Kill The Pimp. J. Ergin. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: J. Ergin
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748513384
Скачать книгу
es war nicht mal mehr Wochenende.

      Der Mann war schon öfter im »Moonray« gewesen. Er saß immer allein am selben Platz, immer ganz links und nahm stets »das Übliche«.

      Sein Jackett legte er auf den Barhocker rechts neben sich, strich die mittellangen Haare hinter die großen Ohren, ehe er das Glas an seinen Mund hob. Meist verschwand er auch so schnell, wie er gekommen war. Doch diesmal blieb er länger. Um genau zu sein, war er mein letzter Gast in dieser Nacht.

      »Ich habe gesehen, wie du mit der Lady vorhin geredet hast. Du scheinst ein ausgefeilter Charmeur zu sein und kassierst die Kohle im Handumdrehen mit.«

      Ich lachte etwas verlegen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er zugehört hat, aber etwas stolz war ich schon.

      »Ach, das ist nur eine Verkaufsmasche, nichts Großes«, entgegnete ich.

      »Gefällt mir gut, diese Masche. Sag, wie alt bist du?«

      »Einundzwanzig.«

      Man merkte, dass er etwas überrascht über mein junges Alter war und auch darüber, dass ich ausgerechnet hier arbeitete. Ich klärte ihn darüber auf, dass es nur vorübergehend wäre, weil ich neben dem Studium etwas dazu verdienen wollte und Rechnungen für die letzte Autoreparatur zu begleichen hätte.

      »Na, wenn das so ist, hast du ja noch einiges vor dir, aber ich habe dich hier bereits oft beobachtet. Das Geld dürfte da schnell zusammen sein.«

      Skeptisch sah ich ihn an.

      »Sie haben mich beobachtet, beobachtet inwiefern?«

      Er ging erst gar nicht auf meine Worte ein, sondern trank stattdessen sein Glas mit einem weiteren Schluck leer.

      »Mach mir einen Whisky, Junge.«

      Eigentlich hätte ich jetzt Feierabend, aber nun, da er mir so viel Geld gegeben hatte, konnte ich ihm diesen Wunsch schlecht abschlagen.

      Als ich das Whiskyglas vor ihm abstellte und endlich seine volle Aufmerksamkeit hatte, wiederholte ich meine Frage: »Warum haben Sie mich beobachtet?«

      »Du scheinst mir ziemlich clever zu sein. Gleich als ich dich das erste Mal sah, wusste ich, dieser Bursche hat das Zeug, etwas Größeres zu werden als eine Servicekraft.«

      »Vielen Dank, Sir.«

      Wenn eins besser war als das Lob des Chefs, dann war es das Lob der Gäste.

      Ich drehte das Öffnungsschild schon mal um, damit keiner mehr reinkam. »Geschlossen« leuchtete es jetzt in grünen und rosanen Neonbuchstaben aus dem Fenster. Naja fast, immerhin saß der Mann noch da vorne an der Bar …

      Er strich um den Rand seines Whiskyglases. Das machte mich kirre, denn je länger der Mann hier saß und die Zeit verstreichen ließ, umso länger musste auch ich bleiben.

      »Willst du nach Hause? Du siehst ziemlich müde aus, Kleiner«, fragte er, als hätte er meinen Gedanken gelesen.

      »Wenn Sie gerade so fragen, gegen etwas Schlaf hätte ich nichts.«

      »Hm, wenn du Interesse hast, kann ich dir eine andere Möglichkeit beschaffen, wie du dein nötiges Kleingeld schneller zusammenbekommst. Dann reicht es nicht nur für die Reparatur deines Wagens, sondern vielleicht für einen ganz neuen und noch ein wenig mehr.«

      Jeder, der behauptet, dass ihn ein solches Angebot nicht hellhörig machen würde, lügt.

      »Reden Sie weiter«, forderte ich ihn auf und legte das Poliertuch erst mal zur Seite.

      »Vorher muss ich sichergehen, dass du keinem was davon erzählst. Ich hoffe, man kann dir vertrauen.« Er schob mir etwas Geld über die Theke. Wobei ich mir nicht sicher war, ob ich es hätte annehmen sollen. Ich wollte in dem Moment nur eins wissen: Was könnte denn schon so geheim sein, dass er es mit einem Fremden wie mir teilen wollte?

      »Nun gut. Ich hätte da einen Job für dich, aber er ist nicht ganz einfach und nicht ganz legal, sagen wir so.«

      Auch wenn ich mir schon denken konnte, worauf dieses Gespräch hinauslief, hakte ich noch mal nach: »Was denn genau?« Er antwortete kurz und knapp: »Handeln.«

      Alle, die mich kannten, wussten, dass ich so was nie im Leben tun würde.

      »Nettes Angebot, Sir, aber ich bin weder bereit für solche Geschäfte, noch will ich Ärger mit der Polizei … also lassen wir das lieber. Sie nehmen Ihr Geld und ich habe nie etwas davon gehört.«

      »Es ist ein einmaliges Angebot. Überleg es dir gut. Ich weiß, dass du das kannst.«

      Ich fing an, mich rauszureden: »Ist das nicht gefährlich?«

      Der Mann lachte mich aus.

      »Er fragt ernsthaft, ob es gefährlich ist.« Er setzte sein Glas ab. »Hör zu, Kleiner.«

      »Mein Name ist Richard«, unterbrach ich ihn abrupt.

      Ich war nicht gerade groß für mein Alter und hasste es, wenn jemand Andeutungen in diese Richtung machte.

      »Meinetwegen, Richard, wenn du einen Job willst, der ungefährlich ist, dann bleib einfach Barkeeper und verbring die Nächte damit, Erbrochenes der Leute wegzuwischen.«

      Der Mann hatte nicht ganz unrecht; dieser Job hatte auch seine Schattenseiten …

      Er zog seine Jacke wieder an und reichte mir zum Abschied die Hand. Er hatte einen warmen und festen Händedruck.

      »Schade, und ich dachte ernsthaft, ich könnte Geschäfte mit dir abschließen, Richard. Aber wenn du nicht willst, dann wünsche ich dir noch einen schönen Abend.« Das Geld ließ er trotzdem liegen.

      Als er sich auf den Weg zur Tür machte, stand ich unter einem Druck, den ich nicht beschreiben konnte. Einerseits wusste ich, dass dies eine illegale Angelegenheit war, andererseits wusste ich aber auch, wie viel sie mir einbringen konnte. Wenn ich allein schon an die Schulden bei meinem Onkel dachte, an die letzte Autoreparatur oder etwa an die Miete und alles andere, was am Ende des Monats noch so anfiel, da blieb kaum etwas zum Leben übrig. Und meinen Onkel noch mal fragen … das käme auch nicht in Betracht. Ich hatte es satt, jeden Penny einzeln umdrehen zu müssen, außerdem wäre es ja nur für den Übergang.

      »Warten Sie!«, rief ich ihm hinterher. Er drehte sich um. »Ich bin dabei.«

      Ein breites Lächeln erschien auf seinen Lippen.

      Es stellte sich heraus, dass der Fremde Bordellbesitzer in Pahrump war. Dort ist es – anders als in Vegas und in vielen anderen amerikanischen Städten – unter bestimmten Regeln gestattet, ein Bordell zu betreiben.

      Doch das »Bright Night Palace« war kein gewöhnliches Bordell. Es machte seinem Namen alle Ehre, denn tatsächlich sah es aus wie ein riesiger Palast.

      In jedem der zehn Stockwerke gab es eine Penthouse-Wohnung und neun Love Rooms, die über ein weites Themenspektrum verfügten: Da gab es zum Beispiel den »Wild Night Safri« mit Fellbettwäsche und einer Leopardenmustertapete, um dem Erlebnis eine wilde Note zu verleihen oder etwa den »Asian Temple« mit Duftstäbchen und Bambuspflanzen. Die Nacht hatte hier schon ihren Preis.

      Der Mann und ich standen gerade vor dem Panoramafenster seines Penthouses, das einen fabelhaften Ausblick bot.

      »Mach es dir gemütlich, Richard«, sagte der Mann bedächtig, um zu zeigen, dass er meinen Namen behalten hatte. Er wies dabei auf einen der Ledersessel ihm gegenüber. Ich hatte mit meinem Hintern wahrscheinlich noch nie zuvor auf etwas Teurerem gesessen.

      Er war nobel gekleidet. Ich hingegen saß in einem schlichten, weißen T-Shirt, Jeans und Turnschuhen vor ihm. Meine Kappe hatte ich schon längst abgenommen und drückte sie nervös zwischen den Händen zusammen, fast so, als könnte ich sie dadurch verschwinden lassen. Ich wollte den Herrn ansprechen,