Steuerstrafrechtliche Risiken
in Krise und Insolvenz
von
Dipl.-Finanzwirtin (FH) Bernadette Duda, LL.M.
Düsseldorf
Professor Dr. Jens M. Schmittmann
Essen
2., aktualisierte Auflage 2021
Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main
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ISBN: 978-3-8005-1784-8
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Druck: WIRmachenDRUCK GmbH, Backnang
Printed in Germany
Vorwort
Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates (RL [EU] 2019/1023) vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz; ABl. EU L 172 vom 26. Juni 2019, S. 18) hat in ganz Europa neue Impulse für die Sanierung und Restrukturierung von Unternehmen gesetzt. In Deutschland wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) vom 20. Dezember 2020 (BGBl. I 2020, 3256ff.) nicht nur das Gesetz über den Sanierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) eingeführt, sondern auch die Insolvenzordnung (InsO) vielfältig geändert.
Fortan stehen Unternehmen zur Restrukturierung beginnend mit der Möglichkeit der Sanierungsmoderation nach StaRUG über die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten nach StaRUG auch die bislang schon bekannten Möglichkeiten der vorläufigen Eigenverwaltung sowie des Schutzschirmverfahrens nach der InsO und schließlich auch das Insolvenzplanverfahren im eröffneten Insolvenzverfahren zur Verfügung. Damit wird die Sanierung, Restrukturierung und Insolvenz von Unternehmern noch deutlich komplexer, zumal sich auch steuerliche Fragen unterschiedlichster Art anschließen. Da den Beteiligten vielfach das Bewusstsein für ihre strafrechtliche Verantwortung in Bezug auf steuerliches Fehlverhalten fehlt, thematisiert dieses Buch die steuerstrafrechtlichen Risiken. Den Beteiligten drohen Ermittlungs- und Strafverfahren wegen des Vorwurfes steuerstrafrechtlicher Verfehlungen, wenn sie als Geschäftsleiter, aber auch als (vorläufiger) Insolvenzverwalter steuerliche Pflichten verletzen. Hinzu kommt die neue zivilrechtliche Warn- und Hinweispflicht der Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bei der Aufstellung von Jahresabschlüssen (§ 102 StaRUG)
Besondere Gefahren drohen im Insolvenzverfahren, da die unternehmenstypischen Pflichten, die der Insolvenzverwalter übernimmt, vielfältig sind. Deshalb besteht insbesondere bei Fortführung von Unternehmen in der vorläufigen Insolvenz und im eröffneten Insolvenzverfahren die Gefahr, dass er branchentypische Strafbarkeitsrisiken übersieht. Der (vorläufige) Insolvenzverwalter kann Strafbarkeitstatbestände verwirklichen, die ihm nicht präsent sind. Eine Schuldbefreiung aus Unkenntnis erfolgt nicht. Die Konsequenzen eines strafgerichtlichen Urteils erschöpfen sich regelmäßig nicht in der Verurteilung zu Geld- oder Freiheitsstrafen. Auch berufsgerichtliche Konsequenzen und ein Reputationsverlust, insbesondere auch beim Insolvenzgericht, treffen den Berater und Insolvenzverwalter häufig nicht minder schwer.
Der Berater des Geschäftsleiters und der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter haben stets die Grenzen zu beachten, innerhalb derer sie die Beratung und Insolvenzverwaltung risikofrei durchführen können. Dazu gehören auch der professionelle Abstand zu Gestaltungsmöglichkeiten sowie die freundlich-kritische Distanz zu den Wünschen des Beratenen. Die Möglichkeiten und Fähigkeiten der Ermittlungsbehörden im Zusammenwirken mit deren Bereitschaft, schwierige wirtschaftliche Felder zu betreten, sollten Geschäftsleiter, Berater und Insolvenzverwalter stets dazu anhalten, die möglichen strafrechtlichen Konsequenzen jedweder Zeit im Blick zu halten.
Der unachtsame Umgang mit den steuerrechtlichen Pflichten in allen Verfahrensabschnitten kann nicht nur zu empfindlichen Strafen führen, sondern ebenso zur Verwirklichung von Haftungstatbeständen.
Soweit die Begriffe „Steuerpflichtiger“, „Anzeigender“, „Erklärender“ etc. verwendet werden, ist darunter neben dem Geschäftsleiter aufgrund der besonderen Pflichtenstellung auch der erklärungspflichtige Insolvenzverwalter zu verstehen.
Das Buch befindet sich auf dem Rechtsstand April 2021 und soll sowohl Insolvenzverwaltern als auch Beratern ein hilfreicher Begleiter im Schnittbereich Steuerrecht, Steuerstrafrecht, Insolvenzrecht und Restrukturierungsrecht sein.
Duisburg/Essen, Juni 2021 | Bernadette DudaJens M. Schmittmann |
I. Grundlagen
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Im folgenden Abschnitt werden im Überblick die (1.) rechtlichen Grundlagen sowie (2.) die wirtschaftliche Bedeutung von Insolvenzverfahren dargestellt.
1. Rechtliche Grundlagen
a) Entwicklung der Insolvenzordnung
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Das Insolvenzverfahren ist in der Insolvenzordnung vom 5.10.1994 (BGBl. I 1994, S. 2866), die zuletzt durch Art. 6 Abs. 8 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht vom 22.12.2020 (BGBl. I 2020, S. 3328) geändert worden ist, geregelt.
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Die Insolvenzordnung ist gemäß § 335 InsO i.V.m. Art. 110 Abs. 1 nach Maßgabe des Abs. 2 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5.10.1994 (BGBl. I 1994, S. 2911), das zuletzt durch Art. 7 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht vom 22.12.2020 (BGBl. I 2020, S. 3328) geändert worden ist, in Kraft getreten.
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Durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG) vom 22.12.2020 (BGBl. I 2020, S. 3256) wurde das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz – StaRUG) geschaffen sowie eine Vielzahl von Gesetzen geändert.
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Durch das Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz werden nicht nur die Anforderungen an Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement bei haftungsbeschränkten Unternehmensträgern gesetzlich geregelt, sondern erstmals auch im deutschen Recht ein Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen ohne die obligatorische Eröffnung eines Insolvenzverfahrens geschaffen. Ebenfalls neu ist die Einführung einer Sanierungsmoderation sowie der gesetzlichen Regelung zu Frühwarnsystemen.
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