlösteilung vorsieht.
Beispiel:[17]
A und B verfügen über aneinander angrenzende Baufelder, die jeweils mit Eigentumswohnungen bebaut werden sollen. Aus ablauftechnischen Gründen der Vermarktung ist es nicht günstig, wenn beide gleichzeitig bauen werden. A und B vereinbaren deshalb Folgendes:
Zunächst bebaut A Baufeld A (60 % der gesamten Bebauungsfläche), danach B Baufeld B (40 %). Das Gesamtergebnis soll gepoolt und im Verhältnis 60 zu 40 verteilt werden. Erzielt A im Baufeld A bei Erlösen von 100 TEUR und Aufwendungen von 80 TEUR einen Gewinn von 20 TEUR, so muss er (sofern es sich um ein Joint Venture handelt) nur 60 % von Erlös, Aufwand und Ertrag ausweisen; in Höhe von 8 TEUR (40 % von 20 TEUR) weist er eine Ausgleichsverpflichtung aus. Erzielt B einen Gewinn von 10 TEUR, so weist A nunmehr 40 % der diesbezüglichen Erlöse und Aufwendungen aus, jedoch erst dann, wenn sie entstehen.
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Im o.g. Beispiel stellt sich jedoch die Frage, ob es sich eigentlich um ein Joint Arrangement handelt. Unternehmen A und Unternehmen B stellen kein Produkt her und vermarkten es auch nicht. Dies widerspricht IFRS 11, wodurch eine gemeinsam geführte Tätigkeit zu verneinen ist. Es handelt sich um eine „einfache“ Gewinngemeinschaft, bei der das Ergebnis nur gepoolt wird. Somit besteht meines Erachtens in diesem Fall kein Bedarf zur Anwendung des IFRS 11 für Joint Arrangement. Es erscheint eher angemessen, dass jedes Unternehmen auf der einen Seite seine eigenen Erträge und Aufwendungen und auf der anderen Seite Erträge und Aufwendungen aus der Gewinngemeinschaft analog § 277 Abs. 3 S. 2 HGB im Abschluss mit entsprechender Kennzeichnung gesondert ansetzt.
2.4 Bilanzierung bei Auftragsfertigung
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Die Partnerunternehmen haben die ihrem Anteil entsprechenden gemeinschaftlichen Erlöse und daraus resultierende Gewinne aus einer langfristigen Auftragstätigkeit einer gemeinschaftlichen Tätigkeit erst bei Realisierung auszuweisen. Betroffen hiervon sind unter anderem die klassischen Joint Arrangements des Hoch- und Tiefbaus sowie des Großanlagenbaus, die die Voraussetzungen nach IAS 11 über die Gewinnrealisierung in der Regel nach der sog. Percentage-of-Completion Methode erfüllen.[18] Für die Partnerunternehmen einer gemeinschaftlichen Vereinbarung ist neben dem Fertigstellungsgrad auch der festgelegte Erlösanteil für die bilanzielle Verrechnung von Bedeutung. In diesem Zusammenhang stellt sich insbesondere die Frage, wie bilanziell vorzugehen ist, wenn die Partnerunternehmen unterschiedlich hohe Fertigungsgrade am Periodenende erreicht haben.
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Ein aus dem Fertigungsauftrag erzielter Erlös ist zum jeweiligen Bilanzstichtag nach dem Fertigstellungsgrad und nach seinem vereinbarten Anteil zu verrechnen. Setzt sich der Fertigstellungsgrad am Bilanzstichtag aus unterschiedlich hohen Fertigstellungsgraden der Partnerunternehmen zusammen, ist auf einen adäquaten Ausweis der Erlöse im Jahresabschluss der Partnerunternehmen zu achten.
Beispiel:
S und W stellen gemeinschaftlich in ihrer Joint Operation eine integrierte Schmiede- und Walzanlage für den Kunden K her. Während S für die Schmiedetechnik zuständig ist, liefert die Walztechnik W.
– | Die Fertigstellung des Auftrags wird erst in der nächsten Periode stattfinden. |
– | Der Gesamterlöse in Höhe von 200 TEUR wird zu gleichen Teilen zwischen S und W aufgeteilt. |
– | In der aktuellen Periode wird bei der Anlage zum Bilanzstichtag ein Fertigungsstellungsgrad von 75 % festgestellt.[19] |
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Bei einem Fertigstellungsgrad von 75 % ist nach dem Verfahren der PoC-Methode insgesamt ein Auftragserlös in Höhe von 150 TEUR zum Bilanzstichtag auszuweisen. Paritätisch aufgeteilt ergäbe dies jeweils einen anteiligen Erlös von 75 TEUR. Tatsächlich aber konnte S am Periodenende mit der Fertigung der Schmiedeanlage einen etwas größeren Fertigungsfortschritt erzielen als W mit der Fertigung der Walzanlage. Deshalb beträgt der zu realisierende Teilumsatz von S unabhängig von den anderen Umsätzen der Joint Operations 80 TEUR und der von W 70 TEUR. Für die bilanzielle Erfassung aus der Perspektive von S sind zwei Lösungen denkbar: