Kapitel 2
An einem Sommermorgen 1959, wo sich der tägliche Ablauf für Linda immer wiederholte, aufstehen in den Hühnerstall die Hühner füttern, Kaffee kochen auf die Arbeit zu Familie Porter fahren usw. wurde Linda von Familie Porter überrascht.
Herr Porter sagte Linda, dass seine Frau und er sowie die beiden Kinder Jenny und Mary im September des gleichen Jahres wieder zurück in die USA müssen und zwar nach Arizona. Herr Porter muss dort noch 2 Jahre bis zu seiner Pensionierung dienen. Linda war geschockt eine solch gute Arbeitsstelle bei einer so netten Familie zu verlieren und war ganz traurig.
Herr Porter war aber noch nicht fertig mit seiner Rede. Er sagte weiter, dass seine Familie mit der Arbeit von Linda sehr zufrieden seien und sie gerne auch in ihrem Haushalt in Arizona dabei hätten.
Wau, habe ich das richtig gehört, dachte sich Linda. Ich soll mit nach Arizona, in die USA, in die große weite Welt ? Das konnte sie kaum glauben. Herr Porter bestätigte das noch einmal und sagte, dass sie in ihrem Haus wohnen kann und er alle weitere Vorbereitungen wie Visum usw. erledigt. Vorerst soll das Visum für ein Jahr gelten. Danach könnte sich Linda entscheiden ob sie noch länger bleiben möchte oder nicht.
Als Linda an diesem Abend mit dem Zug und Bus heimfuhr wusste sie nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Arizona, USA, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und auf der anderen Seite ihre alleinstehende Mutter, an der sie so hängt und die sie auch nötig braucht. Ihr verheirateter Bruder Günther kommt auch ohne sie aus aber was ist mit dessen Tochter Betty an dem sie so hängt.
Dann ist die Schwägerin Ingeborg schwanger, das Baby kommt im Oktober und sie soll schon im September nach Arizona gehen, sie kann das Baby nicht mehr sehen.
Was soll sie machen ? Linda war hin und hergerissen.
Am Abend zu Hause angekommen erzählt Linda noch nichts von dem Angebot der Familie Potter.
Auch beim nächsten Tanzabend erzählt Linda ihren Freundinnen nichts davon. Ihre Freundin Lilly merkt aber an diesem Samstagabend, dass Linda nicht so kichert und lustig ist wie an den anderen Abenden und fragt sie bei einer kleinen Zigarettenpause im Freien was sie bedrückt.
Linda erzählte Lilly heulend von dem Angebot der Familie Porter und fragte diese, was sie tun solle. Sie hat ja immer von einem Leben in dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten geträumt und jetzt ? Soll Sie ihre geliebte Mutter und alle ihre Freundinnen zurück lassen ?
Keine leichte Entscheidung stimmte ihr auch Lilly zu. Aber eine solche Chance, vom Bauerndorf in die große weite Welt zu kommen, die gibt es nur einmal.
Linda war nach dem Gespräch etwas erleichterter aber keineswegs glücklich.
Am nächsten Morgen strengte sich Gerlinde im elterlichen Haus bei der Haus und Feldarbeit noch mehr an als sonst und schuftete an diesem Tag mehr als an allen anderen. Als die ganze Familie beim Abendbrot saß, beichtete sie ihrer Familie das Angebot von Familie Porter.
Elisabeth blieb fast das Essen im Halse stecken und auch Günther verschluckte sich an seinem Bier. Es war einige Minuten ganz still, Linda schaute nur nach unten und traute sich nicht irgend Jemanden anzuschauen.
Die Schwägerin Ingeborg ergriff als Erste das Wort und sagte zu Linda, dass dies ein tolles und nicht alltägliches Angebot sei. Sie selbst ist mit 15 Jahren aus Breslau nach Deutschland geflüchtet und hat ihren Vater auch schon früh verloren. Ihre Brüder mussten Vaterersatz spielen und lebt nun auch fern iIhrer Familie in einer für sie fremden Welt. Mutter und Geschwister sind weit weg – man kann sie zwar mit dem Zug einfacher besuchen als wenn man in Amerika lebt.
Ingeborg nahm Linda in den Arm und setzte sich mit ihr vor dem Haus auf die Bank und erzählte ihr von ihren Ängsten und Träumen die sie hatte als sie nach Westdeutschland gekommen ist. Kurz darauf kam Elisabeth zu Linda und sagte ihr, dass sie natürlich ihre Tochter gerne in der Nähe hätte aber ein Jahr geht schnell vorbei. Es ist ja nur für ein Jahr bestätigte Linda und umarmte ihre Mutter. Es ist dein Leben und nicht meines und ich hoffe dass du die richtige Entscheidung treffen wirst, sagte Elisabeth zu Linda. Ja ein Jahr geht schnell vorbei und sie könne auch ihre Englischkenntnisse aufbessern. Zudem wisse sie ja, dass sie bei Familie Porter in guten Händen ist. Das wusste auch Elisabeth und nahm ihr ein bisschen die Angst.
Am nächsten Morgen sagte Linda Herrn Porter, dass sie für ein Jahr mit ihnen nach Arizona fahren wird. Das freute natürlich die ganze Familie Porter, sie haben sich ja alle schon an Linda gewöhnt, die sie wie eine eigene große Tochter behandeln.
Herr Porter erledigte die nächsten Tage alle Behördengänge für Linda und erzählte ihr noch mehr Geschichten aus den USA wie vorher.
Linda hatte große Angst vor dem Tag der Abreise und dem Abschied von der Familie, sehnte sich aber auch nach diesem Tag um endlich einmal in die große weite Welt zu kommen.
Kapitel 3
Die Abreise
In ein paar Tagen wird es soweit sein und Linda ist immer noch in sich zerrissen ein Teil von ihr möchte gerne hier bleiben und der andere Teil möchte gerne die große Reise in das unbekannte Land antreten.
Die Freundinnen und Freunde von Linda veranstalteten an ihrem vorerst letzten Wochenende in der Heimat im Gasthaus ihres Heimatortes eine kleine Party. Es ging fröhlich und lustig zu, nur beim Abschied wurden Tränen vergossen.
Am nächsten Tag fütterte Linda nochmals die Hühner im Stall, versorgte auch das übrige Vieh und packte ihre sieben Sachen in ihren großen Koffer.
Elisabeth bereitete das letzte gemeinsame Abendessen in der Küche vor und Ingeborg deckte den Tisch. Die kleine Betty sprang den ganzen Tag um ihre geliebte Tante herum, konnte sie es gar nicht verstehen warum und wo ihre Tante am nächsten Tag hinging.
Als Alle am Tisch saßen holte Linda aus einer großen Tüte eine herrliche Puppe, die sie bei den Amerikanern gekauft hatte und gab sie Betty. Diese Puppe hieß Conny und sollte sie immer an ihre Tante erinnern. Auch für Ihre Mutter hatte Sie etwas gekauft, eine schöne Kaffeetasse mit der Aufschrift:“ Für meine geliebt Mutter“. Günther bekam ein paar Päckchen Zigaretten und Ingeborg eine Schachtel Praline. Das waren ihre Abschiedsgeschenke aber in einem Jahr ist sie ja wieder zurück.
Es sollten aber ein paar Jahr mehr werden. Nach diesem Abend war nichts mehr wie es früher war und sollte auch nie mehr so werden.
Ganz früh morgens verabschiedete sich Linda mit Tränen in den Augen von der ganzen Familie und fuhr mit Bus und Zug nach Kaiserslautern zur Familie Porter. Nachmittags ging es mit dem Zug von Kaiserslautern nach Hamburg, zum Hafen.
Während der Zugfahrt sah Linda aus dem Zug deutsche Landschaft, die sie noch nie gesehen hatte und wusste immer noch nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.
In Hamburg angekommen fuhren Alle mit dem Taxi zum Hafen wo schon ein großes Schiff auf sie wartete.
Man, solch einen großen Dampfer hatte Linda noch nie gesehen. Das Schiff hatte sogar einen Namen, Blueberry hieß es. Herr Porter hatte für sie eine Innenkabine gebucht. Alleine diese auf dem großen Schiff zu finden war schon schwer. Beeindruckt von dem riesigen Kahn verschwand Linda dann in ihrer Kabine mit Gedanken an den frühen Morgen, als sie noch an der Haltestelle ihres kleinen Dorfes stand. Nun stehen sechs Wochen Schiffsreise bevor, ehe sie in New York anlegen. New York, es ist einfach unglaublich, in ein paar Wochen würde sie in New York sein, in der größten Stadt der USA. Sie, ein einfaches Zimmermädchen ist über den großen Teich gefahren und New York liegt ihr zu Füßen.
Tabletten für Übelkeit während der Schiffsreise hatte Herr Porter auch dabei, diese waren aber nach zwei Tagen vorbei. Das Meer war rauh und die Wellen teilweise hoch, sodass Linda manchmal die Angst überkam. Was würden wohl die Mutter, Bruder und Nichte zuhause machen ? Kommen sie ohne mich zurecht