Vielleicht war das etwas dramatisch, aber er wusste, dass er jemandem wehtun würde, wenn er das Appalachian Medical nicht sofort verließ.
Möglicherweise sich selbst.
Zurück in seiner Wohnung machte Grant sich ein Bier auf und stürzte sich auf seinen Fast-Food-Burger. Er schmeckte wie Sägemehl. Er starrte auf den leeren Fernsehbildschirm. Passend dazu, wie der Tag bisher verlaufen war, war es nicht verwunderlich, dass es nichts gab, was man sich ansehen konnte. Die Kabelfirma hatte anscheinend beschlossen, ihm den Rest zu geben: Zur Wahl standen Trash-TV oder schreiende Politiker, und die einzige Seifenoper, mit der er sich vielleicht den Verstand hätte betäuben können, drehte sich gerade um einen idiotischen Seifenopern-Schwulen, der sich nicht zwischen zwei ebenso hässlichen Verlierern entscheiden konnte.
Grant warf die Fernbedienung auf die andere Seite des Sofas. »Wie auch immer. Schlafen kann er eh mit keinem von beiden. Die American Family Association würde das Studio niederbrennen.«
Er rieb sich die Augen, schüttelte den Kopf und versuchte, die unterschwellige Gereiztheit in den Griff zu bekommen, die ihn durchströmte.
Sein Handy klingelte. Grant warf einen Blick auf das Display und fluchte. »Anderson«, sagte er und nahm den Anruf entgegen.
»Hey, Partner«, sagte Dennis McGraw, sein Stabschef, Ehemann seines besten Freundes und sein Erzfeind schlechthin, fröhlich. »Machst du blau?«
»War der Krankenhaus-Buschfunk so schnell?«, fragte Grant und schüttelte verärgert den Kopf.
»Ja. Es heißt, Dr. Anderson sei heute durchgedreht. Endlich. Überall wird Geld ausgetauscht. Anscheinend gab es schon länger Zweifel, ob du überhaupt ein Mensch bist«, sagte Dennis.
Grant verdrehte die Augen. »Wenn du mich schneidest, blute ich dann nicht?«
»Wir waren uns nicht sicher. Nicht, dass ich so etwas gutheißen würde. Warte mal kurz.« Gedämpft, als spräche er mit jemandem neben sich, fuhr er fort: »Nein, gib mir zwei Zwanziger und zwei Fünfer und ich gebe dir drei Einser und wir sind quitt. Hm? Klar. Okay, ich bin wieder da.«
»Nicht, dass du so etwas gutheißen würdest«, wiederholte Grant.
»Du hast also heute einen Patienten verloren. Mach eine Pause. Erhol dich davon. Wir sehen uns dann morgen.«
Grant legte auf, bevor er etwas erwidern konnte.
Es ging nicht um den Patienten. Na ja, schon, aber die Cafeteria war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Es war sicher nicht der Anblick von Leo, der ihn in die Flucht geschlagen hatte. Sicher, es war unangenehm, seinem Ex so über den Weg zu laufen, aber die letzten vier Weihnachtsbegegnungen hatte er gut überstanden.
Er war schließlich nicht in den Kerl verliebt gewesen. Bis jetzt war sein Herz in dieser Hinsicht rein. Es war zum Glück nie von unkontrollierter Zuneigung befleckt worden. Aber wenn er ehrlich zu sich selbst war, was ihm zugegebenermaßen widerstrebte, wäre es mit Leo beinahe so weit gekommen.
Was, wenn Curtis Banks nicht nach Blountville, North Carolina, zurückgekehrt wäre, um Leo anzuflehen, ihre Highschool-Romanze wiederzubeleben und mit ihm nach Los Angeles zu gehen, wo er Leo eine glänzende Zukunft an der Seite eines aufstrebenden Fernsehstars versprach? Gott allein wusste, ob Grant nicht doch die Kontrolle verloren und sich verliebt hätte.
Er schauderte.
Zum Glück war das nicht passiert. Um ehrlich zu sein, wollte Grant gar nicht daran denken, was hätte passieren können. Er war nie ein Fan von Liebeskummer gewesen. Er fand ihn weder romantisch noch charmant oder sexy. Er bevorzugte saubere Beziehungen, zwanglose Freundschaften mit gutem Sex, ohne die schmerzhafte Zuneigung, die er fast gekostet hatte, bevor sie ihm dann zum Glück verwehrt worden war.
Also nein, Leo war nicht der Grund, warum er das Krankenhaus verlassen hatte. Es waren einfach mehrere Dinge zusammengekommen. Grant schaltete den Fernseher wieder ein und klickte sich erneut durch die Kanäle. Es lief immer noch nichts Gutes. Er hielt bei der Soap inne, verdrehte die Augen und stöhnte auf, als der Seifenopern-Schwule einen der Typen küsste, die ihm nachstellten, während der andere mit tief verletztem Blick um die Ecke sah.
»Verlierer«, murmelte Grant, stellte die leere Bierflasche auf den Couchtisch und lehnte sich zurück, um hoffentlich einzuschlafen. »So ein Verlierer werde ich nie.«
Das melodramatische Anschwellen der charakteristischen Soap-Musik verfolgte ihn bis in seine Träume.
Kapitel 2
Ein paar Tage nach seiner Flucht aus dem Krankenhaus hatte Grant all die Dinge, die sich aufgrund seines plötzlichen Abgangs angestaut hatten, abgearbeitet. Langsam legte sich die Hektik. Dennis McGraw, blond, blauäugig und attraktiv wie eh und je, trieb Grant im Flur in die Enge und beglückwünschte ihn, dass er sich nach seinem Verlust am Montag Zeit für sich selbst genommen hatte.
»Es ist immer schwer, einen Patienten zu verlieren, und ich bin froh, dass du das Richtige getan und dir eine Pause gegönnt hast.«
Grant starrte ihn an und sagte sarkastisch: »Danke für deine Erlaubnis, mein Freund.«
Dennis kniff die Augen zusammen. Die Provokation war ihm nicht entgangen. »Alec lässt dich grüßen.« Das war seine Art, Grant an einen wichtigen Grund zu erinnern, warum sie sich nicht streiten sollten.
»Natürlich tut er das.«
Dennis seufzte. »Musst du so sein? Ich weiß, du denkst, ich bin nicht gut genug für ihn, aber Alec ist glücklich.«
»Glücklich heißt nicht unbedingt glücklich.«
»Lass uns nicht wieder damit anfangen.«
»Du hast damit angefangen.«
In diesem Moment kamen ein paar Krankenpfleger vorbei und sie gingen beide ihrer Wege. Dennis und er waren übereingekommen, dass ein Streit vor dem Personal die Arbeitsmoral beeinträchtigen könnte. Obwohl Grant sich nicht um die Arbeitsmoral scherte, solange die Patienten nicht starben und wieder gesund wurden, hatte Dennis ihn mit einigen bedauerlich glaubwürdigen Statistiken davon überzeugt, dass beides zusammenhing.
Und es ging nicht darum, dass Dennis nicht gut genug für Alec war, sondern darum, dass er wirklich nicht gut genug für Alec war. Er hatte eine Beziehung mit ihm begonnen, als er noch mit einer Frau verheiratet gewesen war und die Scheidung über ein Jahr lang hinausgezögert, was Alec tief verletzt hatte. Wie sollte Grant das verzeihen, nur weil Dennis sich am Ende für Alec entschieden und letztendlich ihn geheiratet hatte? Trauzeuge zu sein, war eines der schwierigsten Dinge, die er je getan hatte, aber er hatte es wenigstens geschafft, den Mund zu halten, als der Trauredner fragte, ob jemand einen Grund wüsste, der gegen die Ehe spräche.
Außerdem hatte Dennis ihm den Posten des Stabschefs weggeschnappt. Er hatte ihn in der Tasche gehabt, bis Dennis seinen Namen in den Hut geworfen hatte. Zumindest glaubte er das gern. Alec sagte, er habe Wahnvorstellungen, aber Grant wusste, dass er das Zeug zur Führungskraft hatte.
Grant schob diese Gedanken beiseite und nahm sich vor, beim nächsten Mal netter zu Dennis zu sein, um der Belegschaft willen, und wegen Alec. Vielleicht würde er sogar ein halbwegs aufrichtiges Lächeln zustande bringen. Das würde zumindest Alec glücklich machen. Und seltsamerweise machte Grant Alec gern glücklich. Ihre Freundschaft war eine der wenigen wichtigen Beziehungen in seinem Leben.
Danach verging der Tag wie im Fluge. Grants Patienten waren zur Abwechslung