Der Sklavenwiderstand. Jochen Nöller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jochen Nöller
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783967525779
Скачать книгу
noch mal. Müssen die schon wieder durchdrehen? Ist doch nur ein Rennen. Immer diese schlechten Verlierer«, stöhnte er in die Dunkelheit und tastete den Boden nach seiner Taschenlampe ab.

      Irgendetwas schien anders zu sein. Die Stimmen waren nicht zornig, eher panisch. Seltsam. Was war oben los? Im Licht der Lampe kontrollierte er kurz, ob der Mechanismus außer Betrieb war, dann kroch er so schnell er konnte den Gang zurück. Einige Minuten später hatte er die schmale Leiter erreicht und sah einen roten Schimmer durch die offene Tür.

      »Oh nein. Ich habe vergessen, die Tür zu schließen! Ich hoffe, Dad hat das nicht gesehen. Oh, das könnte Ärger geben«, quengelte er reuevoll vor sich hin. Rasch legte er die Taschenlampe in ihre Box zurück und kletterte hoch. Oben schloss er schnell die Tür und sah sich schuldbewusst um, konnte jedoch niemanden sehen.

      »Gut gegangen«, atmete Nico erleichtert auf und ging pfeifend in Richtung der Rennstrecke. Nebelschwaden hingen in der Luft und er hatte ein seltsames Gefühl, so als würde er neben sich stehen.

      Eine unnatürliche Stille legte sich um ihn hernieder und er hielt erschrocken den Atem an. »Wo sind denn all die Gaffer und Läufer?«, fragte er sich verwundert und sah sich suchend um. Es war keine Hundeseele zu sehen, nur der undurchdringliche Nebel. Die Luft roch eigenartig; war das Eisen? Oder verbrannte Haare? Beides?

      Auf seine Füße achtend, tapste er vorsichtig umher. Plötzlich durchzog ein durchdringender Schrei die Stille, bei dem sich seine Nackenhaare aufstellten. Panisch schaute Nico in die Richtung des Lärms und erschrak. In diesem Moment lichtete sich der Nebelschleier.

      Mitten auf der Rennbahn lagen Hunde kreuz und quer, manche aufeinander, manche in seltsam verrenkten Posen. Einige von ihnen waren Läufer, das konnte er an den Trikots erkennen, die anderen mussten Zuschauer sein. Keiner bewegte sich, nur ihr Fell strich mit dem einsetzenden Wind hin und her.

      Etwas abseits stand eine fremde Gestalt, die in eine schwarze Kutte gekleidet war. Vor dem Fremdling schwebte Nicos Vater in der Luft. Die ganze Situation hatte etwas sehr Surreales an sich, ganz wie ein übler Albtraum.

      Hastig rieb sich Nico die Augen. Hunde konnten nicht in der Luft schweben. Als er erneut hinsah, hatte sich die Szenerie nicht verändert. Der wütende Schmerzensschrei seines Vaters wurde von einem lauten, gehässigen Lachen seitens des Fremden begleitet. Torsten erblickte trotz seiner Pein seinen Sohn und riss die Augen auf. Mit den Lippen formte er das Wort: Lauf!

      Nico verstand nicht, was vor sich ging. Kaum waren die Geräusche verklungen, legte sich abermals Totenstille über das Areal. Träumte er etwa noch?

      Ein lautes Knacken durchdrang die Stille.

      Torstens Kopf ruckte zur Seite. Wie gelähmt und mit aufgerissenem Maul starrte Nico zum zuckenden Leib seines Vaters.

      Wie aus dem Nichts machte die unbekannte Person eine wegwerfende Handbewegung – und Torsten flog durch die Luft, genau auf seinen zitternden Sohn zu. Vor diesem stoppte der leblose Körper. Nico konnte seinen Blick nicht abwenden. Das war sein Vater und er hatte Schmerzen. Gebannt schaute er in die gelben Augen. Kein Lebenslicht brannte mehr darin. Sie starrten tot und für ewig dunkel zu ihm auf.

      »Das ist ein Scheißtraum. Ich will aufwachen«, schluchzte Nico und Tränen liefen ihm über die Wange.

      »Aufwachen?«, fragte eine gehässige Stimme ganz nahe bei ihm. »Du wirst dir noch wünschen, dass das hier ein Traum ist.«

      Entsetzt sah er auf und blickte direkt in die Kapuze des Fremden. Aber dort befand sich kein Hundegesicht. Das erschreckend hässliche Antlitz eines schaurigen Monsters schaute zu Nico herunter. Blank und ohne Fell, mit platt gedrückter Schnauze verzog er die fleischigen Lippen zu einem höhnischen Grinsen. Weiße Stummelzähne schauten zwischen den seltsam rosafarbenen Lefzen hervor. Seitlich aus dem Kopf ragten winzige Ohrmuscheln. Noch nie hatte Nico von so einem unheimlichen Wesen gehört oder eines in der Flimmerkiste gesehen.

      »Ja, du gefällst mir. Wie alt bist du?«, erkundigte sich der Fremde zuckersüß.

      »Ich … ich …«, stammelte Nico entsetzt.

      Das Monster schüttelte unzufrieden den Kopf. »Wie konnte ich auch erwarten, von einem niederen Wesen eine klare Antwort zu erhalten? Dein Alter ist ohnehin egal. Lass dich mal ansehen.«

      Plötzlich blitzte ein drei Fuß langer goldener Stab unter der schwarzen Robe hervor. Das Ding erinnerte Nico an eine Art Zauberstab. Die Oberfläche glänzte makellos und verjüngte sich leicht zur Spitze hin. Am anderen Ende sah er die Pfote des Monsters – felllos und ohne Krallen. Mit dem Stab drehte das Ungetüm seinen Kopf grob auf die Seite. Wut stieg in Nico auf und er bleckte die Zähne.

      Das Monster nickte. »Das Gebiss scheint in Ordnung zu sein.« Erbost versuchte Nico, den Stab zu ergreifen, doch das Metall machte eine schnelle Bewegung abwärts und entkam so seiner Pfote. Bevor er auch nur einen weiteren Gedanken fassen konnte, spürte er, wie sein T-Shirt und seine Hose sich von ihm lösten. Erschrocken griff er nach dem Stoff, um diesen zurückzuhalten und blickte an sich herab. Mit offenem Maul sah er seiner Kleidung beim Fallen zu. Sie bestand nur noch aus etwa klauenlangen Stofffetzen, welche sanft wie Konfetti zu Boden schwebten. So schnell er konnte, verschränkte er die Arme vor seinem Intimbereich und drehte sich weg.

      »Du bist ein perfektes Geschenk für meine kleine Schwester. Ja, dich werde ich mitnehmen«, überlegte das Monster laut.

      »Bruder!«, rief Emily ängstlich hinter ihm und Nico wandte sich ihr zu.

      »Du störst, Abschaum«, stieß der Fremde hervor.

      »Lauf!«, schrie Nico, aber es war schon zu spät. Aus den Augenwinkeln sah er die Spitze des Goldstabes hervorschnellen. Sie zeigte direkt auf Emily. Plötzlich tauchten seltsame leuchtende Symbole auf der Oberfläche des Metalls auf. Ein Zischen erklang. Dieses Geräusch erinnerte Nico an die Entspannung der Antriebskette unter der Rennbahn.

      Vor dem Stab erschien ein bläulicher, spitzer Kristall. Kürzer als einen Wimpernschlag schwebte dieser in der Luft, dann schoss er davon. Ein grauenhaftes Gurgeln erklang und Nico blickte erschrocken zu seiner Schwester. Das Geschoss steckte in ihrer Brust. Aus ihrer Kehle sickerte gurgelnd Blut hervor. Ihre Augen waren weit aufgerissen und zuckten haltlos. Urplötzlich erlosch auch deren Glanz und Emilys lebloser Körper sackte zu Boden. Nebel verschluckte sie in Bruchteilen von Sekunden.

      Zitternd sackte Nico zusammen und seine Tränen waren wie Flüsse. Das durfte nicht wahr sein! Seine Schwester und sein Vater konnten doch nicht tot sein …

      Ein seltsames Gefühl überkam Nico. Er fühlte sich wie in Watte eingepackt und sein denken wurde träge. Dann plötzlich durchfuhr ihn ein brennender Schmerz in seinem Kopf. Seine Sicht verschwamm und die Welt wurde schwarz.

      Nico

       Sklavendasein

      Stimmen drangen in sein Bewusstsein. »… gefangen. Kümmere dich darum, dass es erzogen wird. Ich werde es in drei Monaten abholen und erwarte einen perfekten Sklaven. Es soll alle Hausarbeiten erledigen können und als Bettspielzeug erzogen werden. Wenn ich deine Arbeit als angemessen empfinde, wirst du deine Belohnung erhalten.«

      Nico kannte diese Stimme, sie gehörte dem Monster, dem Mörder seines Rudels. Der Mann sprach so gelangweilt und hochnäsig wie einer der Reinrassigen. Er schien es gewohnt zu sein, immer das zu bekommen, was er wollte.

      Eine zweite männliche Stimme antwortete in ehrfürchtigem und demütigem Ton: »Mein Herr Magier …« Bei diesen Worten erschauderte Nico. Das Monster war tatsächlich ein Magier. Magie existierte also wirklich und war nicht nur etwas aus Filmen und Büchern. In seinem Kopf drehte sich alles, dennoch spitzte er die Ohren und lauschte angestrengt.

      »… ich fühle mich geehrt, für Euch einen Sklaven einzuarbeiten. Bescheiden bitte ich um eine Erweiterung der Schutzrunen meines Hauses. Ich plane zu expandieren und bräuchte somit stärkere Sicherheitsmaßnahmen, wenn Euer Würden verstehen.«

      »Ja, ich verstehe, Ursay. Diese Wesen sind bestimmt nicht sehr kooperativ. Jedenfalls