Mittendrin und am Rande – Lebenserinnerungen eines Vertriebenen. József Wieszt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: József Wieszt
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783991310266
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„Ein Zweig der Familie Wiest wurde wegen des Bauchumfangs der männlichen Familienmitglieder mit dem Necknamen die ‚Waumbadn‘ (Wamme: oberdeutsch ‚Bauch‘, wammig, ‚bauchig‘) von den dünnen Wiests unterschieden.“3

      Die in Zsambék residierenden Grafen von Zichy (gesprochen Sitschi) waren zu dieser Zeit die Grundherren. Sie förderten die Einwanderung aus Deutschland. Ihr schönes Schloss in Zsambék existiert heute noch.

      Erstmals tauchen in den Listen von 1770 auch ein Gregorius Khop und ein Laurentius Khop auf. Damit ist zu dieser Zeit auch schon der Name Kopp in Perbál vertreten. Von der Kopp-Linie stammt unsere Mutter ab. Diese Kopps könnten unsere Vorfahren von der Mutterseite sein.

      In dieser Liste findet sich ebenfalls ein Jakob Wüest. (Die Schreibweise Wüst, Wüest und Wiest, taucht anfangs parallel auf, später Wiest und Wieszt sowie Viszt und Vieszt. Das „Z“ kam erst durch die ungarische Schreibweise in unseren Namen.

      Für mich ist damit erwiesen, dass die Familien unserer Vorfahren (Vater Wiest) seit 1691 in Pilisvörösvár bzw. (Mutter Kopp) seit Beginn des 18. Jahrhunderts in Perbál oder seiner unmittelbaren Nachbarschaft lebten. Sie gehörten mit einzelnen Ausnahmen nicht zu den reichen Bauern. Objektiv betrachtet, sind sie nicht dauerhaft in diese Schicht aufgestiegen. Sie blieben entweder stets kleine Bauern und Händler oder verloren durch widrige Umstände oder Fehlentscheidungen ihr Vermögen wieder. Es war aber nicht so, dass unsere Eltern mit ihrem Schicksal haderten und sich als arme Leute ansahen. Sie waren stolz auf das, was sie sich erarbeitetet haben. Strebsame Leute waren sie, die ihre Selbstachtung nicht zuletzt von ihrem durch fleißige Arbeit erworbenen Besitz herleiteten. Jedoch hätte unsere Mutter gern mehr davon gehabt. Ständig haderte sie mit unserem Vater, weil er nicht mehr verdiente. Aus der familiären Überlieferung wusste unser Vater Folgendes zu berichten:

      Unser Vater berichtete: „Von den ersten Einwanderern ist in Perbál/Zsambék nur einer übrig geblieben. Er heiratete eine Ungarin aus Zsambék. Neue Kolonisten kamen in diese Orte. Auch von ihnen starben viele. Erst von der dritten Einwanderungswelle überlebten die meisten.“ Folgender Spruch ist in den ungarndeutschen Familien heute noch bekannt. „Den Ersten der Tod. Den Zweiten die Not. Den Dritten das Brot.“ Es dauerte Generationen, bevor aus diesen ersten behelfsmäßigen Ansiedlungen die schmucken „Schwabendörfer“ in einem Ring um Budapest herum entstanden.

      Unser Vater erzählte weiter: „Mein Großvater, war auch ein Franz Wiest. Er hat Wechsel unterschrieben, die er nicht einlösen konnte. So hat er seinen Grund, eine ‚Halbsession‘, verloren. Meine Großmutter war eine geborene Dietrich. Ihr Vater war ein Schmied. Sie war seine einzige Tochter und heiratete einen Josef Fress.

      Der war wohlhabend. Er arbeitete bei den Husaren als Dolmetscher für die Ungarn. Die Landessprache hatte er bei einer ungarischen Familie in Raab (Györ) als Austauschkind gelernt, ein Jahr lang. Die Kinder der ungarischen Familie waren in dieser Zeit in Perbál und lernten deutsch. Das war damals ein übliches Verfahren, um die Kinder mit den beiden wichtigen Sprachen im Land vertraut zu machen. Nach seiner Soldatenzeit hatte sich mein Fress Opa von einem Grafen eine Landwirtschaft in Diner (Tinye) gepachtet, 300 Joch. Alle mussten auf den Feldern mithelfen. In der vorderen Stube war der Mais (Guckrutz) bis unter die Decke gestapelt. Gedroschen wurde bis Weihnachten, nicht der Mais, der wurde von dem Kolben geraspelt. Seine Ernte verkaufte der Fress Opa in Raab an Juden. Der Vater eures Kopp-Opas war an dem Geschäft beteiligt.

      Die Kinder des Frommen Joob (vermutlich hieß er auch Wiest Lorenz) waren Franz: der Vater unseres Onkels Franz Wiest. Er war bei der Gemeinde angestellt als Jäger, Waldaufseher und Feldhüter. Er trank gern. In hohem Alter starb er in Roda.

      Lorenz: unser Wiest Opa, geb. am 2. September 1889 in Perbál. Er starb am 31. Januar 1948 im Krankenhaus in Frankenberg/Eder nach einer Operation an einer „Darmverschlingung“. Vater sagte, er sei am Dünndarm operiert worden. Den Darm habe man falsch zusammengenäht, daran sei er gestorben.

      Unsere Wiest Großeltern hatten folgende Kinder:

       Lorenz, unseren Vater, geb. am 21. Juli 1917, gestorben am 9.12.2001.

       Josef, geb. 1920, gestorben am 28.10.1941 bei Leningrad, in Karelien.

       Franz, geb. 1922, gestorben (vermisst seit 16.11.1941 in Karelien).

      Sie lebten zunächst zur Miete („in Zins“), danach im Haus des Fress-Opas in der Jägerstraße 5 in Perbál. Unser Vater sagte zunächst, es sei in der „Gurgel“ gestanden, dann verneinte er das wieder.

      Unserer Schwester Maria hat er bei ihrem gemeinsamen Besuch in Perbál eine alte „Wohnhöhle“ in der Gurgel gezeigt, in der seine Großeltern noch gewohnt haben sollen. Unter einer Wohnhöhle muss man sich einen oder mehrere in eine Lehmwand hineingegrabene Räume vorstellen. Es gibt solche Wohnhöhlen heute noch in Spanien. Einige wurden dort als Pensionen oder Hotels ausgebaut. Selbstverständlich haben Letztere Strom und Wasser. Die Wohnhöhlen in Perbál hatten das mit Sicherheit nicht. Diese Großeltern hatten zwei, drei Kühe, Schweine (Sau), Gänse und Hühner. Ein Pferd hatten sie nicht. Jemand pflügte für sie. Das mussten sie abarbeiten

      Zwei Verwandte unseres Vaters, hatten je eine Dreschmaschine. Als Lohn für das Dreschen mussten die Bauern „an Kern“ bezahlen, vermutlich 1/10 der jeweils gedroschenen Menge, Hafer, Weizen, Gerste, Roggen (Draat). Der Roggen, das „Draat“ wurde angebaut wegen „Bandelmoche“. D.h., aus dem längeren Roggenstroh drehte man Strohseile (Bandel), mit denen die Garben der anderen Getreidesorten mit kürzerem Stroh zusammengebunden wurden, v.a. des Weizens.

      Vaters Fress-Opa hatte eine Dreschmaschine, die von 3 Pferden angetrieben wurde (Göpel?). Die Kinder mussten die Pferde im Kreis herumtreiben. In der Mitte stand ein Pflock mit einem quer liegenden Rad daran. Von ihm lief ein Transformationsriemen zu einem weiteren Rad (aufrecht stehend), mit dem die Dreschmaschine angetrieben wurde. Soweit die Erzählung unseres Vaters.

      Nach einer Abstammungstafel (Számaszási táblázat), ausgestellt in Budapest am 8. Januar 1943 (Kopie in meinem Besitz) sieht unsere Abstammung offiziell wie folgt aus: Linie des Großvaters (Wieszt):

      1 Wieszt Ferenc, geb. 2.6.1861 in Perbál, heiratet am 19.September 1883 in Perbál.

      2 Kaiser