Zusammenfassend ist festzuhalten, dass in mitbestimmten SE die Arbeitnehmermitbestimmung weiter geht als im dualistischen System und damit auch weiter geht als vom Sinn und Zweck der deutschen Mitbestimmung konzipiert. Da die Arbeitnehmer dadurch jedoch nicht das Entscheidungsrecht über die Unternehmensleitung erhalten, ist ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG nach der Mitbestimmungsrechtsprechung des BVerfG darin nicht zu sehen. Die nachträgliche Einfügung des § 35 Abs. 3 SEAG löst das Problem nicht, da durch das „Ersatzstimmrecht“ des Verwaltungsratsvorsitzenden in den eher seltenen Fällen eines Stimmverbotes der Executive Directors nur die Stimmenmehrheit der Arbeitnehmervertreter verhindert wird, nicht jedoch das Grundsatzproblem einer Beteiligung der Arbeitnehmer an Leitungsaufgaben gelöst wird. Die „überschießenden Beteiligungsrechte“ können durch die Bestellung von Non-Executive Directors und die Bildung eines Exekutiv- und Planungsausschusses ohne Beteiligung der Arbeitnehmervertreter dem Zweck der Mitbestimmung entsprechend reduziert werden. Zu beachten ist allerdings, dass diesen Ausschüssen die Beschlussfassung gem. § 34 Abs. 4 S. 2 SEAG nicht überwiesen werden kann. Dadurch wird sichergestellt, dass die Überwachungsfunktion des Verwaltungsratsplenums und der Beteiligung der Arbeitnehmervertreter erhalten bleibt. Der dadurch entstehende letzte Rest einer überschießenden Beteiligung der Arbeitnehmervertreter dürfte tolerierbar sein und spricht nicht gegen die Feststellung, dass eine angemessene Implementierung der deutschen Arbeitnehmermitbestimmung in das monistische System möglich erscheint.[153]
2.6 Geschäftsführung
225
Im monistischen System führt gem. Art. 43 Abs. 1 S. 1 SE-VO das Verwaltungsorgan die Geschäfte der SE. Die SE-VO räumt den Mitgliedstaaten das Recht ein, einen oder mehrere Geschäftsführer zu bestimmen, die die laufenden Geschäfte in Eigenverantwortung unter denselben Voraussetzungen führen, wie sie für AG mit Sitz im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats gelten (Art. 43 Abs. 1 S. 2 SE-VO). Weitergehende Vorschriften zur Geschäftsführung enthält die SE-VO zum monistischen System ebenso wenig wie zum dualistischen System.[154] Art. 43 Abs. 4 SE-VO räumt Mitgliedstaaten, deren nationales Aktienrecht ein monistisches System nicht kennt, das Recht ein, entsprechende Vorschriften für die SE zu erlassen. Von diesem Recht hat der deutsche Gesetzgeber in §§ 20 ff. SEAG Gebrauch gemacht.[155]
226
Der Verwaltungsrat leitet gem. § 22 Abs. 1 SEAG die Gesellschaft, bestimmt die Grundlinien ihrer Tätigkeit und überwacht deren Umsetzung. Er ist aufgrund der Generalzuweisung in § 22 Abs. 6 SEAG zur Wahrnehmung aller Rechte und Pflichten zuständig, die dem Vorstand und dem Aufsichtsrat nach dem AktG oder nach anderen nationalen Gesetzen zugewiesen werden.
227
Für Geschäftsführungsmaßnahmen ist er nur dann nicht zuständig, wenn den geschäftsführenden Direktoren diese Aufgaben durch das SEAG ausdrücklich zugewiesen werden. Der deutsche Gesetzgeber hat von der Ermächtigung aus Art. 43 Abs. 1 S. 2 SE-VO Gebrauch gemacht und angeordnet, dass der Verwaltungsrat mindestens einen geschäftsführenden Direktor bestellen muss (§ 40 Abs. 1 S. 1 SEAG). Der oder die geschäftsführenden Direktoren führen gem. § 40 Abs. 2 S. 1 SEAG die Geschäfte der Gesellschaft. Die Geschäftsführung durch die geschäftsführenden Direktoren betrifft jedoch nur die laufende Verwaltung. Anders als dem Vorstand im dualistischen System stehen den geschäftsführenden Direktoren keine eigenverantwortlichen Leitungsrechte zu.[156]
228
Wesentliches Merkmal des monistischen Systems ist, dass die Letztverantwortung für die Unternehmenspolitik und die Unternehmensleitung allein beim Verwaltungsrat liegt.[157] Die Aufteilung von Leitung und Geschäftsführung erfolgt bei einem monistischen System anders als im dualistischen System, bei dem die Geschäftsführung einen Teilbereich der eigenverantwortlichen Leitung durch den Vorstand darstellt.[158] In einem monistischen System, bei dem die Oberleitung dem Verwaltungsrat und lediglich die laufende Geschäftsführung den geschäftsführenden Direktoren zugewiesen ist, lässt sich die Geschäftsführung nicht lediglich als Ausschnitt der Leitung verstehen, die einheitlich wahrgenommen wird. Die grundsätzliche Geschäftsführungsbefugnis verbleibt als Teil der Unternehmensleitung beim Verwaltungsrat. Die geschäftsführenden Direktoren übernehmen nur einen Teil der Unternehmensleitung, nämlich die laufende Geschäftsführung. Sie unterliegen dabei wie ein GmbH-Geschäftsführer im Innenverhältnis einer umfassenden Weisungsgebundenheit gegenüber dem Verwaltungsrat.[159]
229
Von der grundsätzlichen Allzuständigkeit des Verwaltungsrats bei der Geschäftsführung macht das Gesetz in den Fällen eine Ausnahme, in denen es das dem dualistischen System innewohnende „Vier-Augen-Prinzip“ auch im monistischen System abgebildet wissen will. In diesen Fällen werden einzelne Geschäftsführungszuständigkeiten ausdrücklich den geschäftsführenden Direktoren zugewiesen. Die wichtigsten Fälle sind die Anmeldung zum Handelsregister (§ 40 Abs. 2 S. 4 SEAG), die Aufstellung von Jahresabschlüssen und Lagebericht (§ 47 Abs. 1 S. 1 SEAG) und die Erstellung des konzernrechtlichen Abhängigkeitsberichts (§ 49 Abs. 1 SEAG).[160]
230
Abgesehen von der aktiven Überwachung der geschäftsführenden Direktoren durch den Verwaltungsrat auf der Grundlage des umfassenden Weisungsrechts (§§ 22 Abs. 1, 44 Abs. 2 SEAG) organisieren die geschäftsführenden Direktoren ihre Zuständigkeit im Innenverhältnis nach den Grundsätzen des § 77 AktG. D. h. die geschäftsführenden Direktoren können sich eine Geschäftsordnung geben, sofern diese nicht vom Verwaltungsrat erlassen wird. In der Geschäftsordnung ist die Aufgabenverteilung unter den geschäftsführenden Direktoren festgelegt. Es gilt grundsätzlich das Prinzip der gemeinschaftlichen Geschäftsführung gem. § 77 Abs. 1 S. 1 AktG. Von diesem Einstimmigkeitsprinzip kann in der Satzung oder in der Geschäftsordnung für die geschäftsführenden Direktoren abgewichen werden (§ 77 Abs. 1 S. 2 HS 1 AktG). Auch für die geschäftsführenden Direktoren gilt das Kollegialitätsprinzip, d.h. eine hierarchische Abstufung innerhalb der geschäftsführenden Direktoren gibt es nicht.[161]
2.7 Vertretung
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Im Gegensatz zur Geschäftsführung, die die Befugnisse im Innenverhältnis regelt, bestimmt die Vertretung, was das zuständige Organ im Außenverhältnis kann. Durch die Vertretung erfolgt die Zurechnung des Organhandelns. Die organschaftliche Vertretung beruht unmittelbar auf der Bestellung.[162]
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Im monistischen System wird die Vertretung gem. § 41 Abs. 1 SEAG den geschäftsführenden Direktoren zugewiesen. Sie vertreten die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Die Vertretungsmacht im Außenverhältnis kann gem. § 44 Abs. 1 SEAG, unbeschadet des Weisungsrechts des Verwaltungsrats im Innenverhältnis gem. § 44 Abs. 2 SEAG nicht beschränkt werden. Für die Aktivvertretung gilt gem. § 41 Abs. 2 S. 1 SEAG die Gesamtvertretung. Für die Passivvertretung besteht Einzelvertretungsmacht (§ 41 Abs. 2 S. 2 SEAG). Bei der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister sind gem. § 21 Abs. 4 SEAG die geschäftsführenden Direktoren und ihre Vertretungsbefugnis anzugeben.
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