Es erscheint als zweckmäßig und gerechtfertigt, diesen selbstverständlichen Grundsatz des Mietrechtes, der auch für Pachtverträge Anwendung findet,194 auch auf Lizenzverträge anzuwenden, zumal der Bundesgerichtshof die Gewährleistungsvorschriften der §§ 538, 581 a.F. (§§ 548, 581 BGB n.F.) auf Lizenzverträge anwendet.195 Ebenso ließe sich im Übrigen die Informationspflicht des Lizenznehmers gegenüber dem Lizenzgeber aus der Treuepflicht des Pächters gegenüber dem Verpächter ableiten.196
Der Lizenznehmer hat also dem Lizenzgeber Mitteilung von der Verletzung von Schutzrechten durch Dritte zu machen, soweit sie in dem Gebiet, für das er Lizenz hat, erfolgen. Dasselbe gilt für nichtgeschützte Erfindungen hinsichtlich des sklavischen Nachbaus, soweit er aufgrund besonderer Umstände unzulässig ist, und bei Warenzeichenlizenzen bezüglich der Zeichenverletzung. Dabei ist es gleichgültig, ob der Lizenznehmer eine einfache oder ausschließliche Lizenz hat. Auch wenn der Lizenznehmer bei der ausschließlichen Lizenz selbst im Wege der Klage einschreiten kann,197 hat der Lizenzgeber ein Interesse daran, von Verletzungen Kenntnis zu erhalten, zumal der Lizenznehmer keine Pflicht zum Einschreiten hat.198
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Der Lizenzgeber kann den Lizenznehmer durch Vertrag auch verpflichten, besondere Maßnahmen zur Überwachung des Marktes bezüglich der Übergriffe Dritter zu treffen. Er kann ihn auch verpflichten, ihm bekannte Verletzungen mitzuteilen, die außerhalb des Vertragsgebietes erfolgen.
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Der Lizenznehmer hat neben dieser Mitteilungspflicht keine Verpflichtung – unabhängig davon, ob eine einfache oder ausschließliche Lizenz vorliegt –, das Schutzrecht gegen Nichtigkeitsklagen bzw. Löschungsklagen zu verteidigen. Der ausschließliche Lizenznehmer hat zwar im Gegensatz zu dem einfachen Lizenznehmer das Recht, gegen Verletzungshandlungen Dritter vorzugehen, nicht aber auch die Verpflichtung, dies zu tun.199
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Es kann vorkommen, dass sich der Lizenzgeber auf den Lizenznehmer und der Lizenznehmer auf den Lizenzgeber verlässt oder dass Meinungsverschiedenheiten darüber auftreten, wer gegen den Verletzer vorgehen soll. Es empfiehlt sich daher, den Inhaber einer ausschließlichen Lizenz zu verpflichten, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Schutzrechtsverletzungen zu unterbinden und – wenn nötig – Klage zu erheben, zumal der Inhaber einer ausschließlichen Lizenz ein derart umfassendes Recht hat, dass er besser in der Lage ist einzuschreiten, wenn nicht besondere Umstände vorliegen. Er kann sich in der Regel das Beweismaterial leichter beschaffen als der Lizenzgeber.
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Ist eine Auslandslizenz erteilt, so kommt noch hinzu, dass die Verletzung meist in dem Land begangen wird, in dem der Lizenznehmer seinen Sitz hat oder tätig ist. Er kennt daher die örtlichen Verhältnisse, kann sich über das einschlägige Recht leichter orientieren und dgl. mehr. Dabei wird häufig vereinbart, dass der Lizenznehmer die Kosten trägt; verschiedentlich wird auch Kostenteilung vorgesehen. Bei Lizenzen im Ausland ist jedoch zu prüfen, ob nach dem ausländischen Recht eine Klageerhebung durch den Lizenznehmer möglich ist oder welche Voraussetzungen ggf. vorliegen müssen.200
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Will der Lizenzgeber den Lizenznehmer mit derartigen Aufgaben nicht belasten, so sollte er ihm zumindest die Pflicht auferlegen, seine eigenen Maßnahmen zum Schutz der Erfindung zu unterstützen. Zwar ist der Lizenznehmer wohl auch ohnedies gehalten, dem Lizenzgeber behilflich zu sein, soweit dies erforderlich ist, z.B. wenn er allein die Beweismittel in Händen hat, als Zeuge oder durch Benennung eines geeigneten Rechtsanwalts in dem betreffenden Land. Dies kann man aus der oben erwähnten Obhutspflicht ableiten. Trotzdem sollte eine Klausel hierüber im Vertrag vorgesehen sein.
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Im Gegensatz zum Inhaber einer ausschließlichen Lizenz kann der Inhaber einer einfachen Lizenz nicht aus eigenem Recht gegen Schutzrechtsverletzer vorgehen.201
Der Lizenzgeber müsste ihm eine Prozessführungsbefugnis erteilen. Diese braucht nicht für einen konkreten Einzelfall, sie kann vielmehr auch von vornherein und generell erteilt werden, ohne dass bereits eine Verletzung vorliegt. Ob dies zweckmäßig ist, lässt sich nicht allgemein sagen und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Wird eine Prozessführungsbefugnis erteilt, so empfiehlt es sich zu bestimmen, wie weit die Rechte und Pflichten des Lizenznehmers reichen.
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Der Lizenzgeber kann seine Schadensersatzansprüche auch dem Lizenznehmer abtreten, so dass sie der Lizenznehmer im eigenen Namen geltend machen kann.202
3. Nichtangriffsabreden
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Sehr häufig wird in Lizenzverträgen vereinbart, dass der Lizenznehmer das Schutzrecht nicht durch eine Nichtigkeitsklage bzw. einen Löschungsantrag angreifen darf. Diese Vereinbarung erscheint nicht mehr gerechtfertigt, da sich der Lizenzgeber gerade auf die Loyalität des Lizenznehmers verlassen können muss. Der Lizenznehmer hat zwar durch die Verwertung des Schutzrechtes besondere Kenntnisse über die technischen und patentrechtlichen Probleme erhalten und wird somit gerade erst durch den Lizenzvertrag in die Lage versetzt, das Schutzrecht ggf. überhaupt erfolgversprechend angreifen zu können.
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Ohne Vereinbarung einer ausdrücklichen Nichtangriffsklausel war der Lizenznehmer regelmäßig nicht daran gehindert, gegen das Schutzrecht vorzugehen,203 es sei denn, eine solche Abrede ergäbe sich aus den Umständen des Vertrages mit großer Deutlichkeit.
Unterschiede bei der Beurteilung der Nichtangriffsverpflichtung bei einfachen und ausschließlichen Lizenzen ergeben sich nicht.
Nichtangriffsverpflichtungen waren nach deutschem Kartellrecht zulässig204 und sind nach der – sehr extensiven – Beurteilung der EG-Kommission nach europäischem bisherigen und zukünftigen Kartellrecht jedoch nur bedingt zulässig. Ab dem 1.7.2005 verweist § 22 GWB n.F. auf das europäische Kartellrecht.205
4. Abreden über den Schutzumfang
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Der Schutzumfang eines Patentes liegt zuweilen nicht zweifelsfrei fest. Zur Vermeidung von Streitigkeiten zwischen den Vertragspartnern kann es sich daher empfehlen, Vereinbarungen darüber zu treffen, welchen Schutzumfang die Vertragspartner zugrunde legen. Häufig sollen gerade auch durch einen Lizenzvertrag Streitigkeiten über den Schutzumfang beseitigt werden.206 Hierbei werden meist nicht ausdrückliche Zusicherungen, sondern Formulierungen verwendet wie z.B. „wird von der Erfindung gedeckt“, „ist mitgeschützt“ u.Ä.
Derartige Vereinbarungen über den Schutzumfang des lizenzierten Rechtes sind grundsätzlich zulässig.207 Dies gilt jedenfalls, wenn beide Parteien in der Vorstellung handelten, den Schutzbereich des Schutzrechtes nur klarzustellen und nicht zu erweitern oder ein offenbar vernichtbares Patent aufrechtzuerhalten.208
190 §§ 17, 20 Abs. 1 Nr. 3 PatG, § 14 Gebrauchsmustergesetz. 191 Für die herrschende Meinung vgl. z.B. Klauer/Möhring, PatG, Rn. 79 zu § 9; Lüdecke/Fischer, C 85; Rasch, S. 53 und Henn, Rn. 273 f.; ebenso wie hier Kraßer, GRUR Int. 1982, 324, 330; Benkard, PatG, Rn. 152 zu § 15. 192 Vgl. dazu unter Rn. 266 f., 270. 193 RGRK, Rn. 1 zu § 545; Palandt/Weidenkaff, Anm. 1 zu § 536c; Henn, Rn. 273. 194