Die Advisoren Band VI. Justin Mader. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Justin Mader
Издательство: Bookwire
Серия: Die Advisoren
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738050158
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Erst eine kleine Lektion für meinen Wurm, dann die Erkenntnisse.

      „Ist Dir bewusst, dass andere Völker diesen Schlund da vor uns, eher als Wurmlochtunnel oder als eine Einstein-Rosen-Brücke, empfinden würden?“, dozierte ich. „Nur ist dies in Wirklichkeit ein 'durch die Abschirmung der von außen wirkenden Schwerkraftstrahlung in den Normalraum gestanztes Pseudo-Blackhole, das jeweils vor dem Raumschiff projiziert wird und das einerseits die friktionslose Vorwärtsbewegung erlaubt, als auch andererseits die hohe Beschleunigung verursacht. ’ Wie es im Benutzerhandbuch so schön steht. Und diesen Antrieb hat mein Volk vor nunmehr schon rund fünftausend Jahren entwickelt, es ist ein sogenannter Tachyonenantrieb.“

      „Falsch, falsch“, wand Este Volante ein, „wir haben ihn erfunden, wir!“

      „Ach halt doch den Schnabel!“

      „Natürlich, zuerst die Lorbeeren selbst einheimsen wollen und dann sich nicht eingestehen können, dass man falsch liegt!“ Este Volante verdrehte seine nicht vorhandenen Augen und es sprudelte nur so aus ihm heraus.

       „Diese Tachyonen, das ist klar, sind nach mittlerweile schon lange überholter Vorstellung rein hypothetische Teilchen, die nie nachgewiesen worden sind. Sie sollten eben stets mit einer Geschwindigkeit, die größer als die Vakuumlichtgeschwindigkeit c wäre, dahineilen. Ihre Masse wäre imaginär, das heißt, das Quadrat ihrer Masse wäre negativ. Und da einer rein imaginären Ruhemasse bis damals keinerlei physikalische Entsprechung zuzuordnen war, waren Tachyonen früher eine rein mathematische Kuriosität ohne jede reale Bedeutung.“

      Siehe da, siehe da, schon hatte ich ihn am Haken.

       „Richtig, doch durch die Erkenntnisse, die ein kluger Wissenschaftler meines Volkes…, ok, oder meinetwegen auch einer von euch Newets, gewonnen hat, weiß man es nun besser. Die Tachyonen haben eindeutig eine negative Masse und wirken daher auf normale Materie abstoßend, das heißt also antigravitativ. Und beweisen damit, dass es in der Wirkweise so etwas Ähnliches wie die sog. 'Dunkle Energie' gibt, die eben gleichbedeutend mit der permanent vorhandenen Tachyonenstrahlung ist. Doch diese 'Dunkle Energie' ist nicht auf gewisse Regionen des Kosmos beschränkt, sondern wirkt überall, aber eben vektorisiert, abhängig von der umgebenden 'normalen’ Materie.“

      „Gähn. Ja, aber das weiß ohnehin jedes Kind!“

      Ich schluckte, ja er hatte natürlich recht, aber ich würde meinen Gedankengang fortführen, ob es ihm nun passte oder nicht. Ohne intellektuelle Herausforderung und einem Ansprechpartner würde ich hier heraußen allein in den Tiefen des Alls wahrscheinlich wahnsinnig werden. Außerdem war da noch die Kleinigkeit mit dem Auftrag. Vielleicht kam da noch etwas.

      „Die erstaunlichste Schlussfolgerung daraus aber ist“, rekapitulierte ich daher, „dass diese antigravitative Wirkung der Tachyonen der tatsächliche Verursacher einer bisher völlig als selbstverständlich angesehenen Kraft ist.“

      „Weiß ich natürlich, nämlich der Schwerkraft! Aber was soll mir das bringen? Hier in der Nährlösung kommt es auf die Viskosität, die Oberflächenspannung und den Auftrieb an. Ja und wie viel Energie Du mir durch diese saure Lösung zugestehst.“

       „Ja, aber der Auftrieb in deiner Nährlösung wirkt so ähnlich wie der Tachyonendruck. Auch der ist allgegenwärtig, er durchdringt jegliche normale Materie, wird jedoch von dieser zum Teil abgestoßen, abgebremst und somit zum Teil seiner kinetischen Energie beraubt. Was zur Folge hat, dass der Grund der Anziehungskraft eines Planeten eben der von außen auf den Planeten wirkende Tachyonendruck ist. Er übt dadurch auf die normale Materie einen Impuls aus. Von der Planetenseite her ist die Wirkung der Tachyonen und somit der Druck geringer, da hier eben die Materie des Planeten den Druck reduzierte bzw. die Energie der Tachyonen verringert. Und dieser Druckunterschied erzeugte eben die Schwerkraft, oder eben das was die Wissenschaft oft in früheren mythischen Abhandlungen als 'Masse’ oder als 'Higgs-Mechanismus’ bezeichnet hatte. Im freien Weltall ist der Druck nicht messbar, da er von allen Richtungen gleichförmig auf jedes Objekt wirkt und sich somit aufhebt.“

      „Woher kommt es eigentlich, dass vernunftbegabte Wesen sich so einen Nonsens, wie die Higgsteilchen ausdenken können? Das sind doch nur spontane, temporär sehr kurzlebige Energieemissionen, die bei Photonenkollisionen entstehen und dann wieder vergehen. Und das ohne weitere Konsequenzen.“

      Er hatte natürlich recht, im Nachhinein betrachtet, waren diese Überlegungen Fehlentwicklungen gewesen.

      „Ja, ja, natürlich. Was wären wir nur ohne euch Newetwürmer und eure unendliche Arroganz. Ja, da haben wir geirrt. Aber geschadet hat es keinem.“

       Längst hatte ich es mir hinter meiner zentralen Steuerkonsole bequem gemacht und blickte gedankenversunken in den unendlichen Tunneln des Überraums. In meinen kleinen grauen Zellen arbeitete es jedoch mit Hochdruck. Tachyonendruck, Gravitation, Leben in der Abgeschiedenheit einer Nährlösung, zusätzliche Energiezufuhr… Langsam kristallisierte sich für mich, dank meiner Reflexionen mit dem Newetwurm ein neuer Gedankengang für die Lösung meiner Aufgabe heraus.

      „Diesen Druck kann man jedoch auch künstlich mit speziellen Vorrichtungen, wie beispielsweise rotierende, gepulste elektromagnetische Felder beeinflussen. Mit diesen Magnetfeldern wird somit diese Druckstrahlung einseitig abgeschirmt und der damit ausgestattete Flugkörper wird dadurch in diese eine Richtung mit atemberaubender Geschwindigkeit beschleunigt, da von der anderen Seite der überlichtschnelle Tachyonendruck ja noch wirkt. Und wenn man das Ablenkfeld um das gesamte Schiff schließt, wird damit quasi ein in sich geschlossener Raum geschaffen, in dem die Gesetzte des Kosmos nicht mehr gelten, also keine Schwerkraft, aber auch keine Massenträgheit existent ist. Denn Massenträgheit ist lediglich der Gegendruck gegen den von den Tachyonen erzeugten Primärdruck. Somit kann man mit Beschleunigungen agieren, die im Normalfall jeden Gegenstand sonst zerquetschen würde. Jeder noch so kleine Impuls, der auf diesen nunmehr schwere- und masselosen Gegenstand wirkt, hat unmittelbar eine Beschleunigung zur Folge, da der Gegenstand ja keinerlei Massenträgheit mehr besitzt.“

      Ein leises Schnarchgeräusch drang aus der Box. Wollte mich der Kerl jetzt provozieren, oder war er tatsächlich eingeschlafen? Vielleicht konnte man ihn durch diese Belanglosigkeiten wirklich aus dem Konzept bringen? Ob er doch noch lauschte, würde ich merken, wenn ich ihn beim Weiterreden ein bisschen provozierte.

      „Diese Technologie, die bisher eher als Zauberei angesehen wurde, hatte vor nunmehr fünftausend Jahren einen richtiggehenden Boom und einen Technologieschub in meinem Volk ausgelöst. Die gesamte bisherige Technologie war über den Haufen geworfen worden und die Tachyonentechnologie wurde nunmehr zu dem bestimmenden Faktor in meinem Volk. Denn ein mit Tachyonentechnologie angetriebener Antigravtransporter konnte viel mehr Leistung erbringen als ein normaler mechanischer Arbeitskran.“

      Ich kontrollierte nun die Sensorphalanx der Newetbox genau.

      „Aber nicht nur die technologischen Voraussetzungen änderten sich durch diese neue Erkenntnis, sondern auch die sozialen. Denn nicht alle meines Volkes konnten sich diese revolutionären Neuerungen auch leisten. Die Schere zwischen Arm und Reich klaffte immer mehr auseinander. Das einfache Volk wurde nun als billige Arbeitskraft ausgenutzt und die elitäre Klasse die diese neuen Technologien nutzte, entwickelte sich zuerst zu einer Oligarchie und schließlich zu einer Geheimorgansation, die ängstlich darauf achtete, dass diese Technologie nicht in fremde Hände geriet. Diese fortschrittliche Technik garantierte nämlich, dass dieser Cyrcle immer mehr Einfluss erhielt.“

      Keine Reaktion von meinem Wurm! Dabei müsste es ihn ja treffen, da diese negative Entwicklung primär von seiner Spezies ausgegangen ist.

      „Als es zur ersten Begegnung mit einem Fremdvolk in den Weiten des Universums kam, bewährte sich diese Art der Regierung und das andere Volk zog den Kürzeren. Was die Macht der Wenigen weiter stärkte. Die Regierung nahm nun das Zepter immer mehr in ihre Hände und setzte ihre Position nicht nur gegen das eigene Volk, sondern nun auch immer mehr gegen andere Völkerschaften ein.

      Meine Spezies wurde immer mächtiger und keiner konnte es schließlich mit uns aufnehmen. Doch es war wie ein Zwang. Der Cyrcle wurde einerseits immer mächtiger, sodass sich unsere Mächtigen schließlich