Im Licht des Mondes
Skip und Mick
Von A. Cayden
1. Auflage: Februar 2018
Copyright by A. Cayden, Alexandra Kraus
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Autorin A. Cayden
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Die Handlung und die handelnden Personen dieser Geschichte sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ist nicht beabsichtigt und wäre rein zufällig.
Widmung
Für die Person, von der ich nicht weiß, ob ich sie noch erreichen kann.
Prolog – Die Suche
Ich sitze hier und fühl mich leer,
wenn das so weitergeht, kann ich nicht mehr.
Für jeden soll es jemanden geben,
damit es sich lohnt, frei und fröhlich zu leben.
Allein ist der Mensch nicht vollkommen
Ohne seine zweite Hälfte ist er zerronnen.
Auch die Hartgesottenen auf der Welt
brauchen jemanden, der zu ihnen hält.
Der Regen prasselt auf mich nieder
und die Luft ist voll trauriger Lieder.
Wo ist der Mensch, der zu mir hält?
Wo ist der Mensch, damit mir das Leben gefällt?
Ich bin seit Jahren auf der Suche nach dir
und hoffe, du suchst ebenso nach mir.
Eines Tages werden wir uns hoffentlich begegnen,
denn ohne dich ist das hier kein Leben.
Wo und wer immer du auch bist,
warte auf mich – denn ich brauche, ich liebe dich.
Kapitel 1
Mick:
Geschafft! Erleichtert schließe ich den Werkzeugkasten und wische mir den Schweiß aus der Stirn. Die Reparatur hat länger gedauert als angenommen. Schnell suche ich meine Sachen zusammen und spurte in das kleine WC für Angestellte. Automatisch greife ich nach dem alten Lichtschalter und mit einem zischenden ZAWAFF wird der schmuddelige Toilettenraum von dem matten Licht der losen Glühbirne an der rissigen Decke beleuchtet. Mein Blick fällt zuerst in den mit Fettflecken beschmutzten Spiegel, obwohl ich das hatte vermeiden wollen, denn das, was ich darin sehe, gefällt mir nicht. Das war schon immer so. Ein müdes mit Motoröl verschmiertes Gesicht mit trüben und hellgrünen Augen starrt mir entgegen. Ich gehe etwas näher heran. Nur ein bisschen, mehr brauche ich nicht um zu erkennen, dass in beiden Augen Äderchen geplatzt sind. Kein Weiß ist mehr zu sehen, einfach nur ein milchig und unnatürlich erscheinendes Rot. Leise seufze ich auf und fahre mir durch mein hellbraunes Haar, welches durch die stundenlange Arbeit, dem Öl und der Wärme, völlig strähnig geworden ist. Schnell wende ich mich von dem deprimierenden Bild ab und drehe den Wasserhahn auf. Ich warte ungefähr eine Minute, bis die dickflüssige braune Brühe dem klaren, kalten Wasser weicht und hebe meine dreckigen Hände darunter. Ein schwarzer Strudel bildet sich im Waschbecken, ein dunkler Sog ins Nichts. Gähnend schrubbe ich meine Hände und danach mein ausgezerrtes Gesicht. Wenngleich ich so müde bin, würde ich liebend gern noch zehn weitere Autos reparieren. Mir graut vor dem Nachhauseweg und vor allen Dingen vor meiner leeren Wohnung, die mich erwartet. Schon allein der Gedanke daran lässt meine Glieder schwerer werde. Ich beiße mir intuitiv auf die Unterlippe und schüttle den Kopf, so als könne ich den Gedanken damit vertreiben. Es wird nichts bringen, darüber nachzudenken. Ich muss meinen Blick nach vorne richten. Auch dieser Tag neigt sich dem Ende und er wird bald vorbei sein. Entschlossen knipse ich das Licht aus und verlasse die Toilette. Am besten keine Zeit verlieren, denn nachts sind die Straßen gefährlich und nur Gesindel wagt sich für gewöhnlich nach draußen. Hastig schnappe ich mir meine Jeansjacke und meine klobige Umhängetasche und verlasse die Werkstatt. Ich brauche nicht nachzusehen, ob noch jemand arbeitet, denn ich bin so gut wie immer der Letzte und drinnen brennt keine Lampe mehr. Behände schließe ich die Tür ab und mache mich auf den Weg zur Straßenbahnhaltestelle, die in der Innenstadt auf der Hauptstraße liegt. Die breiten, porösen Straßen werden von dem grellen Licht der halb zerfallenen Laternen beleuchtet und bieten einen trostlosen Anblick. Ich muss ungefähr fünf Minuten zu Fuß zurücklegen, um zu dem belebteren Viertel zu gelangen. Diese wenigen Minuten sind jedes Mal besonders kostbar, denn in dem kurzen Augenblick kann ich meinen Gedanken freien Lauf lassen und entspannen. Auf der Strecke gibt es, außer der brüchigen Straße, alten Laternen und trockener Erde, nichts. Ich atme tief durch und genieße den Moment, in dem mich die kühle Nachtluft nach dem langen Arbeitstag willkommen heißt, wie eine Mutter ihr wiedergefundenes Kind. Die Sterne erleuchten das Himmelszelt und bilden das einzig schöne Bild in der heruntergekommenen Gegend. Ich reibe mir kurz die trockenen Augen und erfreue mich noch einmal an den glänzenden Punkten, dann wende ich meine Aufmerksamkeit meiner Umgebung zu. Ich komme nun in die Innenstadt. Der plattierte, graue Boden geht hier über in grobe Reste von einstmals buntem Kopfsteinpflaster. Wie schön muss die Fußgängerzone in früheren Zeiten erstrahlt haben. Viele Betonbauten mit farbenprächtig geschmückten Schaufenstern, die Straßen voller fröhlicher Leute, die ihren Einkäufen nachgegangen waren und dem Brummen und Klingen fahrender Straßenbahnen in leuchtendem Gelb. Doch ich hatte nie das Glück, die Stadt ihn ihrer damaligen Pracht zu sehen. Ich kenne sie nur als die übergroße, nicht enden wollende Baracke: Die einst hohen Gebäude sind abbruchreif, zum größten Teil eingestürzt mit eingeschlagenen Fensterscheiben und klaffenden Löchern in den verschmutzten Wänden und Mauerwerk. Die Straßen sind überflutet von Müll, haben ihre gesamte Schönheit eingebüßt und können der Nacht danken, dass die Dunkelheit sie versucht zu verschleiern, denn die schwachen Laternen lassen das nicht vollständig zu. Doch selbst wenn die Finsternis Erfolg hätte, die traurige Szenerie zu überschatten, den Gestank von Urin, Verwesung und verbrannten Unrat, der sich jedes Mal penetrant in meine Nase brennt, hätte sie nicht verbergen können. Aufmerksam lasse ich meine Augen die Ecken absuchen und trotz der an mir zerrenden Müdigkeit und der schlechten Lichtverhältnisse kann ich die vereinzelten Gruppen und Gauner sofort ausfindig machen. Heute scheinen es besonders viele zu sein. Dicht gedrängt stehen sie in den Seitengassen und taxieren die Straßen mit ihren gierigen Blicken, auf der Suche nach leichter Beute oder einem guten Kampf. Vorsorglich mache ich einen Bogen um die Meuten, bemüht, meine Schrittgeschwindigkeit nicht zu verändern und selbstbewusst zu wirken. Die Kunst nicht hervorzuragen liegt darin, sich den Menschen und der Umgebung anzupassen und jede noch so kleine Auffälligkeit zu vermeiden. Außerdem kenne ich die Gassen hier fast in- und auswendig, sodass ich genau weiß, wann ich wo hinsehen muss. Der Anfang war schwer gewesen, doch mit der Zeit hatte ich den Dreh rausbekommen. So konnte ich mich halten, obwohl ich nicht gerade der Stärkste oder Schnellste bin. Natürlich gehört die morgendliche Fitness dazu, aber es ist nicht schwer, in Städten wie dieser jemanden zu finden, der stärker und schneller ist als man selbst. Vorsichtig gehe ich den Betrunkenen aus dem Weg, die mir entgegentaumeln wie angeschossene Tiere. Ich möchte jede Konfrontation vermeiden, bloß keinen Anlass für Streit bieten. Auch wenn es sich hierbei um überwiegend alte Männer handelt, sind die meist unberechenbar und ruckzuck hat man ein Messer in den Rippen. Abgesehen davon