Phönix. Dirk Heinze. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dirk Heinze
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844227123
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weiß, wo und warum.

      sprosse zwei

      er hatte kristin vor einem halben jahr kennengelernt. er kam einfach so herein, auf einer party seiner freundin anne.

      und da saß sie, ganz schüchtern, ganz still - fast gar nicht da.

      und er brauchte nicht lange, er musste nicht mal durchatmen, weggucken und wieder rüber schauen. er wollte auch nicht den ganzen kram - so, uh, wer bist du, was machst du, warum bist du hier, jetzt lernen wir uns erstmal kennen und checken mal, ob wir denn gut zusammen passen, was mit hobbys ist und ob wir auch die gleiche zahnpasta benutzen oder irgendwas.

      nö. er sah sie, er wollte sie, er wusste - das ist es und es gab keine fragen und eigentlich auch keine zeit mehr zu verlieren. es gab nur eine zukunft, in der die hühner wie in trance und zeitlupe über die wiese hüpfen, drei goldene eier am tag legen und die bäuerin jeden morgen vor glück das nest nass heult.

      und er ist phönix, der schwarze hahn, der alles zusammen hält und kristin ist an seiner seite und auch die sonne lacht immerzu und will gar nicht mehr untergehen, weil die beiden das schärfste paar seit bonnie und clyde sind und die sonne es nicht aus den augen lassen will - und wenn sie dann doch mal untergehen muss, schickt sie vor verzückung jede nacht die tollsten und buntesten nordlichter über den bauernhof.

      also ging phönix zu kristin rüber, laber, laber - gacker, gacker, hörte, dass sie zwar nicht alleine lebte aber mal auf ein paar körner irgendwo was picken gehen, wär ja kein problem.

      und auch phönix lebte nicht allein. und alles war gut und alles war schön so.

      und hoffentlich war das in ihm, dieses - wow - und noch ne runde - und ups - und nochmal drehen - und hey - nee, nee ich lache nich, ich hab nur so ein gesichtsproblem und deswegen freu ich mich den ganzen tag - und ja, ich laufe immer so beschwingt und drei meter übern boden - und nö, ich bin immer total und aufgedreht - naja, dieses eben, das ging ja vielleicht weg! morgen, oder übermorgen. aber nächste woche ganz bestimmt.

      aber nee, phönix, da ging nix weg. und er hätte das auch nicht mehr getauscht gegen irgendwas. nicht mal gegen was großen, teures, buntes zum spielen. nööööö!

      also verabredeten sie sich für ein essen - und phönix dachte: o.k., ich will zwar echt gleich heiraten, so mit großem orchester, ganzer familie und auch die anderen freunde von überm teich da hinten - aber lass erstmal was essen gehen und dann gucken wir weiter. man kann ja nicht sofort mit der tür ins haus... was denkt kristin denn dann und außerdem - die gute erziehung, die phönix hatte, musste ja auch erstmal vorgeführt werden.

      und trotzdem war er schon verloren. er sah sich selbst und wie er sich persönlich zur hinrichtung ablieferte.

      und es war schön. nee, so schöön!

      selig erwartete das schwärzeste küken aller zeiten seinen mörderbauern. egal, vor phönix´ augen tanzte kristin. und breitete ihre flügel aus, er spürte den luftzug ihrer federn und es war warm und wohlig und angenehm und es sollte nie mehr aufhören.

      also schwing die axt, baby, weil dieser moment kommt so nie mehr und ohne dem will ich keine sekunde weiter leben.

      wann - fragte phönix, wann gehen wir essen?

      demnächst, sagte kristin.

      und dann ging er nach hause. und auf dem weg klärte phönix in gedanken schon mal die kommenden stunden.

      so schatz, ich bin ihr also begegnet. frau phönix. sorry, tut mir leid. wir hatten so viel tolle zeit aber mein shuttle ist gelandet und ich muss weg. behalt alles, o.k., du hasst mich jetzt, aber wenn du mich irgendwie trotzdem je geliebt hast, dann musst du das verstehen.

      leichte sache. und natürlich nicht.

      er schob das erstmal weg. heute war er das glücklichste huhn auf der welt. und wär er als gans geboren, wär er wahrscheinlich die goldene, ganz klar.

      er lag im nest. es war still, fast zu still.

      er wünschte sich noch ein bisschen trubel, ein bisschen aktion von irgendwo her.

      und als er dann irgendwann einschlief, nachdem er sein kissen so geformt hatte, als läge er an kristins kopf, blinzelte er leicht zu den sternen und das große, neue sternbild am himmel fiel durch sein fenster direkt auf sein gesicht.

      es war ein riesiges „k“.

      sprosse drei

      ein neuer morgen. phönix hatte sich extrem beeilt mit seinem schlaf. es war tag eins nach kristin und es gab nichts zu verpassen.

      er stand auf, waschen, pupsen, rührei und achtete auf alles, was er tat, was um ihn herum geschah und überhaupt. er trat vor die tür, plusterte sich auf, trat vor die riesige sonne und wartete.

      na? was? was is?

      ha! die sonne zog sich schon mal ein stück zurück. also!

      und er spürte diese kraft, dieses kristingefühl. was? wer will mir was? du, du furchterregender adler? huh - und der adler floh und phönix ging locker und elegant zum nächsten problem und nächstem und nächstem und so weiter.

      und so ging das den ganzen tag und phönix war so aufgeregt und wollte nicht mehr schlafen, damit er nicht die nächste evolutionäre kristinstufe verpasste.

      sprosse vier

      und dann kam das erste date, natürlich lichtjahre nach dem partytreff aber gerade noch früh genug, um nicht im rollstuhl dahin geschoben zu werden. und dann stand sie da, so unscheinbar, so allein irgendwie. und er wollte seine federn abwerfen und sie ihr umhängen und sie überschütten mit seiner liebe, die er wie einen panzer um sich trug. ja, wo, bitte, ist das nächste verheiratungsinstitut? wo kann man vor dem essen, mit der welt als zeuge, dieses kristinhühnchen erlegen? wo kann man sich ihren namen auf die putenpelle tätowieren lassen oder gleich umbenennen, damit er sekündlich und in zukunft nur noch „kristin“ hört?

      und dann bekam er plötzlich diese totale unruhe. er spürte die drehung des gesamten universums in sich, er versuchte, diese auszubalancieren, mit sonem leichten tänzeln, um nich vor ihr auf die knie zu fallen. nimm mich, halt mich fest, lass mich über dir vergehen, wie bratenfett auf der weihnachtsgans. lass mich eins werden oder zwei oder unendlich viele, damit ich - wenn der ur-phönix mal schlapp in den seilen hängt - mich sofort als nächster oder übernächster klon zur verfügung stellen kann, damit es dir an gar nix fehlt.

      und vielleicht vergaß er dadurch, sich ordentlich so vorzustellen, dass kristin, noch ehe die eule dreimal ruft, ihm ergeben ist, dass sie sich an ihn krallt und nie, nie wieder ablassen will von diesem wunderschönen, sensiblen, wilden, zahmen, oft erträumt und nie erreichten, kleinem schwarzen küken.

      und vor dieser ganzen aufregung vergaß er auch noch, sich sofort auf sie zu stürzen, seinen extra für sie einstudierten paarungstanz aufzuführen und sie dann mit seinen weltallfarbenen augen ins visier zu nehmen. seine ohren hätte er ganz dicht an ihren schnabel geschmuggelt, um zeuge der ersten, ewigen, unvergessenen kristinworte zu werden: phönix, ich bin dein! uh.

      der abend verging wie im flug. nee, wie ein raketenstart, kurz, schnell, schneller - sie hatten die erdanziehungskraft hinter sich gebracht und er schwebte durch den raum. und sie sah ihn an, verträumt, angepiekst von amor und sagte: o.k., ich muss jetzt los, war ein langer tag, tschüss und ahoi.

      die landung! ohne bremsrakete, ohne fallschirm!

      bum und autsch!

      kein kuss, kein - lass uns die zeiger der scheiss uhr anhalten! diese nacht darf nie zu ende gehen! und die geigen, die ich ringsum höre, dieses leichte beben, das meine flügel unruhig flattern lässt, weil sie dich packen und an mich reisen wollen, aber ich mich geniere, weil ich gut erzogen bin und nich so eine, die beim ersten date die ewige liebe schwört...

      nix!

      o.k., dachte phönix, das is ne harte nuss. zu recht! aber ich werde dich kriegen, baby, du wirst eines tages meinen namen in den garstigen wind schreien