Abschnitt 1 – Perspektive Arbeitgeber
I. Einleitung
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Aus Sicht des Arbeitgebers liegt der Fokus bei der Bildung von Vergütungsgruppen auf der Wahrung einer gewissen Flexibilität. Dies gilt auch, falls die Vergütungsgruppen durch eine Einigungsstelle definiert werden. Äußerste Grenze bilden hier jeweils Vergütungsgruppen, die so eng definiert sind, dass praktisch jeweils das konkrete Gehalt mit festgelegt wird, was sicher nicht mehr von der Spruchkompetenz der Einigungsstelle umfasst ist.
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Auf der anderen Seite hat der Arbeitgeber jedoch auch ein Interesse daran, möglichst eindeutige Kriterien für die Eingruppierung und ggf. die Positionierung im Gehaltsband festzulegen. Andernfalls droht bei jeder Neueinstellung/Beförderung ein Streit über die zutreffende Eingruppierung.
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Das sich daraus ergebende Spannungsfeld soll – aufbauend auf dem Beitrag des Kollegen Müller (Kap. B, Abschnitt 2) – näher beleuchtet werden.
II. Tarifgebundene Unternehmen
1. Grundsatz: Mitbestimmung hinsichtlich Vergütungsgruppen ausgeschlossen
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In tarifgebundenen Unternehmen wird der Betriebsrat bei der Bildung von Vergütungsgruppen nur selten nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmen. Die Tarifparteien bilden Vergütungsgruppen in der Regel selbst, sodass betriebliche Regelungen nach dem Einleitungssatz des § 87 Abs. 1 BetrVG gesperrt sind.
2. Ausnahme: Fehlende Regelung durch die Tarifparteien
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Die seitens Müller angesprochene Entscheidung des LAG Düsseldorf1 betrifft insoweit einen Ausnahmefall. Die Tarifparteien des anwendbaren Haustarifs hatten dort Gehaltsbänder mit einer Spanne von teilweise über 1.000 EUR vorgesehen, ohne Anhaltspunkte für die erste Positionierung im Band bzw. den weiteren Aufstieg festzulegen. Nach Angaben des LAG Düsseldorf umfasste damit allein das Band der obersten Gehaltsgruppe nahezu die komplette Spannbreite der vier unteren Gehaltsstufen. Eine nähere Bestimmung durch die Tarifparteien war weder geplant noch absehbar.
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Überzeugend geht das LAG Düsseldorf in diesem Fall von einer Mitbestimmung bei Bestimmung der Kriterien zur Positionierung im Band aus.2 Weder haben die Tarifparteien in diesem Fall eine abschließende Regelung getroffen, noch ist eine solche Regelung zu erwarten oder absehbar, sodass auch die Schranke des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht entgegensteht.
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Zu Recht lässt das LAG Düsseldorf jedoch offen, ob auch die von der Einigungsstelle beschlossene Einführung von Stufen innerhalb des Gehaltsbandes etc. zulässig wäre und verweist darauf, dass eine Regelung, die konkret die Lohnhöhe festlegt oder zu einer zwingenden Erhöhung des Gesamtbudgets für Vergütung führt nicht zulässig wäre.3
3. Keine Festlegung des konkreten Gehalts durch die Einigungsstelle
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Nicht zuzustimmen ist dem LAG Düsseldorf allerdings, soweit es ausführt, die Tarifparteien hätten mit der Bestimmung von Gehaltsbändern das Budget bereits in Höhe des oberen Endes des Gehaltsbandes für alle Arbeitnehmer dieser Tarifgruppe festgelegt.4 Sinn und Zweck eines Gehaltsbandes ist es gerade, eine gewisse Varianz innerhalb der Tarifgruppe zuzulassen, weshalb die Tarifparteien das Budget dieser Tarifgruppe nicht mit dem Maximum für sämtliche dort eingruppierten Arbeitnehmer festgelegt haben. Ein Spruch der Einigungsstelle, der sämtliche Arbeitnehmer dieser Tarifgruppe auf das obere Ende des Bandes platzieren würde, wäre daher erkennbar rechtsfehlerhaft. Das Mitbestimmungsrecht und damit die Entscheidungskompetenz der Einigungsstelle umfassen nämlich gerade nicht die Festlegung des Geldfaktors.5
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Um Streitigkeiten über das zur Verfügung stehende Budget zu vermeiden, bietet es sich an, im Tarifvertrag eine Regelung dazu aufzunehmen, etwa in Form einer Normalverteilung o.Ä.
4. Einheitliche Regelung im (Haus-)Tarifvertrag sinnvoll
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Überhaupt zeigt sich, dass es aus Sicht des Arbeitgebers sinnvoll ist, möglichst viele Aspekte bereits im Tarifvertrag zu regeln, um zu einem ausgewogenen und konsistenten Regelwerk zu gelangen. Andernfalls droht die Gefahr einer „Unwucht“ durch zwei übereinanderliegende Regelwerke mit zwei verschiedenen Partnern.
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Insbesondere bei einem Haustarifvertrag kann durch eine abschließende Regelung im Tarifvertrag auch eine gewisse Flexibilität für den Arbeitgeber bei der Einordnung im Gehaltsband sichergestellt werden.
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Zu Recht betont nämlich die Rechtsprechung, dass eine Mitbestimmung ergänzend zum Tarifvertrag nur in Betracht kommt, wenn die Tarifparteien keine abschließende Regelung getroffen haben.6 Dabei scheidet zwar eine bloße Negativregelung zur Sperre der Mitbestimmung des Betriebsrats aus.7 Falls die Tarifparteien jedoch eine Regelung treffen, in der sie die grundsätzlichen Eckdaten auch für die Positionierung im Gehaltsband festlegen und dabei deutlich machen, dass die weitergehende Konkretisierung dem Arbeitgeber überlassen bleiben soll, ist diese Regelung nicht zu beanstanden.8 Für ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bleibt dann kein Raum mehr.
III. Nicht tarifgebundene Unternehmen
1. Grundsatz: Volle Mitbestimmung bei Aufstellung der Vergütungsgruppen
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Sehr viel weiter reichen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in nicht tarifgebundenen Unternehmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG sind die Betriebsparteien in solchen Fällen grundsätzlich berufen, anstelle der Tarifparteien Vergütungsgruppen