Nein, ein Ausgeliefertsein, falls sich andere Staaten nicht an die Ethik halten (die meisten werden es aus guten Gründen tun), wird niemand riskieren wollen. Deshalb ist ein Welt-Ethik-Verteidigungsbündnis mit einer Welt-Ethik-Armee (Siehe Konzeptimpuls «Welt-Ethik-Interventionsarmee»,) unumgänglich. Den Vorläufer davon finden wir in den UN-Friedenstruppen.
Und wie soll nun von dieser Charta, die alle ethischen Bedingungen beinhaltet, eine Kraft ausgehen, die alle Vergehen gegen den Weltfrieden unterbindet?
Das kann eine Charta tatsächlich nicht, so wie ein Gesetzbuch nicht in der Lage ist, Kriminelle zu verhaften. Dazu benötigen wir ein zweites Instrument, die Welt-Ethik-Chronik.
Die Welt-Ethik-Chronik
Generell erfasst eine Chronik geschichtliche Ereignisse in genauer zeitlicher Reihenfolge. Sie dient einer möglichst objektiven Dokumentation von Hergängen und liefert damit unter vielem anderen auch ein Bewusstsein von Identität.
Jede Chronik wurde einmal begonnen und startet in der Regel mit einer Zustandsbeschreibung der Aspekte, auf denen die Dokumentation aufbaut.
So auch bei der Welt-Ethik-Chronik. Jede Ethnie, jeder Staat bekommt eine Datenbank mit verschiedenen Plattformen. Auf der ersten Daten-Plattform ist die geschichtliche Entwicklung festgehalten (objektiviert und von verzerrenden Epen entrümpelt). Das ist bereits die Feuerprobe.
Jede Kultur hat ihre dunklen Seiten. Wer sie nicht sehen will und verleugnet, richtet damit grossen Schaden für die ethische Entwicklung seiner Gesellschaften an (auch das würde in der Chronik festgehalten).
Die zweite Daten-Plattform dokumentiert ein umfassendes Bild der Gegenwart mit den wichtigsten Beziehungen zur jüngsten Vergangenheit (ca. 100 Jahre).
Diese Istzustand-Plattform ist der entscheidende Ausgangspunkt für die Bewertung der weiteren Entwicklung dieses Staates oder dieser Ethnie. Weil alle Ethnien inzwischen in Staatswesen eingebunden sind oder sich zumindest in einem aufhalten wie beispielsweise die Sinti und Roma, sind auch die gegenseitigen Wirkungen von grosser Bedeutung. "Sag mir, wie du mit deinen Minderheiten umgehst, und ich sage dir, wie es um deine Ethik bestellt ist."
Cirka alle fünfzehn Jahre würde auf einer neuen Plattform die Entwicklung der jeweiligen Gesellschaft dokumentiert, also jeder ihrer Schritte ins Integrative oder Destruktive.
Der Einwand, dass eine objektive Analyse einen gewissen Abstand braucht, und auch eine seriöse Erstellung Zeit benötigt, ist richtig. Die Analyse wird aus einem Abstand von 10 Jahren erarbeitet und durchleuchtet den Zeitraum der davorliegenden 10 Jahre. Das würde bedeuten, dass die Zehnjahresanalyse von 2010 den Zeitraum von 1990 bis 2000 beträfe.
Natürlich wäre zu befürchten, dass, wenn es wie im Fall USA, Russland oder China viel unter den Tisch zu wischen gäbe, die Mächtigen eine solche Bilanz verhindern wollen.
Tatsächlich würde das auf politischer wie wirtschaftlicher und religiöser Ebene wenig Freude auslösen. Deshalb gilt, schon aus Fairnessgründen, die Beurteilung des persönlichen Wirkens von Mächtigen erst zehn Jahre nach deren Machtniederlegung, also im Falle G.W. Bush ab dem Jahr 2018. Je grösser die Wahrscheilichkeit, dass Mächtige die Bilanz ihres Einflusses erleben, desto stärker der Effekt.
Das Welt-Ethik-Judgement
Würden wir es dabei belassen, läge die Publikation und damit die öffentliche Diskussion weitgehend in den Händen der Medien.
Das Welt-Ethik-Judgement verhindert als drittes Instrument diese Einschränkung. Jeder kann sich im Internet auf dieser dritten Plattform über die Entwicklungsbilanzen informieren.
Gleichzeitig wird ein Voting-Tool zur Verfügung gestellt. Diese Stimmabgabe würde zum Barometer der öffentlichen Wertschätzung. Jeder Mensch kann zu allen aufgeführten Aspekten (politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen bis hin zu einzelnen Firmen oder Personen mit übergeordneter gesellschaftlicher Macht) innerhalb eines Monats einmal pro Aspekt seine Bewertung abgeben.
Diese Voten sind natürlich genauso subjektiv wie bei unseren demokratischen Wahlen. Ein Objektivierungsmechanismus kann mit der Zählung von Voten erreicht werden. Wenn beispielsweise 20 verärgerte Mitarbeiter mit ihrem sozialen Umfeld 200 negative Voten für die Bewertung einer Unternehmenskultur aufbringen, ist das anders zu werten, als wenn es aus 20 Ländern 800'000 der 2 Millionen Voten sind, die in einem Monat (also aktuell) entstehen.
Der Verlauf öffentlicher Wertschätzungen liesse sich wie ein Börsenkurs auf der Zeitachse darstellen.
Damit sind wir bei der vollständigen Wirkung angekommen. Sie werden es inzwischen bemerkt haben, worauf das Ganze hinausläuft – auf die Ehre, das Image.
Gesellschaften holen sich ihre Identität aus der eigenen Historie, der eigenen Entwicklung. Sie wollen sich gegenüber anderen Gesellschaften aufrecht und erfolgreich zeigen können.
Das Wirken der Administration G.W. Bush hat US-Amerika weltweit viel Ansehen gekostet und damit auch Selbstbewusstsein. Wenn jetzt aber eine Welt-Ethik-Chronik jede Form der Schönmalerei, Verdrängung oder Verleugnung verunmöglicht, wird die Sache hochnot peinlich.
Peinlich auch für die Familie Bush und deren Nachkommen. So entstünde ein Mahnbild. Ich wähle das Beispiel Bush, weil eine grosse Zahl von Fehlern und Versäumnissen für jedermann derart auf dem Präsentierteller liegen, dass der Effekt mühelos nachzuvollziehen ist.
Auch Herr Sarkozy liefert ein gutes Beispiel. Haben seine Vorgänger noch meist kulturelle Ruhmeshallen erbauen lassen, will er ganz Paris umgestalten, um eine glanzvolle Erinnerung zu erzwingen, obwohl sich Frankreich in einer ökonomischen Krise befand.
Die Welt-Ethik-Chronik wird aber in knapper Form festhalten, was seine Aktivitäten in ganz Frankreich und dem Rest der Welt bewirkten.
Die Wirkung einer möglichen Demütigung als Mahnbild trifft auf alle Mächtigen dieser Welt zu. Auch auf jene der Wirtschaft. Es wird nicht mehr reichen, am Ende seiner Tätigkeit eine wohltätige Stiftung zu gründen, um vorgefallene Verfehlungen zu kaschieren. Womit ich keineswegs unterstelle, dass so etwas auf alle Stifter zuträfe. Aber was auch immer versucht wird, das eigene Image aufzupolieren, angesichts der Welt-Ethik-Chronik nützt das nichts. Auch nicht den Religionsmächtigen.
Ist das Ächtungsprinzip und seine mächtige Wirkung nachvollziehbar? Doch diese Einseitigkeit wäre nicht nur unfair, man würde damit auch einen wichtigen Teil der Durchsetzungskraft verschenken. Nämlich den Aspekt der rühmlichen Vorbilder.
Alle Menschen, die sich durch Verbesserungen der Integration, sozialen Qualität, wirtschaftlichen Fairness oder der umweltbedingten Überlebenschancen verdient machten, werden die grossen Vorbilder in den Geschichtsbüchern. Denn die von internationalen Experten erstellten Analysen wären gleichzeitig verbindlich für den Geschichtsunterricht in den Schulen. So bekommt die Weltgemeinschaft ein intervallmässig aktualisiertes Bild über ihre Vor- und Mahnbilder.
Natürlich kann es sein, dass Staatsverwaltungen die Analyseergebnisse über ihre Gesellschaft zugunsten eigener Legenden aus dem Unterricht verbannen wollen.
Das passierte vor nicht all zu langer Zeit in Russland. Aber in unserer heutigen Informationsgesellschaft wird das, wie in diesem Fall, sehr schnell publik. Wie peinlich, wenn ein Staat durch die Schönfärberei der schrecklichen Vergangenheit derart intensiv auf seine Schwächen hinweist.
Sie sehen, mit dem Zusammenspiel der Welt-Ethik-Charta und der Welt-Ethik-Chronik befinden sich alle, die etwas Wesentliches beeinflussen können, in einem Wahrhaftigkeitszwang – da, wo wir sie schon immer haben wollten.
Unter all den Vorzügen dieser Welt-Ethik-Instrumente blieb einer bisher unerwähnt: Die Sicherheit vor Machtmissbrauch. Die Daten der Charta sowie die der Chronik sind, einmal eingelesen, vor Eingriffen geschützt. Das ist heute technisch möglich. Aber noch entscheidender ist die Unmöglichkeit, diese enorme Autorität für eigene Machtentfaltungen zu missbrauchen.
Niemand