Torben Stamm
Das Todesnetz des Ian Degry
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Inhaltsverzeichnis
Beginn
Das Töten von Menschen wird immer schwieriger. Ich möchte jetzt nicht sagen, dass früher alles besser war – ich bin kein Zyniker, sondern Ironiker.
Aber trotzdem: Vor 1897 war es sehr viel leichter jemanden umzubringen als heute. Warum gerade 1897? Weil da Scotland Yard das erste Mal jemanden aufgrund seiner Fingerabdrücke überführt hat.
Im Vergleich zu den Methoden, die der Polizei heute zur Verfügung stehen, sind Fingerabdrücke eine Kleinigkeit – ich meine, ich brauche nur ein Paar billige Plastikhandschuhe und schon war ich niemals da.
Das größte Problem waren Zeugen und wenn es die gab, konnte man was dagegen tun. Wenn man heute aber jemanden erledigt und niest, weil man Schnupfen hat, verteilt man seine DNA so großflächig, dass man auch direkt zur nächsten Wache fahren kann.
Warum ich das erzähle?
Ganz einfach: Wenn ich einen Job erledige, kann ich die Situation kontrollieren – zumindest bis zu einem gewissen Grad. Es gibt immer unbekannte Variablen in der Gleichung, die mir eventuell einen Strich durch die Rechnung machen, aber ich kann die Anzahl der Variablen begrenzen.
Zumindest konnte ich das früher.
Und mit früher meine ich jetzt nicht 1897.
Mit früher meine ich schlicht die Zeit, bevor ich Gian Mateo aus dem Weg geräumt habe (ohne ihn umzubringen, zumindest nicht persönlich). Der neue Boss Gregor, einer der wenigen Iren ohne Alkoholproblem, machte mich zum Chef seiner Killer-Truppe.
Und damit potenzierten sich die Variablen – und mit ihnen meine Probleme.
Die Chance
Phil Szwan klopfte an die Büro-Tür und wartete.
Er schwitzte wie ein Schwein – auch wenn er noch nie ein Schwein hatte schwitzen sehen und sich nicht sicher war, ob sie das überhaupt konnten.
Er schwitzte, weil er wusste, dass das hier seine große Chance war: Die letzten Jahre hatte er damit zugebracht, in der internen Hierarchie aufzusteigen: Langsam aber sicher hatte er sich vom Boten zum Schläger gemausert, aber dieser letzte Schritt machte den Unterschied: Den Unterschied zwischen verletzen und töten. Viele hatten Schiss, diesen Schritt zu gehen, aber Phil nicht.
Was ist ein Menschenleben wert? - Das, was ein Kunde zahlt, um es auszulöschen!
Phil wusste, dass er die Sache nicht versauen durfte. Er musste Degry beeindrucken. Der Mann war eine Legende: perfektionistisch, effizient – tödlich.
„Herein!“, rief eine Stimme, der man nicht widersprechen konnte.
Phil atmete tief durch und drückte die Klinke hinunter.
Ian Degry saß hinter einem mächtigen Schreibtisch, auf dem lediglich ein Laptop stand. Phil sah sich um: Der Raum enthielt keinerlei persönliche Gegenstände, nichts, wodurch man auf Hobbys, Interessen oder sonstige Vorlieben dieses Mannes hätte schließen können.
Phil sah sich um: Kein