3
Als wenige Tage später Brandner zu Grabe getragen wurde, gaben alle - bis auf Gundelach - die an jenem Abend zusammen gespielt hatten, dem so plötzlich zu Tode gekommenen das letzte Geleit. Gundelach war unterdessen vorläufig festgenommen worden, da er als Einziger ein offenkundiges Motiv zu haben schien und darüber hinaus der unter Zeugen ausgestellte Schuldschein verschwunden war.
"Mein Beileid", sagte Geiger, der Bankdirektor, zu der wie versteinert dastehenden Witwe des Ermordeten.
Sie nickte nur und sagte: "Ich hoffe, dass der Schuldige zur Rechenschaft gezogen werden wird!"
"Das wird er!", meinte Geiger zuversichtlich.
Frau Brandner lächelte zynisch. "Die Polizei hat bereits den richtigen verhaftet. Bleibt nur zu hoffen, dass man es diesem Gundelach auch beweisen kann!"
Geiger schüttelte den Kopf. "Ich für meinen Teil kann es kaum glauben, dass Gundelach einen Mord begehen könnte..."
4
Einige Tage später trafen sich Geiger und Jochimsen zufällig.
"Haben Sie schon gehört, dass man Gundelach wieder freigelassen hat?", fragte Jochimsen.
"Ach, was Sie nicht sagen! Das beruhigt mich aber. Ich konnte mir ohnehin nicht vorstellen, dass unser Freund Gundelach - auch wenn er in einer finanziell verzweifelten Situation war - deshalb zum kaltblütigen Mörder würde."
Jochimsen schüttelte den Kopf. "Es ist nicht so, dass die Polizei von seiner Unschuld überzeugt ist. Vielmehr deuten nach wie vor alle Indizien - so spärlich sie auch sein mögen auf Gundelach. Aber man kann es ihm nicht beweisen."
"Ach so ist das." Geiger zuckte die Achseln. "Nun, jeder kann auch unschuldig in die Fänge der Justiz geraten."
5
Die mehr oder minder regelmäßigen Glücksspielabende bei Brandners fanden nun - nach dem Tod des Gastgebers - natürlich nicht mehr statt. Aber es dauerte nur wenige Wochen, da traf man erneut zusammen und zwar wieder auf einer Beerdigung. Es war Gundelach, der (mitsamt den beiden Bleikugeln im Rücken, die seinem Leben ein Ende gemacht hatten) zu Grabe getragen wurde. Jochimsen bemerkte mit Erstaunen, dass Frau Brandner bei dieser Bestattung zugegen war, und so dachte er sich, dass dies möglicherweise eine günstige Gelegenheit wäre, ihr den Kauf des Brandner'schen Unternehmens anzubieten. "Ich würde Ihnen einen vorzüglichen Preis bieten", erklärte er der Witwe.
Sie nickte. "Ja, ich bin einverstanden", sagte sie. "Um ehrlich zu sein, Sie nähmen mir mit der Firma eine große Bürde ab, denn ich verstehe nichts von geschäftlichen Dingen."
Jochimsen lächelte zufrieden. "Der Verkaufserlös, das kann ich Ihnen versichern, wird Ihnen für den Rest Ihres Lebens eine standesgemäße Existenz sichern."
Sie nickte leicht. "Das ist ein großer Tag für mich."
Jochimsen runzelte die Stirn. "Verzeihen Sie... "Würden Sie mir das näher erklären?"
Sie sah ihn mit einem offenen Blick ein paar Sekunden lang an und antwortete dann: "Es ist ein gutes Gefühl, den Mörder meines Mannes im Grab zu wissen!"
"Für die Polizei war Gundelach nicht der Mörder."
"Ach! Hören Sie doch auf!", zischte sie ihm zu, gerade noch leise genug, so dass es sonst niemand mitbekam und die Zeremonie nicht gestört wurde. "Diese Polizisten sind doch allesamt Stümper! Wie hätten sie diesen Mann sonst laufenlassen können? Erklären Sie mir den verschwundenen Schuldschein, von dem sowohl Sie, als auch Geiger übereinstimmend gesagt haben, dass er ausgestellt wurde! Nein, Gundelach ist für mich der Mörder meines Mannes, ganz gleich, was die zuständigen Beamten dazu sagen!"
"Haben Sie etwas mit Gundelachs Tod zu tun?", fragte Jochimsen zögernd. Erst schwieg sie.
"Und wenn schon...", war dann die kühle Antwort.
Als die Zeremonie beendet war, verabschiedeten sie sich voneinander und Jochimsen setzte seinen großen, breitkrempigen Schlapphut auf. Irgendwie albern, dieser Hut, dachte Frau Brandner. Aber seit sie Jochimsen kannte, hatte er stets einen gewissen Hang zur Extravaganz gehabt.
ENDE
Killer ohne Namen
von Alfred Bekker
Der Umfang dieses Buchs entspricht 205 Taschenbuchseiten.
Alles beginnt mit einem Überfall auf einen Sicherheitstransport. Die Beute: Druckplatten zur Herstellung von Dollarnoten. FBI Special Agent Jesse Trevellian und sein Team nehmen die Ermittlungen auf und kommen einer unglaublichen Verschwörung auf die Spur.
Ohne es zu ahnen, ist Trevellian jedoch längst selbst im Visier eines Mörders, der nur als KILLER OHNE NAMEN bekannt ist...
Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.
© by Author
© dieser Ausgabe 2016 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.
Alle Rechte vorbehalten.
1
New York 1998
Der gepanzerte Transporter hielt an der rotgestreiften Barriere. Es sah ganz nach einer Vollsperrung aus. Das konnte heiter werden...
"Verdammt, warum hat uns niemand etwas davon gesagt?", knurrte einer der Wachmänner. Er saß auf dem Beifahrersitz. "Was soll das hier?"
"Vielleicht ein Unfall, Billy", meinte der Mann am Steuer.
"Ich frage trotzdem mal in der Zentrale nach."
Links von ihnen hielt ein Chevy, rechts ein Mercedes. Hinter ihnen war ein Lieferwagen. Der gepanzerte Transporter war eingekeilt.
Billy griff zum Funkgerät.
Aber noch ehe er auch nur einen Ton gesagt hatte, sprangen links und rechts bis auf die Zähne bewaffnete Vermummte aus dem Wagen. Nicht mehr als einen schmalen Streifen in Augenhöhe ließen die dunklen Sturmhauben frei. Sie trugen Maschinenpistolen, Pump Guns und Sturmgewehre. Dazu kugelsichere Westen. Fast konnte man von der Ausrüstung her an ein Sondereinsatzkommando des New York Police Departments denken.
Aber dies waren keine Polizisten.
Billy schrie es fast in das Funkgerät hinein.
"Überfall! Etwa zwei Meilen nach dem Ausgang des Lincoln Tunnels Richtung Union City... Zwölf bis fünfzehn schwerbewaffnete Täter."
"Verhalten Sie sich ruhig und gehen Sie kein Risiko ein", kam es aus dem Lautsprecher des Funkgeräts heraus.
"Verstanden", murmelte Billy.
"Versuchen Sie, die Täter hinzuhalten. Wir tun was wir können."
"Ein wunderbarer Trost", erwiderte Billy gallig.
"Wo ist unsere Eskorte?"
"Keine Ahnung. Nicht da, wenn man sie braucht..."
Einer der Gangster fuchtelte mit dem kurzen Lauf seiner Uzi-Maschinenpistole herum. Er signalisierte den beiden Wachmännern auszusteigen.
"Wir bleiben hier ganz ruhig sitzen", erklärte Billy. "Die können uns mit ihren Waffen nichts anhaben..."