Ich blickte Yan an, er war noch nicht fertig mit dem Erzählen: "Ich wollte mich heute Abend wieder mit ihm treffen. Wie schon erzählt, haben wir uns lange zuvor nicht mehr gesehen. Hast du Lust mitzukommen?"
Ich überlegte. Warum eigentlich nicht? Auch, wenn der Verlust von Yan noch schmerzte, wieso sollte ich nicht ausgehen, auch, wenn es mit ihm war? Ich sagte zu und wir verabredeten uns um acht Uhr beim 'Fidschi'.
Ich trödelte den Tag herum, putzte, kaufte ein und fuhr gegen Nachmittag kurz an den See. Ich verdrängte die angenehmen Erinnerungen an die gemeinsamen Tage mit Yan an diesem Platz.
Ich freute mich wieder über meinen Urlaub, ich sah, dass es auch ohne Yan ging. Da hatte ich mich wirklich in etwas hinein gesteigert, das keine Grundlage besessen hatte. Zum Glück war Yan vernünftiger gewesen.
Am Abend überlegte ich, was ich anziehen sollte. Ich wollte mich richtig hübsch machen. Schließlich entschied ich mich für meinen cremefarbenen, leichten Hosenanzug.
Als Yan mich abholte, grinste er mich an: "Wärst du meine Freundin, müsste ich heute Abend sehr auf dich aufpassen. Ralf ist solo."
Ich grinste etwas schief. Wieso betonte er dauernd, dass wir nicht oder nicht mehr zusammen waren? Lag ihm doch etwas an mir?
Ich schimpfte innerlich mit mir: 'Alena! Lass diese blöden Gedanken!'
Als wir beim 'Fidschi' eintrafen, stand ein großer Mann am Eingang und als er sich umdrehte, traf es mich wie ein Blitz in die Eingeweide und meine Atmung setzte kurz aus.
Das konnte nicht sein!
Ich streckte dem Mann, der fröhlich auf uns zukam, mechanisch die Hand entgegen und zwang mich, ihn nicht so anzustarren.
Er war der Mann aus meinem Traum der vergangenen Nacht!
In meinem Kopf drehte sich alles. Dann mahnte ich mich zur Vernunft. Der Mann wirkte ganz natürlich, aus keinem seiner Gesten ließ sich ein Erkennen meiner Person erschließen. Es war nur Zufall, dass ich von ihm geträumt hatte. Ich hatte ihn vielleicht einmal gesehen und ihn in meinen Traum eingebaut. Wir hatten nicht den gleichen Traum gehabt.
Der Mann, Ralf, schien trotzdem schwer von mir beeindruckt zu sein, denn seine Augen begannen zu leuchten und musterten mich von oben bis unten.
Ich blickte ihm direkt in die Augen und fragte frech: "Na, zufrieden mit dem, was du siehst?"
Ralf sah mich verdutzt an und lachte: "Entschuldige bitte meine Manieren. Aber als Yan mir von dir vorschwärmte, da entstand in meinem Kopf ein Bild von dir. Dass dieses Bild meine Erwartungen übertreffen würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hoffe, dass du mein Verhalten nicht zu negativ bewertest. Ich konnte einfach nicht anders. Und für kurze Zeit hatte ich sogar das Gefühl, dass du mir schon einmal im Traum begegnet bist."
Ich spürte, wie mir der Schweiß aus sämtlichen Poren strömte, hatte mich aber schnell wieder unter Kontrolle, als ich aus Ralfs Lachen schloss, dass er die letzte Bemerkung einfach so gesagt hatte, ohne Hintergedanken. Ich beschloss, dass ich noch nicht einmal Yan gegenüber je erwähnen würde, dass ich schon wieder einen Traum hatte, bei dem mir am Tag darauf der Mann tatsächlich über den Weg gelaufen war.
Das war ja auch zum Verrückt werden! Ich stellte die Gedanken hinten an - ich wollte den Abend genießen. Ralf gefiel mir sehr gut. Ich hatte ihn schon besser kennen gelernt, als er es sich je vorstellen könnte. Ich schmunzelte in mich hinein. In gewisser Weise hatte ich einen Vorteil, wenn Ralf sich als der Mann aus meinem Traum entwickeln würde. Ich kannte ihn, wenn dieser Teil des Traumes nicht nur ein Hirngespinst meinerseits gewesen war.
Wir setzten uns an die Bar, tranken ein Bier, plauderten miteinander, wobei mich Ralfs Augen nie aus dem Blickfeld ließen. Seine Augen leuchteten und er flirtete mit mir, wo er nur die Chance sah. Ich genoss seine Aufmerksamkeit.
"Ich habe diese Woche Urlaub. Was macht ihr morgen?", fragte Ralf plötzlich.
Ich lächelte ihm zu: "Wenn das Wetter mitspielt, geh ich an den See. Hast du Lust zu kommen?"
Ralfs Blick ersetzte seine Antwort.
"Kommst du auch?", fragte ich Yan.
Dieser grinste: "Klar. Ich muss auf Ralf aufpassen."
Ich runzelte gespielt die Stirn.
Yan erklärte: "Das wirst du schon noch sehen."
Ralf verteidigte sich: "Keine Anspielungen. Ich weiß, was sich gehört."
Ich schaltete mich in das gutmütige Lästern mit ein, wahrscheinlich hatten wir alle schon zu viel getrunken, um noch ernst zu sein: "Wissen heißt nicht automatisch auch tun..."
Ralf prustete los: "Ist sie immer so schlagfertig?"
Yan nickte. Wir lachten und der Abend ging so weiter, bis wir uns trennten und nach Hause gingen.
Am nächsten Morgen überdachte ich die neue Situation. Ich hatte schon wieder einen 'Traummann' gefunden, aber obwohl er mir von seinem Aussehen und seiner Art her gut gefiel, stimmte etwas nicht. Ich hatte ein Gefühl, als ob mich irgendetwas in der Magenspitze drückte, wenn ich ihn ansah, er mich leicht am Arm berührte, mit mir flirtete. Ich wusste nicht, ob es von dem komischen Ende des Traumes herrührte, als er sich am Ende als ein anderer Mann entpuppte, als ich ihn am Anfang des Traumes kennen gelernt hatte. Dass er mich erst nach meinem Versprechen, ihn zu heiraten, über sein wahres Alter aufgeklärt hatte. Das war nicht sonderlich schlimm gewesen, denn er sah nicht so alt aus, wie er dort vorgab zu sein und es war auch nur ein Traum gewesen, aber mein Bauch mahnte mich zur Vorsicht. Sollte ich darauf hören? Ich hatte schon bei Yan auf meinen Bauch gehört und wurde enttäuscht. Ich dachte einfach zu viel nach. Ich sollte es auf mich zukommen lassen!
Das Gefühl wurde im Laufe des Tages schwächer, als ich mit Yan und Ralf am Baggersee lag, im Wasser herumtobte, Zigaretten rauchte und döste, aber es verschwand nicht. Kein Verhalten von Ralf nährte das komische Gefühl, das von da an die nächsten Tage mein Begleiter wurde, aber es verschwand einfach nicht.
Die nächsten Tage waren wie im Paradies. Ich fühlte mich begehrt, bewundert, fühlte mich großartig. Ein Tag war Yan leider verhindert und so verbrachte ich den ganzen Tag allein mit Ralf. Wir kannten uns zum Glück schon lange genug, dass diese neue Situation nicht peinlich war.
Am späten Nachmittag lagen wir nebeneinander auf der Decke und Ralf redete von irgendetwas, aber ich konnte seinen Erzählungen nicht folgen, weil ich ganz entspannt dalag und beinahe eindöste. Die Sonne durchdrang meine Haut bis auf die Knochen, sie wärmte mich. Der Wind strich sanft und heiß über mich und spielte mit den Haaren an meinem Körper, sodass mich ein wohliger Schauer überlief. Ich spürte eine Hitze in mir und war mir der Nähe Ralfs sehr bewusst. Ralf hatte schon lange aufgehört zu reden. Ich drehte meinen Kopf zu ihm und sah ihn an. Er fuhr ertappt zusammen, weil er mich die ganze Zeit über angesehen hatte.
"Ich möchte jetzt gehen", sagte ich ihm.
"Sehen wir uns heute Abend noch?"
Ich nickte.
"Ich hol dich gegen acht Uhr ab. Ist das in Ordnung?", fragte er.
Ich blickte auf die Uhr. Es war achtzehn Uhr. Da blieb mir noch genügend Zeit zum Duschen und fertig machen. Ich nickte wieder.
Ralf runzelte die Stirn: "Du bist seit heute Nachmittag so schweigsam. Wieso?"
Ich zuckte mit den Schultern: "Ich weiß nicht. Ich bin etwas müde gewesen."
Ralf streichelte meinen Arm zärtlich und ich wünschte mir in diesem Moment, dass er mich küssen würde, auch, wenn mein Bauch zuckte und das komische Gefühl kurz aufflammte, als ich mir das wünschte. Leider blieb es bei dem Wunsch und wir gingen nach Hause.
Am Abend trafen Ralf, Yan und ich uns beim Italiener zum Essen. Wir redeten und lachten, wie alte Freunde.
Plötzlich wurde Ralf ganz aufgeregt: "Hey! Ich hab morgen Geburtstag und