Der zerbrochene Krug. Heinrich von Kleist. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heinrich von Kleist
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783847669159
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just wo ein Ziegenbock Die Nase an der Ecke vorgestreckt.

      Licht lacht. Gut, gut.

      Adam Verdammt!

      Licht Der erste Adamsfall, Den Ihr aus einem Bett hinaus getan.

      Adam Mein Seel! – Doch, was ich sagen wollte, was gibts Neues?

      Licht Ja, was es Neues gibt! Der Henker hols, Hätt ichs doch bald vergessen.

      Adam Nun?

      Licht Macht Euch bereit auf unerwarteten Besuch aus Utrecht.

      Adam So?

      Licht Der Herr Gerichtsrat kömmt.

      Adam Wer kömmt?

      Licht Der Herr Gerichtsrat Walter kömmt, aus Utrecht. Er ist in Revisions-Bereisung auf den Ämtern, Und heut noch trifft er bei uns ein.

      Adam Noch heut! Seid Ihr bei Trost?

      Licht So wahr ich lebe. Er war in Holla, auf dem Grenzdorf, gestern, Hat das Justizamt dort schon revidiert. Ein Bauer sah zur Fahrt nach Huisum schon Die Vorspannpferde vor den Wagen schirren.

      Adam Heut noch, er, der Gerichtsrat, her, aus Utrecht! Zur Revision, der wackre Mann, der selbst Sein Schäfchen schiert, dergleichen Fratzen haßt. Nach Huisum kommen und uns kujonieren!

      Licht Kam er bis Holla, kommt er auch bis Huisum. Nehmt Euch in acht.

      Adam Ach, geht!

      Licht Ich sag es Euch.

      Adam Geht mir mit Eurem Märchen, sag ich Euch.

      Licht Der Bauer hat ihn selbst gesehn, zum Henker.

      Adam Wer weiß, wen der triefäugige Schuft gesehn. Die Kerle unterscheiden ein Gesicht Von einem Hinterkopf nicht, wenn er kahl ist. Setzt einen Hut dreieckig auf mein Rohr, Hängt ihm den Mantel um, zwei Stiefeln drunter, So hält so'n Schubjak ihn, für wen Ihr wollt.

      Licht Wohlan, so zweifelt fort, ins Teufels Namen, Bis er zur Tür hier eintritt.

      Adam Er, eintreten! – Ohn uns ein Wort vorher gesteckt zu haben.

      Licht Der Unverstand! Als obs der vorige Revisor noch, der Rat Wacholder, wäre! Es ist Rat Walter jetzt, der revidiert.

      Adam Wenn gleich Rat Walter! Geht, laßt mich zufrieden. Der Mann hat seinen Amtseid ja geschworen, Und praktisiert, wie wir, nach den Bestehenden Edikten und Gebräuchen.

      Licht Nun, ich versichr Euch, der Gerichtsrat Walter Erschien in Holla unvermutet gestern, Vis'tierte Kassen und Registraturen, Und suspendierte Richter dort und Schreiber, Warum? ich weiß nicht, ab officio.

      Adam Den Teufel auch? Hat das der Bauer gesagt?

      Licht Dies und noch mehr –

      Adam So?

      Licht Wenn Ihrs wissen wollt. Denn in der Frühe heut sucht man den Richter, Dem man in seinem Haus Arrest gegeben, Und findet hinten in der Scheuer ihn Am Sparren hoch des Daches aufgehangen.

      Adam Was sagt Ihr?

      Licht Hilf inzwischen kommt herbei, Man löst ihn ab, man reibt ihn, und begießt ihn, Ins nackte Leben bringt man ihn zurück.

      Adam So? Bringt man ihn?

      Licht Doch jetzo wird versiegelt In seinem Haus, vereidet und verschlossen, Es ist, als wär er eine Leiche schon, Und auch sein Richteramt ist schon beerbt.

      Adam Ei, Henker, seht! – Ein liederlicher Hund wars – Sonst eine ehrliche Haut, so wahr ich lebe, Ein Kerl, mit dem sichs gut zusammen war; Doch grausam liederlich, das muß ich sagen. Wenn der Gerichtsrat heut in Holla war, So gings ihm schlecht, dem armen Kauz, das glaub ich.

      Licht Und dieser Vorfall einzig, sprach der Bauer, Sei schuld, daß der Gerichtsrat noch nicht hier; Zu Mittag treff er doch ohnfehlbar ein.

      Adam Zu Mittag! Gut, Gevatter! Jetzt gilts Freundschaft. Ihr wißt, wie sich zwei Hände waschen können. Ihr wollt auch gern, ich weiß, Dorfrichter werden, Und Ihr verdients, bei Gott, so gut wie einer. Doch heut ist noch nicht die Gelegenheit, Heut laßt Ihr noch den Kelch vorübergehn.

      Licht Dorfrichter, ich! Was denkt Ihr auch von mir?

      Adam Ihr seid ein Freund von wohlgesetzter Rede, Und Euren Cicero habt Ihr studiert Trotz Einem auf der Schul in Amsterdam. Drückt Euren Ehrgeiz heut hinunter, hört Ihr? Es werden wohl sich Fälle noch ergeben, Wo Ihr mit Eurer Kunst Euch zeigen könnt.

      Licht Wir zwei Gevatterleute! Geht mir fort.

      Adam Zu seiner Zeit, Ihr wißts, schwieg auch der große Demosthenes. Folgt hierin seinem Muster. Und bin ich König nicht von Mazedonien, Kann ich auf meine Art doch dankbar sein.

      Licht Geht mir mit Eurem Argwohn, sag ich Euch. Hab ich jemals –?

      Adam Seht, ich, ich, für mein Teil, Dem großen Griechen folg ich auch. Es ließe Von Depositionen sich und Zinsen Zuletzt auch eine Rede ausarbeiten: Wer wollte solche Perioden drehn?

      Licht Nun, also!

      Adam Von solchem Vorwurf bin ich rein, Der Henker hols! Und alles, was es gilt, Ein Schwank ists etwa, der, zur Nacht geboren, Des Tags vorwitz'gen Lichtstrahl scheut.

      Licht Ich weiß.

      Adam Mein Seel! Es ist kein Grund, warum ein Richter, Wenn er nicht auf dem Richtstuhl sitzt, Soll gravitätisch wie ein Eisbär sein.

      Licht Das sag ich auch.

      Adam Nun denn, so kommt, Gevatter, Folgt mir ein wenig zur Registratur; Die Aktenstöße setz ich auf, denn die, Die liegen wie der Turm zu Babylon.

      Zweiter Auftritt

       Ein Bedienter tritt auf. Die Vorigen. – Nachher zwei Mägde.

      Der Bediente Gott helf, Herr Richter! Der Gerichtsrat Walter Läßt seinen Gruß vermelden, gleich wird er hier sein.

      Adam Ei, du gerechter Himmel! Ist er mit Holla Schon fertig?

      Der Bediente Ja, er ist in Huisum schon.

      Adam He! Liese! Grete!

      Licht Ruhig, ruhig jetzt.

      Adam Gevatterchen!

      Licht Laßt Euern Dank vermelden.

      Der Bediente Und morgen reisen wir nach Hussahe.

      Adam Was tu ich jetzt? Was laß ich? Er greift nach seinen Kleidern.

      Erste Magd tritt auf. Hier bin ich, Herr.

      Licht Wollt Ihr die Hosen anziehn? Seid Ihr toll?

      Zweite Magd tritt auf. Hier bin ich, Herr Dorfrichter.

      Licht Nehmt den Rock.

      Adam sieht sich um. Wer? Der Gerichtsrat?

      Licht Ach, die Magd ist es.