Der Jüngling. Fjodor Dostojewski. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Fjodor Dostojewski
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750208926
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Makarowitsch?«

      »Ich habe meine ersten Kinderjahre ebenfalls auf dem Lande verlebt.«

      »Wie? Du bist doch wohl in Moskau gewesen... wenn ich nicht irre.«

      »Er wohnte damals bei Andronikows in Moskau, als Sie hinkamen, aber vorher hatte er bei Ihrer seligen Tante Warwara Stepanowna auf dem Lande gelebt«, fiel Tatjana Pawlowna ein.

      »Da ist Geld, Sofja, verwahre es! In den nächsten Tagen soll ich fünftausend bekommen.«

      »Also haben die Fürsten gar keine Hoffnung mehr?« fragte Tatjana Pawlowna.

      »Absolut keine, Tatjana Pawlowna.«

      »Ich habe Ihnen, Andrej Petrowitsch, und allen Ihren Angehörigen immer alles Gute gewünscht und bin eine Freundin des Hauses gewesen; aber obwohl mir die Fürsten fremd sind, tun sie mir, weiß Gott, doch leid. Seien Sie mir deswegen nicht böse, Andrej Petrowitsch!«

      »Ich beabsichtige nicht, mit ihnen zu teilen, Tatjana Pawlowna.«

      »Sie kennen ja meine Ansicht darüber, Andrej Petrowitsch; die Fürsten hätten den Prozeß unterlassen, wenn Sie ihnen gleich zu Anfang eine Teilung zu gleichen Teilen vorgeschlagen hätten; jetzt ist es natürlich zu spät dazu. Übrigens wage ich nicht, darüber zu urteilen... Ich sage es nur deshalb, weil der Verstorbene sie in seinem Testament gewiß nicht übergangen hätte.«

      »Er hätte sie nicht nur nicht übergangen, sondern sicherlich ihnen alles hinterlassen und nur mich übergangen, wenn er es verstanden hätte, die Sache zu regeln und das Testament aufzusetzen, wie es sich gehört; aber jetzt ist das Gesetz auf meiner Seite – und damit basta! Teilen kann und will ich nicht, Tatjana Pawlowna. Die Sache ist erledigt.«

      Er sagte das sogar mit einem gewissen Ingrimm, was bei ihm nur selten vorkam. Tatjana Pawlowna verstummte. Meine Mutter schlug traurig die Augen nieder: Wersilow wußte, daß sie Tatjana Pawlownas Ansicht billigte.

      ›Das ist wie eine Emser Ohrfeige!‹ dachte ich im stillen. Dem Schriftstück, das mir Krafft eingehändigt hatte und das in meiner Tasche steckte, wäre ein trauriges Los beschieden gewesen, wenn es ihm in die Hände gefallen wäre. Ich fühlte auf einmal, daß ich all das noch auf dem Halse hatte; dieser Gedanke, in Verbindung mit allem übrigen, wirkte auf mich aufreizend.

      »Arkadij, es wäre mir lieb, wenn du dich ein bißchen besser kleidetest, mein Freund; du bist ja nicht schlecht angezogen, aber für die Zukunft könnte ich dir einen guten französischen Schneider empfehlen, der gewissenhaft und geschmackvoll arbeitet.«

      »Ich bitte Sie, mir nie wieder solche Vorschläge zu machen«, rief ich heftig.

      »Was hast du denn?«

      »Ich finde natürlich nichts Kränkendes darin, aber wir beide harmonieren überhaupt nicht in unserer Denkweise, sondern haben vielmehr recht verschiedene Ansichten. So werde ich in den nächsten Tagen, schon morgen, aufhören, zum Fürsten zu gehen, weil ich sehe, daß da nicht das geringste für mich zu tun ist ...«

      »Aber eben darin, daß du hingehst und bei ihm sitzt, besteht deine Tätigkeit.«

      »Eine solche Auffassung ist für mich herabwürdigend.«

      »Das verstehe ich nicht; übrigens, wenn du so zartfühlend bist, so nimm doch von ihm kein Geld an, sondern geh bloß so hin! Du würdest ihn durch dein Fortbleiben furchtbar kränken; er hat dich schon liebgewonnen, das kannst du glauben ... Indessen, wie du willst ...«

      Die Sache war ihm augenscheinlich unangenehm.

      »Sie sagen, ich sollte ihn nicht um Geld bitten, aber Ihnen habe ich es zu verdanken, daß ich heute bereits eine Gemeinheit begangen habe: Sie haben mir vorher nicht abgeraten, und so habe ich heute von ihm das Gehalt für einen Monat gefordert.«

      »Also hast du die Angelegenheit bereits geordnet; ich hatte, wie ich gestehen muß, gemeint, du würdest nicht darum bitten; was seid ihr doch alle jetzt für geschickte Leute! Es gibt heutzutage keine Jugend mehr, Tatjana Pawlowna.«

      Er ärgerte sich sehr; ich war ebenfalls furchtbar zornig.

      »Ich mußte doch meine Rechnung mit Ihnen begleichen ... Sie haben mich dazu gezwungen – ich weiß jetzt nicht, was ich anfangen soll.«

      »Übrigens, Sofja, gib doch gleich Arkadij seine sechzig Rubel zurück; und du, mein Freund, nimm es mir nicht übel, daß ich mich mit der Rückzahlung so beeile. Ich sehe es dir am Gesicht an, daß du irgendein Unternehmen planst und dazu ... ein Anlagekapital oder etwas Ähnliches nötig hast.«

      »Ich weiß nicht, was mein Gesicht ausdrückt, aber ich hätte nie von Mama erwartet, daß sie Ihnen etwas von diesem Geld sagen würde, da ich sie doch ausdrücklich um Verschwiegenheit gebeten hatte«, erwiderte ich und sah meine Mutter mit funkelnden Augen an. Ich kann gar nicht sagen, wie tief ich mich gekränkt fühlte.

      »Arkascha, mein Täubchen, um Gottes willen verzeih mir; ich konnte nicht anders als es sagen ...«

      »Mein Freund«, sagte er, zu mir gewendet, »beschwere dich nicht darüber, daß sie mir deine Geheimnisse entdeckt hat; zudem hat sie nur in der besten Absicht gehandelt: sie wollte als Mutter einfach mit der kindlichen Liebe des Sohnes prahlen. Aber sei überzeugt, ich hätte auch ohne das erraten, daß du ein Kapitalist bist. Alle deine Geheimnisse stehen auf deinem ehrlichen Gesicht geschrieben. Er hat ›eine eigene Idee‹, Tatjana Pawlowna, das habe ich Ihnen schon gesagt.«

      »Lassen wir mein ehrliches Gesicht beiseite«, fuhr ich zornig fort, »ich weiß, daß Sie einen manchmal ganz durchschauen können, obgleich Sie bei anderen Gelegenheiten manchmal nicht über Ihre eigene Nase hinaussehen, und bin über Ihren Scharfblick oft erstaunt gewesen. Nun ja, ich habe eine ›eigene Idee‹. Daß Sie sich gerade dieses Ausdrucks bedient haben, ist natürlich nur Zufall, aber ich scheue mich nicht zu bekennen: ich habe eine ›Idee‹. Ich scheue mich nicht und schäme mich nicht.«

      »Das ist die Hauptsache: schäme dich dessen nicht!«

      »Aber trotzdem werde ich sie Ihnen nie entdecken.«

      »Das heißt, du hältst mich einer solchen Mitteilung nicht für würdig. Du brauchst mir gar nichts zu sagen, mein Freund; ich kenne den Kern deiner Idee auch so schon, jedenfalls läuft es darauf hinaus:

      ›Ich ziehe in die Wüste mich zurück.‹

      Tatjana Pawlowna, meiner Ansicht nach will er ein Rothschild oder so etwas Ähnliches werden und sich in seine einsame Größe zurückziehen. Selbstverständlich wird er Ihnen und mir großmütig eine Pension aussetzen, mir allerdings vielleicht auch nicht; aber auf jeden Fäll werden wir ihn bald nicht mehr zu sehen bekommen. Es ist mit ihm wie mit dem Neumond – kaum hat er sich gezeigt, so geht er auch schon wieder unter.«

      Ich zuckte innerlich zusammen. Freilich war das alles nur ein Zufall: er wußte nichts und hatte nicht das Richtige getroffen, obwohl er gerade den Namen Rothschild erwähnt hatte; aber wie hatte er es fertiggebracht, meine Gefühle so genau anzugeben: daß ich mit ihnen brechen und von ihnen fortgehen wollte? Er hatte alles im voraus erraten und wollte nun den tragischen Ernst der Sache im voraus mit seinen zynischen Scherzen besudeln. Daß er sich furchtbar ärgerte, daran war nicht im geringsten zu zweifeln.

      »Mama, verzeihen Sie meine Heftigkeit, um so mehr, als man vor Andrej Petrowitsch ja ohnehin nichts verborgen halten kann«, sagte ich, indem ich ein gekünsteltes Gelächter anschlug und mich bemühte, wenigstens für einen Augenblick alles als Scherz darzustellen.

      »Das beste, mein Lieber, ist, daß du gelacht hast. Es ist kaum zu glauben, wie sehr dadurch jeder Mensch gewinnt, sogar in seinem Äußeren. Ich rede im vollsten Ernst. Er macht immer so ein Gesicht, Tatjana Pawlowna, als hätte er etwas so Wichtiges im Sinn, daß er sogar selbst dadurch ganz beschämt ist.«

      »Ich möchte Sie ernstlich bitten, etwas rücksichtsvoller zu sein, Andrej Petrowitsch.«

      »Du hast recht, mein Freund; aber das mußte doch ein für allemal ausgesprochen werden, damit man später nie wieder darauf zurückzukommen braucht. Du bist aus Moskau zu