Im Übrigen wird auf die Abkürzungen nach Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 9. Aufl., Berlin 2018, verwiesen.
Teil 1 Dimensionen der Digitalisierung in der Energiewirtschaft
Die Nutzung fossiler Energieträger bringt nachweislich negative Effekte auf die Umwelt mit sich, wie etwa Emissionen von Treibhausgasen und dauerhafte landschaftliche Veränderungen.1 Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass der anthropogene Einfluss, insbesondere der intensive Einsatz von Kohle und sonstigen petrochemischen Erzeugnissen als Energiequelle, die Hauptursache der Klimaerwärmung darstellt, 95 bis 100 %.2 In der digitalisierten Gesellschaft verbleiben gleichzeitig kaum Handlungen, die nicht zumindest mittelbar einen Verbrauch von Energie zur Folge haben.3 Der wachsende Strom- und Energieverbrauch impliziert nicht nur eine vermehrte Abhängigkeit der europäischen Staaten von Energieimporten4, sondern wirft auch die Frage nach einer nachhaltigen, umweltverträglichen sowie wirtschaftlichen Energieversorgung der Zukunft auf.
1 Aichele, Smart Energy, S. 48f. 2 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, Anthropogener Treibhauseffekt und Klimaänderungen, Ausarbeitung WD 8 – 3000 – 028/17 v. 27.9.2017, S. 15. 3 Güneysu/Vetter/Wieser, DVBl 2011, 870 (872); Keck, Smart Grid, S. 94; Franck, Smart Grids und Datenschutz, S. 67; Guckelberger, DÖV 2012, 612 (613). 4 Aichele, Smart Energy, S. 9.
A. Digitalisierung der Energiewende
Unter dem Begriff der ‚Energiewende‘ werden vielschichtige Topoi wie der zunehmende Verzicht auf fossile Brennstoffe5, der Rückbau von Kernkraftwerken6, der Ausbau der regenerativen Energien sowie die Dezentralisierung der Energieversorgung7 diskutiert.8 Eine Determinante des Voranschreitens der Energiewende stellt die kommunikative Vernetzung von Energieerzeugern und Energieverbrauchern dar, um die volatile Energieeinspeisung aus erneuerbaren Energien mit dem tatsächlichen Energieverbrauch ausbalancieren und eine gleichbleibende Netzstabilität sowie Netzsicherheit gewährleisten zu können.9
Die Legislative auf europäischer und nationaler Ebene steht im Energiesektor insofern vor der Herausforderung, komplexe ökonomische, ökologische, technologische und soziologische Transformationsprozesse in all ihrer Konvergenz mit dem geltenden Recht in Einklang zu bringen. Bei dem ‚Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende‘10 aus dem Jahr 2016 handelt es sich um die erste umfassende gesetzgeberische Maßnahme in Deutschland, die das Ziel verfolgt, den Einsatz moderner Informationstechnologie in der energiewirtschaftlichen Messtechnik konsequent für Messlokationen in Haushalten, Unternehmen und sonstigen Institutionen zu erhöhen.
Das in diesem Zuge am 2.9.2016 in Kraft getretene Messstellenbetriebsgesetz11 (MsbG) unterwirft den Messstellenbetrieb einer „substantiellen Neuordnung“12 und formuliert als Stammgesetz umfangreiche Vorgaben bezüglich des Einsatzes von Messtechnik in der digitalisierten Energiewirtschaft sowie hinsichtlich der Marktkommunikation der verschiedenen Akteure.13
Mit dem in §§ 29ff. MsbG skizzierten stufenweisen Rollout-Szenario für sog. ‚intelligente Messsysteme‘ und ‚moderne Messeinrichtungen‘ ist der deutsche Gesetzgeber Vorgaben zur Einführung von ‚Smart Metering‘ gemäß der Binnenmarktrichtlinie für Elektrizität aus dem Dritten EU-Binnenmarktpaket Energie14 nachgekommen und hat so den Grundstein zu einem intelligenten Stromnetz der Zukunft, dem ‚Smart Grid‘, gelegt. Der Einsatz intelligenter Energiezähler und anderer Elemente der intelligenten Netze wird perspektivisch nicht nur die weitere Integration erneuerbarer Energien vorantreiben, sondern auch zu großen Datenmengen führen, die potenziell neue Akteure im Energiesektor wie z.B. Aggregatoren für den Verkauf erneuerbarer Energien sowie neue Energiedienstleistungsunternehmen ermöglichen.15
5 Zur Dekarbonisierung vertieft Körber, in: FS Schwintowski, S. 642 (646f.). 6 Zu verfassungsrechtlichen Fragen des Atomausstiegs zuletzt BVerfG, Urt. v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11, 1 BvR 321/12, 1 BvR 1456/12, NJW 2017, 217. 7 Schulte-Beckhausen, KSzW 2011, 285; Seckelmann, in: Hill/Schliesky, Auf dem Weg zum digitalen Staat, S. 241 (257). 8 Zu den völkerrechtlichen Rahmenbedingungen der Energiewende Gundel, EnWZ 2016, 243–250. 9 Vgl. zur Volatilität und Dezentralisierung des Energiemarktes Spiecker gen. Döhmann, in: Doleski, Utility 4.0, S. 285f. 10 BGBl. 2016 I, S. 2034. 11 Gesetz über den Messstellenbetrieb und die Datenkommunikation in intelligenten Energienetzen (Messstellenbetriebsgesetz – MsbG) vom 29.8.2016, BGBl. 2016 I, S. 2034–2059. 12 So Kühling/Rasbach/Busch, Energierecht, Kap. 1 Rn. 28. 13 Scholtka/Martin, NJW 2017, 932 (933). 14 Vgl. Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.7.2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (EU-Binnenmarktrichtlinie Elektrizität), ABl. L 211 v. 14.8.2009, S. 55 (91) Anhang I Abs. 2 UAbs. 2. Dort ist festgehalten, dass – soweit die Einführung intelligenter Messsysteme positiv bewertet wird – mindestens 80 % der Letztverbraucher mit intelligenten Messsystemen auszustatten sind. Datenschutzrechtliche Regelungen sind in der Richtlinie nicht enthalten, vgl. Kreße, in: Specht/Mantz, Europäisches und deutsches Datenschutzrecht, § 17 Rn. 6. 15 Vgl. Serrenho/Bertoldi, Smart home and appliances, S. 5.
B. Dezentralität als verbindendes Element zwischen Blockchain-Technologie und Energiewende
Die komplexen