Fortgeschrittene, die bereits über ausreichende Kenntnisse im Leistungsstörungsrecht verfügen, sollten die Fälle zunächst eigenständig bearbeiten. Die von mir vorgeschlagenen gutachterlichen Falllösungen (ohne Hinweise und Exkurse) entsprechen einer Klausurbearbeitung auf sehr hohem (Examens-)Niveau und dienen nicht nur der Selbstkontrolle (inwieweit entspricht die eigene Bearbeitung dem Lösungsvorschlag?), sondern – zusammen mit den zahlreichen, an den jeweils relevanten Stellen im Gutachten gegebenen Hinweisen und Exkursen – insbesondere auch der Stoffvermittlung und -vertiefung. Die im Lösungsteil gemachten Ausführungen sind mithin nicht lediglich (Klausur-)Musterlösungen, sondern verleihen in ihrer Gesamtheit (Gutachten, Hinweise, Exkurse) dem Buch den Charakter eines in sich geschlossenen (fallbezogenen) Lehrbuchs oder Skripts.
Diejenigen, die sich noch nicht in der Lage sehen, zunächst eine eigene Falllösung zu erarbeiten, sollten die Fallsachverhalte zumindest insoweit bearbeiten, als Auffälligkeiten des Falles markiert, in Betracht kommende Vorschriften notiert und gelesen sowie ggf. komplexe zeitliche Abläufe und Personenbeziehung schematisch dargestellt bzw. skizziert werden. Die didaktische Konzeption des Lösungsteils mit seinen verschiedenartigen Hinweisen und Exkursen ermöglicht sodann ein skriptartiges Durchlesen, während die Sachverhalte gleichsam als Einführung in die jeweilige Materie zu sehen sind (um welche Konstellationen geht es überhaupt?). Auf diese Weise erwerben Sie nicht nur besonders effektiv die relevanten theoretischen Kenntnisse zum Leistungsstörungsrecht, sondern erlernen zugleich den Gutachtenstil sowie den Umgang mit schwierigen und komplexen Sachverhalten – enorm wichtige und zudem oftmals unterschätzte Fertigkeiten für die Anfertigung einer guten Klausur.
Die Lösungen sind im Übrigen nicht mit den Kategorien „Anspruch entstanden, Anspruch untergegangen, Anspruch durchsetzbar“ überschrieben bzw. untergliedert, weil dies gerade in den Augen vieler Examensprüfer, die zum Großteil aus der Praxis kommen, oftmals als anfängerhaft wahrgenommen wird. Schließlich teilen weder Gerichte ihre Urteile noch Anwälte ihre Gutachten oder Schriftsätze in diese Kategorien ein. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Prüfungsreihenfolge dennoch stets dem klassischen Aufbau (Anspruchsentstehung, rechtshindernde, rechtsvernichtende, rechthemmende Einwendungen) zu folgen hat und auch hier folgt.
Viel Erfolg!
Inhaltsverzeichnis
Weitergehende Hinweise zur Konzeption und Handhabung des Buches
Teil 1: Unmöglichkeit der Leistung
Unmöglichkeit gemäß § 275 I BGB; Konkretisierung einer Gattungssache nach § 243 II BGB; Abgrenzung Gattungsschuld/Wahlschuld; Leistungsort gemäß § 269 BGB (Hol-, Bring-, Schickschuld); Auslegung Schick- oder Bringschuld; Schicksal der Gegenleistungspflicht gemäß § 326 BGB bei Unmöglichkeit der Leistung; Versendungskauf gemäß § 447 BGB; Verschulden der Transportperson und Zurechnung gemäß § 278 BGB; Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 320 BGB; synallagmatische Verknüpfung von Surrogat gemäß § 285 BGB und Gegenleistungspflicht; Frachtvertrag; Drittschadensliquidation.
Abwandlung 1: Konkretisierung/Leistungsort bei reinem Versandhandel.
Abwandlung 2: Rechtsgeschäftliches Surrogat gemäß § 285 I BGB (commodum ex negotiatione cum re); Herausgabe des Übererlöses gemäß § 285 I BGB.
Abwandlung 3: § 326 I 2 BGB bei qualitativer Unmöglichkeit; Erheblichkeit gemäß § 323 V 2 BGB bei Gebrauchstauglichkeit der Sache und merkantilem Minderwert; Selbstvornahme im Kaufrecht.
Abwandlung 4: Anfängliche Unmöglichkeit; beschränkte Gattungsschuld; analoge Anwendung des § 122 BGB bei Exkulpation nach § 311a II 2 BGB.
Fall 2 (Dreiecksbeziehungen):
Schadensersatz wegen nachträglicher Unmöglichkeit gemäß §§ 280, 283 BGB; Allein- oder überwiegende Alleinverantwortlichkeit des Gläubigers i. S. v. § 326 II 1 Var. 1 BGB; Anrechnung von Ersparnissen infolge der Unmöglichkeit gemäß § 326 II 2 BGB; Dolo-agit-Einwand gemäß § 242 BGB.
Variante: Stellvertretendes Commodum gemäß §§ 326 III, 285 I BGB.
Fall 3 (Bist Du jeck?)
Konkretisierung einer Geldschuld; Analogievoraussetzungen (§ 300 II BGB); § 270 BGB; Gläubigerverzug gemäß §§ 293 ff. BGB; Aufrechterhaltung der Gegenleistungspflicht nach § 326 II Var. 3 BGB.
Fall 4 (Payback):
Auslegung einer Inzahlungnahme-Vereinbarung; Leistung an Erfüllung statt; Ersetzungsbefugnis; Unmöglichkeit der Ersetzung.
Abwandlung 1: Verschleißschäden bei einer gebrauchten Sache als Mangel?; konkludenter Haftungsausschluss bei normalen Verschleißschäden.
Abwandlung 2: Rückabwicklung eines Kaufvertrags mit Ersetzungsbefugnis gemäß § 346 BGB; Anrechnungsbetrag der in Zahlung genommenen Sache als vertraglich bestimmte „Gegenleistung“ i. S. v. § 346 II 2 BGB.
Abwandlung 3: Beiderseitig zu vertretende Unmöglichkeit; § 326 II 1 Var. 2 BGB analog?; Nachlieferung gemäß § 439 I Var. 2 BGB beim Stückkauf?
Fall 5 (Recht 2.0):
Unzumutbarkeit gemäß § 275 III BGB; analoge Anwendung des § 275 III BGB bei privatvertraglicher Pflichtenkollision; Analogievoraussetzungen (§ 275 III BGB); Interessensabwägung; Prioritätsprinzip bei sukzessivem Abschluss mehrerer schuldrechtlicher Verträge bezüglich desselben Leistungsgegenstandes.
Teil 2: Nicht oder nicht wie geschuldet erbrachte Leistung trotz Möglichkeit
Schadensersatz gemäß § 281 BGB; Fälligkeit der Leistung bei unbestimmter Angabe des Leistungszeitraums; Angemessenheit der Nachfrist; Bestimmung des von § 281 BGB umfassten Schadens; Betriebsausfallschaden bei Nichtleistung als Verzögerungsschaden gemäß § 286 BGB.
Abwandlung