Marshal ohne Stern. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847650393
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      "Ich hatte keine andere Wahl!" erklärte sie. "Vor zwei Jahren bin ich mit meinem Mann in dieses Land gekommen, und wir haben versucht, eine Ranch aufzubauen. Aber dann ist er bei einer Schießerei ums Leben gekommen und ich versuchte, die Ranch weiterzuführen. Es ist mir auch ganz gut gelungen. Zumindest bis jetzt!"

      Ihre letzten Worte klangen sehr bitter, und Arrows konnte nur zu gut verstehen, was sie meinte.

      "Hast du eine Ahnung, was das für Männer waren?" fragte er.

      Ihr Gesicht wurde zu einer steinernen Maske.

      "So etwas kann nur jemand fragen, der nicht aus der Gegend ist!"

      Arrows nickte.

      "Ich bin tatsächlich nicht aus der Gegend", gab er zu.

      "Das waren die Männer von Jake Swann! Diese mordgierigen Bastarde!"

      Arrows horchte auf.

      Wegen Jake Swann war er schließlich hier her, in die Gegend um Columbus, New Mexico gekommen... Aber von seinem Auftrag würde Arrows Larina nichts sagen. Und auch nicht von dem Marshal-Stern, der sich in seiner Westentasche befand... Arrows wollte auf Nummer sicher gehen. Einen Fehler konnte er sich nicht erlauben.

      "Was hatten Swann und seine Männer für einen Anlaß, deine Ranch niederzubrennen?" Arrows mußte den Unwissenden spielen, um nicht Larinas Argwohn zu erregen.

      "Fremder, das verstehst du nicht!"

      "Warum versuchst du nicht, es mir zu erklären, Larina?"

      Ihre meergrünen Augen unterzogen Arrows einer kritischen Musterung. Dann schien Larina McCormick einen Moment lang nachdenken zu müssen, bevor sich schließlich doch ihre Lippen bewegten.

      "Okay", meinte sie. "Die ganze Gegend zahlt an diesen Swann dafür, daß er sie in Ruhe läßt. Jeder Rancher und auch die Leute in der Stadt."

      Arrows nickte.

      "Und du wolltest nicht mehr zahlen, nicht wahr?"

      "Ich konnte nicht mehr, Arrows! Wir hatten eine Seuche bei unseren Rindern, unsere Einnahmen waren schlecht... Ich habe ein bißchen Geld auf der Bank von Columbus, aber diese Rücklagen hätte ich gebraucht, um über dieses Jahr hinwegzukommen! Ich bat um Aufschub, aber sie wollten ihn mir nicht geben..."

      Sie barg ihr Gesicht mit den Händen. "Was hätte ich denn tun sollen?" rief sie. "Wenn ich gezahlt hätte, wäre das das Ende der Ranch gewesen!"

      Sie blickte wieder auf und fügte noch bitter hinzu: "Es war wohl dumm, zu glauben, daß wir allein gegen diese Banditen eine Chance haben könnten!"

      Arrows wandte sich um und blickte zu den Toten, die überall auf dem Boden verstreut lagen.

      Larinas Cowboys waren ebenso darunter, wie ungefähr die Hälfte des Banditentruppe.

      Aber nach allem, was Arrows über Jake Swanns Meute erfahren hatte, konnte dies nur eine kleine Abteilung seiner Bande gewesen sein...

      Vielleicht waren es fünfzig, vielleicht hundert Mann, die unter dem Befehl dieses Mannes standen.

      Niemand wußte das so genau, aber Arrows schätzte, daß man mindestens so viele Schießer brauchte, um ein derart großes Gebiet wirksam zu kontrollieren. So wirksam, daß es bisher offenbar niemandem gelungen war, sich mit Erfolg da- gegen aufzulehnen...

      "Arrows!" hörte er dann plötzlich Larinas Stimme. Er wandte sich zu ihr herum.

      "Ja?"

      "Was hast du vor?"

      Arrows war klar, daß er sich etwas um Larina würde kümmern müssen.

      Er deutete zum Horizont, wo die Sonne im Begriff war unterzugehen.

      "Bevor es dunkel wird, will ich die Toten begraben haben!" meinte er.

      "Und dann?"

      "Mein Ziel ist Columbus. Wenn du willst, nehme ich dich bis dorthin mit, Larina!"

      Sie nickte.

      "Okay!"

      *

      Es war schon fast Mitternacht, als Arrows und Larina die ersten Häuser der Stadt Columbus als dunkle Schemen aus der Dunkelheit auftauchen sahen.

      Arrows hatte dem Pferd eines erschossenen Banditen seinen Sattel aufgelegt, und auch Larina ritt auf einem dieser Pferde, denn ihre eigenen Tiere hatten die Kerle schon vorher aus dem Corral getrieben.

      Der Ritt durch die Dunkelheit war nicht einfach gewesen, aber Larina kannte sich vorzüglich in der Gegend aus. Sie hätte den Weg von ihrer Ranch vermutlich auch blind gefunden, wenn es vonnöten gewesen wäre.

      "Was wirst du tun, wenn wir gleich in Columbus ankommen, Larina?" fragte Arrows. "Hast du jemanden, wo du ersteinmal unterkommen könntest?"

      Sie schüttelte den Kopf.

      "Nein. Niemanden. Aber das macht nichts. Ich habe dir ja bereits gesagt, daß ich noch etwas Geld auf der Bank habe. Ich werde mich ersteinmal im Hotel einmieten, um wieder zu mir zu kommen..." Sie zuckte mit den Schultern. "Wer weiß, vielleicht gebe ich auf..."

      Arrows runzelte die Stirn.

      "Was soll das heißen?"

      "Daß ich möglicherweise das Land verkaufen werde, auf dem die Ranch gestanden hat. Viel werde ich im Augenblick wohl nicht dafür bekommen... Aber vielleicht reicht es, um irgendwo anders ein neues Leben zu beginnen..."

      "Überlege dir gut, was du tust", meinte er.

      Wenig später ritten sie bereits durch die finsteren Straßen von Columbus.

      Erst als sie auf der Main Street waren, wurde es etwas heller, denn in den Saloons war noch Betrieb.

      Arrows wandte sich an seine Begleiterin und meinte: "Du wirst am besten wissen, wohin wir uns jetzt wenden sollten... Ich brauche ebenfalls ein Zimmer."

      Larina McCormick nickte und streckte den Arm aus.

      "Dort hinten ist Saul Conroys Hotel. Ich kenne den Besitzer. Er ist ein anständiger Kerl und so etwas wie ein Freund. Ihm gehört übrigens auch der Columbus Silverdollar in der unteren Etage des Gebäudes..."

      Arrows zuckte mit den Schultern.

      Sein Blick glitt die anderen Kaschemmen an der Main Street entlang, in denen um diese Zeit noch etwas los war, und blieb dann dort hängen, wo Larinas schlanker Arm hingedeutet hatte.

      Saul Conroys Laden machte von außen keinen schlechten Eindruck und so nickte er.

      "Okay, Larina!"

      Sie lenkten ihre Gäule auf Saul Conroys Silverdollar zu. Mehr als zwei Dutzend Pferde standen schon davor.

      Arrows und Larina stellten ihre Tiere dazu.

      "Sehen wir ersteinmal zu, daß wir Zimmer bekommen!" murmelte Arrows. "Um die Pferde werde ich mich dann nach- her schon noch kümmern."

      Als Arrows ihr aus dem Sattel half, huschte zum erstenmal ein Lächeln über Larinas Gesicht. Es war ein entzückendes Lächeln.

      Der Blick ihrer meergrünen Augen traf ihn und diesmal war dieser Blick nicht mehr wütend und zornig, sondern warm.

      Arrows hielt ihre Hand einen Augenblick länger, als eigentlich nötig gewesen wäre.

      Sie ließ es gewähren.

      "Unter deiner rauhen Schale scheint ja ein vollendeter Gentleman zu stecken, Arrows!" meinte sie dann.

      Arrows gab ihr das Lächeln zurück.

      "Nur, wenn ich es mit einer echten Lady zu tun habe, Larina! Nur dann!"

      Sie lachten beide darüber, und dann gingen sie Arm in Arm die durch Schwingtüren.

      *

      Drinnen herrschte viel Betrieb und ausgelassenes Treiben. An der Theke standen Männer und