Jeder sollte seine eigene Stimme kennen: Sie besitzen nur diese, um damit Emotionen zu transportieren. Keine Gestik, keine Mimik.
Wenn Sie eine Begabung haben, Sprache wie Musik begreifen, gerne sprachlich experimentieren und viele Beispiele aktiv hören, lernen Sie auch, dass schauspielerisches Talent absolut notwendig ist.
Mit dem Übungssprechen, des von Ihnen ausgewählten Textes, beginnen Sie ganz einfach: Sprechen Sie, nehmen Sie sich selbst auf, sprechen Sie jemandem vor, reflektieren Sie und üben, üben, üben Sie jeden Tag. Dazu benötigt man eine große Liebe und Leidenschaft zur Sprache, zur Literatur, eine richtige Einstellung und eine hohe Motivation, ein Gespür und zumindest eine Stimmausbildung.
Es gibt viele gute Schauspieler, die Sprachtraining oder Stimmbildung anbieten, ein Kurs lohnt sich fast immer. Fragen Sie nach den jeweiligen Schwerpunkten ihrer Angebote.
Wer Hörbücher einlesen möchte, muss sich darüber im Klaren sein, dass diese Art des Sprechens, also das lange Arbeiten im Studio mit langen Texten, im Allgemeinen nicht der Einstieg in den professionellen Sprecherberuf ist. Hörbücher gehören eher in die Kategorie: Königsklasse der Sprecheraufträge.
Sprecheragenturen
Diese Agenturen sind zunächst eine erste Einstiegsmöglichkeit, um sich selbst hörbar und buchbar zu machen, und um sich mit der eigenen Stimme am Markt zu positionieren. Dazu werden Demo-Aufnahmen in einer Datenbank gespeichert, die zum Beispiel für Werbung, Synchron, für kleine Dokumentationen oder andere Sprecherjobs abrufbar angeboten werden. Auftraggeber suchen in diesen Datenbanken nach geeigneten Stimmen für ihr jeweiliges Projekt.
Wichtig ist am Anfang vor allem der Standortvorteil: Suchen Sie sich eine Sprecheragentur in der Nähe. Keine Agentur in München lässt einen Sprecher von Hamburg anreisen, um z.B. einen kleinen Werbesatz einzusprechen. Häufig bestehen erste Jobs tatsächlich nur aus ein paar Sätzen. Bevor Sie sich bei einer Sprecheragentur bewerben, ist der persönliche Kontakt über das Telefon sehr zu empfehlen. Informieren Sie sich zuvor auf der Homepage der Sprecheragentur ganz genau über die Aufnahmemodalitäten, und stellen Sie sich einen kleinen Fragenkatalog zusammen. Wer sich bereits mit den verschiedenen Möglichkeiten des professionellen Sprechens vertraut gemacht hat, punktet definitiv damit, wenn er/sie nicht damit angibt, bereits alle Disziplinen nahezu perfekt zu beherrschen. Indem Sie Ihre eigenen Stärken beim Sprechen selbst einschätzen können und wissen, was Ihnen nicht so liegt, signalisieren Sie, dass Sie sich mit den verschiedenen Facetten des Berufes auseinandergesetzt haben und dass Sie lernbereit sind. Wie in allen freien Berufen auch, hängt sehr viel von Ihrem persönlichen Engagement ab. Seien Sie aktiv in der Kontaktsuche und ganz konsequent in der Weiterbildung. Einige Berufseinsteiger erhalten manchmal erste Sprecheraufträge von diversen Blindenbibliotheken, dort wird naturgemäß sehr viel vertont, vom Artikel einer Fachzeitschrift bis hin zu kompletten Romanen. Für Berufseinsteiger eine gute Möglichkeit, um erste Erfahrung zu sammeln. Andere finden Jobs bei kleinen Radiosendern (Regionalsender, Info-Radio, FM-Radios usw.) Nehmen Sie alles an, was sich Ihnen anbietet. Sie können alle diese Tätigkeiten später als Referenzen benutzen.
Demo-Aufnahme
Für eine Demo-Aufnahme stellen Sie einige kurze Texte zusammen. Diese Textauszüge sollten eingelesen nicht länger als 3-4 Minuten lang sein und vom Inhalt Ihren eigenen Vorlieben entsprechen. Eine aussagekräftige Demo-Aufnahme enthält oft einen humorvollen Text, einen lyrischen, einen kurzen Auszug aus einer Erzählung oder aus einem Roman. Immer sollten die Leseproben dem eigenen Naturell entsprechen. Gekünstelte Aufnahmen verfehlen stets ihre Wirkung.
Sprachproben sagen sehr viel aus, produzieren Sie eine und vergessen Sie dabei nicht: erst üben, dann jemandem vorsprechen, selbstkritisch reflektieren, wieder üben und erst dann zur Demo-Aufnahme ins Tonstudio gehen. Dann wissen Sie wo Sie stehen und haben eine erfolgreiche Aufnahme als Ziel im Ohr.
Bewerben Sie sich nur mit qualitativ hochwertigen digitalen Hörproben (online bewerben, keine CDs!). Senden Sie anschließend die Demo-Hörproben an die von Ihnen ausgewählte Sprecheragentur, an Rundfunksender, Synchronstudios oder Hörbuchverlage. Im Anhang dieses Buches finden Sie einige Listen mit den Kontaktangaben der wichtigsten Ansprechpartner. Wesentlich effektiver wäre es, wenn Sie die Demo-Aufnahme persönlich einem Vertreter aus einem Rundfunksender (Redakteur, freie Autor, Regisseur) übergeben könnten. Ein unmittelbarer Kontakt, der nicht erzwungen wird, löst mitunter spontane Reaktionen aus. Die Chemie zwischen zwei Menschen spielt dabei eine große Rolle, also auch Emotionen. Besonders aber die Sprecheragenturen erkennen Ihre Stärken und Schwächen, denn sie haben ein geschultes Gehör. Sie helfen gern dabei, jeder guten und interessanten Stimme eine akustische Plattform auf dem immer größer werdenden Marktplatz der Sprecherzunft einzuräumen. Dafür aber müssen Sie diesen Leuten schon etwas Besonderes anbieten.
Storytelling oder die Kunst des Erzählens
Die Kunst des Erzählens und des Zuhörens erlebt gegenwärtig eine Renaissance. Immer mehr Menschen hören Hörbücher im Auto, meist auf dem Weg zum Arbeitsplatz oder auf dem Heimweg, auch werden längere Wartezeiten, Bahn- und Busfahrten, Dienstreisen oder die Urlaubsreise genutzt, um Hörliteratur zu konsumieren. Selbstverständlich gibt es da auch noch den „klassischen Hörer“, der zu Hause vor seiner HiFi-Anlage vertonte Literatur hochkonzentriert genießt. Aber viele Menschen schätzen auch die ablenkende Wirkung des Zuhörens beim Joggen oder auf dem Hometrainer und manch einer lernt auf diese Weise sogar Vokabeln einer Fremdsprache. Es werden auch häufig bei Routinearbeiten im Haushalt ganze Romane angehört, die man sonst vielleicht niemals lesen würde. Der amerikanische Werbeslogan „Double your time“ ist längst in unserer Realität angekommen und hält die Menschen dazu an, das Maximum aus ihrer freien Zeit herauszuholen. Neben dem Bildungsbedürfnis, der Freude an Unterhaltung und Entspannung, gewinnt der Begriff „Zeitmanagement“ beim Thema Hören zunehmend immer mehr an Bedeutung. Hörbücher sind „in“ und werden es vermutlich auch langfristig bleiben. Heute gehören sie auf CDs oder auf anderen Speichermedien längst zu unserer Alltagskultur. Unumstritten ist auch: Hörbücher stehen stellvertretend für die Urform des Erzählens und sind die nächsten "Verwandten" des gedruckten Buches.
Dabei übt die gekonnte, lebendige, Erzählweise eines Interpreten, und natürlich die Geschichten, die völlig unvorhersehbare Wendungen enthalten, einen unvergleichlichen Reiz auf die Zuhörer aus. Anders als beim reinen Vorlesen beherrscht ein erzählender Sprecher die Kunst, sich scheinbar vom Text vollkommen zu lösen. Wenn heute von Erzählkunst geredet wird, ist meist die mündliche Tradition des Erzählens gemeint. Geschichten sind schon seit ewigen Zeiten über die Münder zu den Ohren gewandert. Und dies oft über weitentfernte Kulturkreise und über Ländergrenzen hinweg. Geschichten durch das mündliche Erzählen lebendig werden zu lassen, ist eine Tradition, die so alt ist wie die Menschheit selbst. Diese Erzähltradition wird heute von Berufssprechern aufgegriffen und über das moderne Medium Hörbuch einem anwachsenden Kreis von Zuhörern angeboten.
Erzählen ist eine Universalie und ein anthropologisches Grundbedürfnis des Menschen, das bereits seit Jahrtausenden existiert. Das Phänomen des mündlichen Erzählens warf jedoch immer schon die Frage auf, wie das Mündliche, das seit jeher oral überliefert wurde und naturgemäß vergänglich ist, sich bewahren ließe. In der Erfindung der Schrift erkannte man zunächst die Rettung für das mündliche kulturelle Erbe. Dieses Medium hatte sich dafür zunächst als zuverlässig erwiesen. Im Laufe der Zeit dominierte jedoch die Schriftform das mündliche Erzählen. Mit der Erfindung der Tonaufzeichnungsgeräte wiederum endete die Hegemonie der Schrift und das mündliche Erzählen erlangte dadurch wieder mehr an Bedeutung. Genau hier an diesem Wendepunkt beginnt die Unterscheidung zwischen den Medien des Lesens und Hörens. Der Unterschied zwischen den beiden Phänomenen besteht vor allem darin, dass wir beim Lesen aktiv mit dem Buch interagieren, während wir beim Hören durch fremde Stimmen beeinflusst werden, die sich qua Prosodie für bestimmte Sprechhaltungen im Vorfeld entscheiden müssen, weil die Interpreten den gesamten Text bereits kennen und daher wissen sollten, welche Sprechhaltungen jeweils einzunehmen sind. Die Interpreten haben daher dem