Orangen und Datteln. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783746750163
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Kleid des Panthers und seiner Sultana.«

      »Nun wohl, ich habe ihn und sie getötet beim Sternenscheine am Fuhm-es-Sahar.«

      »Den fürchterlichen Panther am Fuhm-es-Sahar, der schrecklicher war, als alle Panther der Steppe? Sihdi, du bist ein Held, ein großer Krieger! Wie viele Männer sind bei dir gewesen?«

      »Keiner. Ich habe ganz allein mit dem Panther und seiner Frau gesprochen.«

      »Ganz allein? Allah akbar, Gott ist groß, und du bist ein Akhu (Bruder, Genosse) des großen Emir-el-Areth, der im Wed-el-Kantara ertrank!«

      »Ich bin ein Franke, wie er, und habe eine Büchse, welche dieselben Worte spricht, wie die seinige.«

      »Ein Franke bist du und ein Jäger, wie der Emir-el-Areth? Dann muß ich dir etwas sagen, was deine Seele erfreuen wird!«

      Er war plötzlich sehr ernst geworden und trat mit geheimnisvoller Miene ganz nahe zu mir heran. Die zwei hohl gebogenen Hände wie ein Sprach- oder Hörrohr an meine Ohren haltend, legte er den Mund an sie und flüsterte so leise, daß ich es kaum zu verstehen vermochte:

      »Kennst du Assad, den Aufruhrerregenden?«

      Ich nickte und blickte ihn erwartungsvoll an.

      »Kennst du Assad-Bei, den Herdenwürger?« fragte er in derselben Weise.

      Ich nickte zum zweiten Mal bejahend mit dem Kopfe, und er fuhr fort:

      »Er ist unserer Herde gefolgt schon lange Zeit und hat uns die besten Tiere geraubt; erst in der vergangenen Nacht holte er wieder ein Rind für sich und seine Frau, aaib aaleihu, Schande über ihn!«

      Der leise Flüsterton war mir nicht unbegreiflich. Der Araber hat einen außerordentlichen Respekt vor dem Löwen; so lange das gewaltige Tier noch lebt, nennt er es mit den hochtrabendsten und ehrendsten Namen, um es ja nicht zu beleidigen und zur Rache herauszufordern; ist es aber getötet, so bewirft er es mit den demütigendsten Schimpfworten und thut ihm alle möglichen Beleidigungen an. Er fürchtet die Stärke und Zähigkeit des Königs der Tiere und läßt sich lange Zeit von ihm berauben, ehe er sich zu einem Angriffe entschließt, der bei der gebräuchlichen Weise der Araber meistens mehrere Menschenleben kostet.

      Der sonst so tapfere und unerschrockene Sohn der Wüste wagt es nämlich nie, wie der kühne europäische Jäger zu thun stets vorzieht, den Löwen allein anzugreifen. Es treten sämtliche waffenfähige Männer des Duars oder der Dachera (Gebäudedörfer) zusammen, suchen das Lager des Tieres auf, locken es durch lärmendes Rufen, Brüllen, Pfeifen, Schießen und Klappern aus demselben hervor und jagen ihm, sobald es erscheint, aus ihren langen, unsicher treffenden Flinten so viele Kugeln wie möglich in den Leib. Selbst wenn es zum Tode verwundet ist, besitzt es noch so viel Lebenszähigkeit und Kraft, sich auf einen oder mehrere zu werfen, um sich vor seinem Verenden blutig zu rächen.

      Die Furcht, welche man vor ihm hegt, geht sogar so weit, daß man bei dem Entschlusse und der Vorbereitung eines Angriffes nur leise spricht; man meint, er könne es hören und dem Angriffe begegnen. Darum sprach der Alte so heimlich; Assad Bei, der Aufruhrerregende, der Herdenwürger, hätte ja sonst seine Worte vernehmen können.

      Jetzt fiel es mir auch auf, daß ich keinen einzigen waffenfähigen Mann in dem Duar bemerkt hatte. Nur einige neugierige Frauenköpfe waren zwischen den Vorhängen der Zelte zu sehen gewesen.

      »Eure Männer sind gegangen, ihn zu töten?«

      »Alle unsere Männer und Jünglinge samt unsern Gästen, welche kühne Söhne des Uëlad Sliman sind.«

      Bei dieser Nachricht war alle Müdigkeit und Erschöpfung von mir gewichen.

      »So werde auch ich gehen, um den Sihdi-el-salssali, den Herrn des Erdbebens, aufzusuchen!« Ich wußte, daß der Löwe wegen der Macht seiner Stimme so genannt wird.

      »Be issm lillahi, um Gottes willen, sprich leise!« bat der Alte ängstlich. »Wenn er es hört, so bist du verloren. Er kommt herbei und reißt dich in Stücke.«

      »Bist du toll, Sihdi,« lamentierte Hassan-el-Kebihr, »daß du dein Fleisch zerreißen und deine Knochen zermalmen lassen willst durch den ›Herrn mit dem dicken Kopfe‹, der mehr Kraft hat als zehn Scheitans, als hundert Teufel zusammengenommen? Du hast den Panther und sein Weib getötet, Assad-Bei aber spottet der Kugel und lacht deines Messers; sein Fell ist härter als der Schild des Nurab-a-Torel-Khadra.«

      »Aus deinem Munde spricht die Angst, und deine Rede trieft von Furcht, Hassan. Allah hat ein Weib geschaffen und ihm deine Gestalt gegeben!«

      »Sihdi, wenn mir dies ein anderer sagte, so würde ich ihn auf der Stelle erwürgen. Hassan-Ben-Abulfeda-Ibn-Haukal al Wardi-Jussuff-lbn-Abul-Foslan-Ben-Ishak al Duli kennt weder Angst noch Furcht, denn er ist Djezzar-Bei, der Menschenwürger. Aber er ist nicht jung und auch nicht fett genug; der Löwe mag ihn gar nicht fressen!«

      »Er soll dich auch nicht fressen; du bleibst mit Jussuf hier bei unseren Tieren,« tröstete ich ihn.

      Er schien mit diesem Befehle außerordentlich zufrieden zu sein, nicht so aber der Staffelsteiner.

      »Dos kann nix sein, Herr,« appellierte dieser gegen meinen Bescheid. »Ich geh' halt mit. Ich hab' nit mit auf den Panther gedurft, drum will ich wenigstens heut meine Büchs' probier'n. Wenn der Löwe Sie nit frißt, so mag er seh'n, wie ich ihm schmeck'. Ich bin Ihr Diener und gehör' halt dahin, wo sich mein Herr befindet.«

      »So magst du mitgeh'n,« entschied ich, erfreut über diesen Beweis von Mut.

      Hassan suchte mich noch immer abzuhalten; er erging sich in den kräftigsten Schilderungen der Gefahr, welche uns erwartete. Es half ihm nichts.

      »Hamdulillah, Preis sei Gott,« meinte dagegen unser Wirt. »Allah ist barmherzig und gnädig; er hat dich zu uns gesendet und wird deine Waffe segnen, daß du unsere Männer errettest von den Klauen des Tieres, welches der Herr des Erdbebens ist!«

      Der Morgenländer hält jeden Franken, welcher ein Gewehr trägt, für einen ausgezeichneten Schützen, und die Freude des Alten gründete sich jedenfalls auch mit auf die stille Hoffnung, daß der Löwe statt einen der Seinigen mich und Josef zerreißen werde.

      »Wo ist der Löwe?« fragte ich ihn.

      »Komm heraus vor das Zelt, Sihdi; ich werde es dir zeigen!«

      Ich nahm meine Waffen und folgte ihm.

      Vom See aus zog sich eine immer breiter werdende Vertiefung den Hügel hinan; es war ein jetzt trockener Wadi. Noch immer flüsternd, zeigte der Alte auf die mit Felsen übersäte Rinne des Wadi.

      »Ganz oben in diesem Battn el Hadjar, in diesem Bauch der Steine, hat der Emir-el-Areth sein Lager. Die Männer sind hinauf, um ihn hervorzutreiben. Lauf schnell, Sihdi, daß du nicht zu spät kommst, ihn in die Tschehenna, in die Hölle, zu schicken!«

      »Komm, Josef!«

      Ich war meiner Büchse sicher; sie hatte mir niemals versagt, und jede der aus ihr geschossenen konischen Kugeln hatte bisher ihre Schuldigkeit gethan. Ich war überzeugt, daß sie mich auch heute nicht verlassen werde.

      Um den obern Teil der Schlucht so bald wie möglich zu erreichen, vermied ich die Windungen, welche sie machte, und schritt von den Zelten aus gleich direkt den Berg hinan. Am oberen Wadi angekommen, vernahm ich einen ganz entsetzlichen Lärm, welcher aus der Tiefe der Schlucht emporscholl. Rasch eilte ich dem vor mir liegenden Rande zu, von welchem aus ich die Situation vollständig überblicken konnte.

      Die steile Böschung grad mir gegenüber zog sich ein Gebüsch von Wacholder und stacheligen Mimosen hinan, welches von den Arabern umzingelt war. Es mußte den Löwen verbergen, denn die oberhalb des Gestrüppes Befindlichen rollten große Steine in dasselbe, um das Tier herauszutreiben. Die Männer schwangen ihre Flinten und tanzten dabei vor Aufregung und suchten sich durch kreischende Zurufe zu ermutigen. Ich empfing einen eigentümlichen Eindruck von dieser untaktischen Art und Weise, ein Wild zu jagen, welches sich am besten des Nachts, Auge in Auge und ohne Lärm erlegen läßt.

      Da