Gefühlschaos. Heidi Oehlmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heidi Oehlmann
Издательство: Bookwire
Серия: Blind Dates & andere Katastrophen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750214262
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von uns preisgegeben. Wir reden mehr über grundsätzliche Dinge, die uns wichtig sind. Warum soll ich den netten Kontakt durch ein Treffen kaputtmachen? Irgendwann wird schon der Richtige kommen.«

      »Apropos, der Richtige: Was haltet ihr eigentlich davon, wenn wir bei so einem Speed Dating mitmachen? Ich habe vorhin erst darüber gelesen. Ich glaube, nächstes Wochenende ist wieder so eine Veranstaltung«, fragt ausgerechnet Marta, die Schüchterne aus der Runde.

      »Ist das dein Ernst?«, frage ich entrüstet.

      »Na klar! Warum denn nicht? Wenn wir immer nur hier im Café in der Gruppe sitzen, werden wir nie jemanden kennenlernen.«

      »Na hier laufen ja wohl genug attraktive Männer rum«, kontert Sybille.

      »Natürlich. Und die werden sich auch trauen, uns anzusprechen, wenn wir hier alle auf einem Haufen hocken. Du weißt doch, die meisten Männer haben Angst vor großen Frauengruppen!«

      Zuerst halte ich Martas Aussage für einen Scherz, aber sie scheint das ernst zu meinen. Sie glaubt wirklich, was sie gesagt hat. Das sehe ich in ihren Augen. Ich verkneife mir also mein Lachen und denke einen Moment über ihren Vorschlag nach.

      »Was hältst du von der Idee, Carmen?«, frage ich vorsichtig.

      »Ich finde, dass es keine schlechte Idee ist. Ich habe nämlich keine Lust mehr Trübsal zu blasen. Etwas Ablenkung wird uns allen gut tun. Und wer weiß, vielleicht findet ja die eine oder andere von uns ihren Traumprinzen dort.«

      Da ist sie, unsere Carmen. Endlich hat sie ihr Temperament wieder gefunden. Ich hoffe nur, es hält auch eine Weile an und sie lässt sich nicht hängen, sobald ihre Gedanken zurück zu Karl wandern.

      »Okay. Dann sollten wir uns dort gleich anmelden gehen, oder?«, schlägt Marta vor.

      »Ja, super. Und danach gehen wir tanzen«, sagt Sybille.

      »Gut, dann werde ich mal bezahlen. Ladys ihr seid heute eingeladen«, verkündet Carmen, der nicht mehr anzusehen ist, wie schlecht es ihr vor einer halben Stunde noch ging.

       Wenn ich gewusst hätte, dass Carmen uns einlädt, hätte ich mir auch etwas zu trinken bestellt. Irgendwie habe ich es bei dem ganzen Trubel vergessen. Das ist eben der Nachteil, wenn man als Letzte eintrifft. Aber egal. Heute Abend werde ich mir ein paar Cocktails gönnen und dann ist der Cafébesuch wieder vergessen.

      Carmen zückt ihr Portemonnaie und ruft der Kellnerin zu: »Wir wollen zahlen, bitte!«

      »Ja, ich komme gleich«, antwortet die Dame, die gerade von einem Tisch zum anderen hetzt, um Bestellungen aufzunehmen.

      »Ich hoffe, es dauert nicht allzu lange«, sagt Carmen, während sie ihre Geldbörse öffnet.

      »Verdammt, ich habe nicht genug Bargeld dabei. Kann mir eine von euch etwas leihen?«, sagt Carmen, nachdem sie einen Blick in ihr Portemonnaie geworfen hat.

      »Ich schaue kurz, was ich noch habe. Ich war heute nicht auf der Bank«, antworte ich und greife in meine überdimensional große Handtasche. Darin habe ich jede Menge unnötiges Zeug, was ich im Notfall bestimmt gebrauchen kann, sofern er jemals eintritt. Ich krame nach meiner Geldbörse. Während ich sie suche, hält Sybille ihre schon in der Hand: »Wie viel brauchst du denn?«

      »Ich denke, zwanzig Euro sollten reichen. Bevor wir nachher in den Klub gehen, müssen wir unbedingt an einem Geldautomaten anhalten. Dann bekommst du das Geld gleich wieder.«

      »Gut. Ich habe nur noch einen Fünfziger.«

      »Egal. Den nehme ich auch.«

      »Wiedersehen macht Freude!«, sagt Sybille scherzend, während sie Carmen den Schein hinhält.

      »Ja, ich habe doch gesagt, dass du das Geld gleich wiederbekommst«, antwortet Carmen leicht gereizt, als sie den Geldschein entgegen nimmt.

      2. Kapitel - Mia

      »Hier ist ja überhaupt nichts los«, krächzt Sybille, als wir den Klub betreten.

      Der Laden ist in der Tat ziemlich leer. Mich wundert es nicht weiter. Es ist noch vor neun Uhr. »Das wird schon voller«, sage ich.

      Carmen und Marta stimmen mir nickend zu.

      Wir gehen direkt auf die Bar zu und bestellen uns die ersten Cocktails des Abends.

      Ich wende mich von dem Tresen ab und schaue mich um. Vereinzelt stehen kleinere Grüppchen in den Ecken und unterhalten sich. Ich sehe mir alle Gäste an. Immerhin ist es nicht auszuschließen, jemand zu treffen, den ich kenne. Noch kann man sich jeden Menschen genauer anschauen. Wenn der Laden in ein paar Stunden so richtig voll ist, wie freitags üblich, wird es schwierig, im Gedränge ein bekanntes Gesicht zu finden.

      Ich entdecke tatsächlich eine Person, die ich kenne, aber die ich hier nie erwartet hätte und heute eigentlich nicht mehr sehen wollte. In der hintersten Ecke sitzt Lisa mit einem gut aussehenden Typen. Er passt zu der spartanischen Beschreibung, die sie uns vorhin gegeben hatte. Er hat kurze dunkelblonde Haare und wahrscheinlich blaue Augen. Das kann ich aus der Entfernung nicht erkennen.

       So einen passablen Geschmack hätte ich der Streberin nicht zugetraut. Für den Leckerbissen hätte ich mich heute auch so beeilt.

      Die beiden scheinen sich ausgesprochen gut zu unterhalten. Lisa sieht so anders aus. Sie trägt ihre Haare zwar wieder zusammengebunden, aber sie wirkt viel lockerer, als sie es sonst ist. Ich kann sogar ab und zu ein Lächeln auf ihren Lippen erkennen. So oft, wie sie in der Gesellschaft des Mannes lächelt, habe ich sie in den zwei Jahren, in denen ich sie kenne, nicht lachen sehen. Wenn ich es mir genau überlege, habe ich sie bisher nur bei unserer ersten Begegnung fröhlich gesehen. Seitdem war sie immer nur ernst und hatte dementsprechend einen grimmigen Blick drauf.

      Bei dem Anblick des Paares bin ich ein bisschen neidisch. Das würde ich natürlich nie vor Lisa zugeben. Das wäre eine Genugtuung für die besser wissende Streberin. Ich hätte auch Lust, mich mit einem netten Mann zu unterhalten, in der Hoffnung, daraus entwickelt sich mehr. Er müsste gut aussehend und dennoch intelligent sein, so wie Konstantin. Ich weiß, meine Ansprüche sind sehr hoch gesteckt. Vielleicht ist das der Grund für mein Singledasein. So langsam habe ich genug von der Einsamkeit.

      Mein letztes Date ist inzwischen fast ein Vierteljahr her. Daran denke ich allerdings nur ungern zurück. Diese Verabredung gehörte zu den schlimmsten, die ich jemals erlebt habe. Mein Date - ich kann mich an seinen Namen nicht mehr erinnern - war eigentlich süß, zumindest von der Optik, aber als er seinen Mund aufmachte, wollte ich mich am Liebsten auf der Stelle wegbeamen. Es lag weniger an seiner Stimme - sie war angenehm - vielmehr waren es die Worte, die er von sich gab. Die ganzen zwei Stunden, die wir im Restaurant zusammen verbrachten, machte er die Kellnerin zur Sau. Er beschwerte sich in einer Tour über das Essen, und wenn er nicht damit beschäftigt war, ging es nur um ihn und seinen Traum, einen eigenen Laden zu eröffnen. Bereits nach der ersten halben Stunde konnte ich das Palaver nicht mehr hören. Irgendwann schaltete ich meine Ohren auf Durchzug und nickte nur noch, wenn ich den Eindruck hatte, er erwartete eine Antwort von mir. Ich war heilfroh, als wir aufgegessen hatten und ich mich unter dem Vorwand, ich hätte im Anschluss eine Verabredung mit einer Freundin - was natürlich nicht der Fall war - verabschiedete. Zu meinem Leidwesen hatte ich ihm vor dem Treffen - wir lernten uns eine Woche zuvor in einer Bar kennen, dort verhielt er sich völlig normal - meine Handynummer gegeben. Diese Entscheidung bereute ich nach diesem misslungenen Date. In den darauf folgenden Tagen rief er mich beinahe täglich an. Die ersten beiden Anrufe nahm ich noch entgegen und sagte ihm, ich hätte keine Zeit. Danach drückte ich ihn immer weg, sobald seine Nummer auf dem Display meines Handys erschien, und hoffte jedes Mal, dass es sein letzter Anruf war. So schnell gab er allerdings nicht auf. Vor ungefähr sechs Wochen hat er es erst kapiert und aufgehört, mich zu terrorisieren. Ich kann nur froh sein, ihm nicht auch meine Adresse gegeben zu haben. Womöglich hätte er dann wochenlang vor meiner Tür gestanden und mir aufgelauert. Bei dem Gedanken läuft mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. Ich hätte mich einige Wochen verstecken oder ihm ins Gesicht sagen