So viele Killer: Vier Kriminalromane. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Bookwire
Серия: Extra Spannung
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742792952
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zu laufen, zu kotzen und zu stottern.

      Porter griff blitzschnell zum Instrumentenbrett und legte zwei Hebel um. Sofort beruhigte sich der Drehzahlmesser und der brausende Orgelton des Motors nahm wieder normale Klangfarbe an.

      „Was war los?“, fragte Taggart interessiert.

      „Kein Druck mehr auf der Benzin-Hauptleitung“, erklärte Porter verbissen. „Man möchte fast an Hexenspuk glauben!

      Ich verstehe das gar nicht!“, fuhr er besorgt fort. „Ich habe die Maschine eine Stunde vor dem Start persönlich bis zur Eichmarke vollgetankt!“

      Taggart begann plötzlich hemmungslos und wenig vornehm zu fluchen. Als er sich von seinem Anfall wieder erholt hatte, sagte er bitterböse: „Ich weiß schon Bescheid, Porter. Wir beide haben heute Geburtstag.“

      „Geburtstag ...?“ Der Ausdruck in Porters Gesicht war für den Inspector wenig schmeichelhaft.

      „Jawohl! Leider war ich während des Startes viel zu sehr mit meinen Ängsten beschäftigt, um einem verdächtigen Umstand die gebührende Beachtung zu schenken. Ich sah nämlich rechts im Erlengebüsch zuckende Flämmchen. Jetzt erinnere ich mich wieder daran. Ich kann es eigentlich nur so deuten, dass ich das Mündungsfeuer einer MP-Salve gesehen habe ...“

      „Sie sind ja komplett verrückt! Wenn uns jemand den Tank zerschossen hätte, hätten wir doch die Aufschläge hören müssen!“

      „Oh, keineswegs. Auf dem unebenen Boden rollte, stampfte und krachte die Maschine so sehr, dass sie jeden Augenblick aus den Fugen zu gehen schien. Mit anderen Worten: Etwaige Aufschläge gingen in dem allgemeinen Rütteln und Schütteln unter, und die Abschussdetonationen wurden vom Motorengeräusch übertönt.“

      „Meinen Sie allen Ernstes, dass jemand bei Nacht ein so sicheres Ziel hätte, um sich eine Chance auszurechnen, den Tank einer startenden Maschine zu zerschießen?“

      „Unsinn!“, widersprach der Inspector grob. „Der Kerl hatte es nicht auf den Tank, sondern auf die Kanzel abgesehen. Mit anderen Worten: Er wollte uns nach Strich und Faden umlegen! Goddam — der Mörder kam aus Dunster Castle!“

      „Es kann sich überhaupt nur um einen Verrückten gehandelt haben, denn man hätte hinterher in unseren Leichen ...“ Porter schüttelte sich entsetzt, er mochte an Weib und Kinder denken „... Schussverletzungen gefunden und ...“

      „Keineswegs! Die startende Maschine wäre in das Kusselgelände hinter dem Sturzacker gestürzt und mit neunundneunzigprozentiger Sicherheit in Flammen aufgegangen. Was man von unseren Kadavern hinterher gefunden hätte, hätte sich ganz bestimmt nicht mehr für eine eingehende kriminalistische Autopsie geeignet. Wollen froh sein ...“

      Nein, sie hatten keine Veranlassung, froh zu sein, denn jetzt begann der Motor abermals unrund zu laufen, und man konnte deutlich hören, dass die Vergaser nur mehr ab und zu einige Spritzer Benzin bekamen, im Wesentlichen aber leere Luft ansaugten.

      Nur wenige Sekunden hörte sich Porter das mit an. Dann sperrte er mit einem entschlossenen Griff den Reservetank ebenfalls und schaltete die Zündung aus.

      Ohne eine Erklärung abzugeben, schaltete er das Funkgerät ein, ging auf Senden und rief unaufhörlich mit monotoner Stimme den Fliegerhorst Wells an.

      Kaum fünfundvierzig Sekunden vergingen, bis sich der Kontrollturm des Militärflugplatzes meldete. Der Sinn des weiteren Funksprechverkehrs war Taggart im Wesentlichen unklar.

      „Kontrollstation Wells verstanden!“, quäkte eine Stimme im Lautsprecher. „Bitte kommen.“

      „Polizeimaschine De Havilland G Dora Anton Zeppelin ohne Benzin in Gleitflug Höhe Tausend im Raum Glastonbury. Glaube im Gleitflug Ihren Flughafen erreichen zu können. Bitte Platzfeuer einzuschalten sowie Feuerwehr und Rettungswagen zu alarmieren!“

      Die letzte Bemerkung verursachte Taggart ganz besonderes Unbehagen.

      „Hallo, G-DAZ“, fragte die Lautsprecherstimme interessiert, „verfügen Sie über NDB oder FM?“

      „Weder, noch!“, erwiderte Porter ungerührt. „Bestimmung des eigenen Standortes nach Standlinie.“

      „Also so ungenau wie möglich!“, kommentierte der Offizier der R.A.F. gelassen. „Befehl für Sie, G-DAZ: Gehen Sie auf Kurs drei-sechs-null und schalten Sie Landescheinwerfer ein. Schicke Ihnen einen Seenottrainer entgegen, der Sie einweisen wird. Bitte bestätigen.“

      „Kurs drei-sechs-null liegt an, Landescheinwerfer eingeschaltet.“

      Weitere vier Minuten vergingen, ehe die beiden Yard-Beamten eine neue Stimme im Lautsprecher hörten.

      „Lieutenant Evans an G-DAZ. Neuer Kurs: drei-fünf-acht. Entfernung zwoeinhalb.“

      „Danke!“, bestätigte Porter trocken. „Kann den Platz bereits sehen.“

      „Schätze, dass Sie es gerade noch schaffen werden ...“

      Langsam bildeten sich auf Porters Stirn Schweißperlen. Von seinen Bedienungsgriffen verstand Taggart so gut wie nichts — aber soweit er überhaupt erkennen konnte, schien sich der Gleitflug mehr und mehr zu verlangsamen.

      „Ich schaffe es gerade noch!“, murmelte Porter verbissen. „Aber ich riskiere, dass wir zu langsam werden und ...“ Er verstummte erschrocken, weil sich die De Havilland über die rechte Tragfläche zu neigen begann. Im nächsten Augenblick drückte er sie. Die Nase senkte sich unendlich langsam, der Eindecker verlor rapid die Höhe. An die nun folgenden neunzig Sekunden erinnerte sich der Inspector später nur sehr unklar. Mit heulenden Flächen schoss die Maschine dicht über den Boden hinweg. Vor ihr türmte sich ein massiges Gebäude zum Himmel, die De Havilland schien genau darauf zuzurasen. Pfeifend holte der Inspector durch die Zähne Atem, wurde gegen den Sitz gepresst, als Porter den Hangar übersprang, im nächsten Augenblick nach vorne geschleudert, und dann erfolgte die nicht gerade sanfte Landung. Ein schmetternder Schlag — sofort hob es die Maschine wieder in die Luft, sie machte einen Sprung von etwa fünfzehn Meter, setzte wieder auf — diesmal etwas sanfter — rollte noch einige dreißig Meter und blieb dann endlich stehen.

      „Hell and damnation! Heute haben wir mehr Glück als Verstand gehabt!“, murmelte der Pilot erschüttert.

      *

      Am Mittwochmorgen erschien Inspector Taggart nach einer zweiten nahezu durchwachten Nacht um neun Uhr dreißig in seinem Yard-Büro, wo Sergeant Hulbert schon emsig tätig war.

      Hulbert stürmte seinem Vorgesetzten förmlich entgegen und schüttelte ihm die Hand. „Gratuliere!“, sagte er herzlich. Nur das eine Wort.

      „Danke, Chris!“ Ray Taggart ließ sich müde in seinen Sessel fallen. „Die Untersuchung der De Havilland durch den technischen Offizier in Wells hat alle meine Überlegungen bestätigt. Die rechte Tankseite der Maschine war von Einschlägen förmlich zersiebt. Von Schüssen, die eigentlich Porters und meinem Kopf zugedacht waren. Haben Sie schon Nachricht aus Dunster?“

      „Eine Stunde nach Ihrem Anruf, Sir, ist das Untersuchungskommando losgefahren. Es hat sich aber noch nicht gemeldet. Würden Sie mich bitte ins Bild setzen ...?“

      Mit nervösen, fahrigen Bewegungen zündete sich Taggart eine Zigarette an und begann zu berichten. Je weiter er kam, desto ruhiger wurde er, und am Ende meinte er vollkommen unbewegt:

      „Es besteht wohl kein Zweifel, dass Waynal das Karnickel war, das uns den Scharfschützen auf den Hals hetzte. Ich halte es für dringend erforderlich, über Waynal Nachforschungen anzustellen.“

      „... was ich bereits bei der Zentralkartei veranlasst habe, Sir.“

      Taggart blinzelte seinem Adlatus befriedigt zu. „Es ist eine Freude, Sie als Mitarbeiter zu haben, Chris!“, sagte er herzlich, und der Sergeant brachte es tatsächlich fertig zu erröten.

      „Ich bin ebenfalls etwas weitergekommen“, meldete er schnell. „Die vollständige Adresse, unter der Mrs. Ashburton am Fünfzehnten jeden Monats einen dicken Brief