Torsten Riecke
Europas Stunde
Der Kampf der großen Mächte und die Renaissance eines unterschätzten Kontinents
Orell Füssli Verlag, www.ofv.ch
© 2020 Orell Füssli AG, Zürich
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Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich
ISBN 978-3-280-05725-4
eISBN 978-3-280-09105-0
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter www.dnb.de abrufbar.
Inhalt
Teil I: Aufstieg und Fall der großen Mächte im digitalen Zeitalter
Die GoT-Formel der Weltpolitik
Das Ende des amerikanischen Zeitalters und die überkochende Wut der Verlierer
China und das Gesetz ökonomischer und politischer Schwerkraft
Russland: Scheinriese und Störenfried
Darwin – der neue Joker im geopolitischen Machtpoker
Beim Geld fängt die Freundschaft an
Renaissance eines unterschätzten Kontinents
Vorwort
»Es gibt Jahrzehnte, in denen nichts geschieht; und es gibt Wochen, in denen so viel geschieht wie sonst nur in Jahrzehnten.« Dieses alte Lenin-Zitat aus der stürmischen Zeit der Russischen Revolution beschreibt ganz gut die atemberaubenden Veränderungen unserer Gegenwart. Bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie Anfang 2020 hatten politische Krisen, wirtschaftliche Umbrüche und die digitale Revolution das gefühlte Tempo unserer Zeitläufe so deutlich erhöht, dass Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Eindruck hatte, die Welt gerate aus den Fugen. Handelskriege, Klimawandel, Bürgerkriege, Massenmigration, wirtschaftlicher Nationalismus, autoritärer Populismus, der Zerfall des Westens, die Dauerkrise Europas, der Aufstieg Chinas, der Abstieg Amerikas, der Wettlauf beider Großmächte um technologische Dominanz, das vermeintliche Ende der Globalisierung. »Keine Atempause, Geschichte wird gemacht.« Mit diesen Worten hatte die deutsche Rockband »Fehlfarben« bereits 1982 den schon damals als atemlos empfundenen Zeitgeist beschrieben. Rückblickend erscheinen uns die 1980er-Jahre jedoch wie eine Epoche in Zeitlupe. Ob das hohe Tempo der jüngsten Veränderungen dem Fortschritt Beine machen wird, muss man allerdings bezweifeln. Vieles von dem, was uns momentan schwindelig werden lässt, ist nicht unbedingt ein Schritt in eine bessere Welt.
Zu Beginn der dritten Dekade des 21. Jahrhunderts sieht sich Europa drei globalen Disruptionen gegenüber, die miteinander eng verknüpft sind und sein Schicksal für den Rest des Jahrhunderts bestimmen werden: einer technologischen Revolution, die unseren Alltag, unsere Arbeit und das Zusammenleben der Völker in noch nie dagewesenem Ausmaß und bisher ungekannter Geschwindigkeit verändert. Dieser Technologieschub verschärft einen sich schon länger anbahnenden Kampf der Großmächte USA und China um die geopolitische Dominanz, der Europa vor die Wahl stellt, sich für eine Seite zu entscheiden oder