Tatort: Dimension, Inaara. Amanda Savo. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Amanda Savo
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844261516
Скачать книгу
Personalteil der Insel befand. Da das Hotel viel Gewinn machte, konnte der Hoteldirektor alle möglichen – wenn auch übertriebenen und fast lächerlichen – Extras auf der Insel einrichten lassen. Unter anderem auch ein Kriminallabor, das bei verschwundenen Handtaschen oder aufgebrochenen Safes der Sicherheitsabteilung bei den Recherchen half. Solche Fälle kamen allerdings eher selten vor.

      Als Sebastian den Tatort betrat wurde ihm übel. Glücklicherweise hatte er noch nicht gegessen. Kendra gab ihm ein Glas Wasser.

      „Setzen wir uns einfach im Vorraum hin und warten auf die anderen“, meinte sie. Es tat ihr leid, dass sie ihn nicht an der Tür vorgewarnt hatte, aber sie war noch immer fassungslos neben der Leiche gestanden, als Sebastian hereingekommen war. Gemeinsam setzten sie sich nun in den Vorraum des Büros und Kendra wunderte sich wo eigentlich Frau Potter, die Sekretärin vom Chef war. Sebastian hatte auch nicht sehr viel praktische Erfahrung in Ermittlungsarbeit. Er wurde bei einem Einsatz als Polizist angeschossen und war lange arbeitsunfähig gewesen. Wieder genesen, hatte er von Inaara erfahren und war vor einem halben Jahr auf die Insel gekommen. Sebastian und Kendra hatten sich von Anfang an gut verstanden. Sie leiteten gemeinsam die Sicherheitsabteilung und genossen ihren bisher ruhigen Job. Nach einiger Zeit kamen endlich die restlichen Mitarbeiter an. Kendra warnte sie in einem halbwegs gefassten Ton:

      „Es ist etwas schreckliches passiert. Frederick Saarinen wurde ermordet. Seine Leiche liegt im Büro und sieht furchtbar aus.“

      Mit einer Handbewegung wies sie die anderen an, nun in das Büro einzutreten. Diesmal hatte sie ihre Kollegen vorgewarnt, bevor sie den Raum mit der Leiche betraten. Kelly schrie dennoch kurz auf, als sie die schrecklich zugerichtete Leiche sah. Die Vorwarnung hatte nichts genützt. Glücklicherweise befand sich das Büro am hintersten Ende des Ganges und war durch zwei Türen vom Rest der Etage getrennt. Die meisten Hotelgäste waren am Vormittag irgendwo auf der Insel unterwegs. Es war unwahrscheinlich, dass jemand in einer der Suiten den Schrei gehört hatte. Kelly beruhigte sich allmählich wieder. Sandra war ebenfalls sichtlich mitgenommen, hatte aber in den Jahren im Morddezernat schon einiges gesehen. Sandra war 39 und hatte nach ihrer Scheidung vor einem halben Jahr auf Inaara einen neuen Lebensabschnitt begonnen. Sandra blickte Kendra erwartungsvoll an. Kendra bat die anderen wieder in den Vorraum zu gehen, um die Lage zu besprechen.

      „Dustin, wer ist bei einem Mord hier zuständig?“, fragte sie.

      „Ich glaube wir selbst“, gab er unsicher zurück und fuhr fort: „Ich weiß, dass Inaara tatsächlich keinem Staat angehört. Laut unseren Unterlagen handelt es sich um eine völlig unabhängige Privatinsel, die zum Großteil Anton Saarinen, dem Bruder von Frederick gehört. Die genauen Besitzverhältnisse sind etwas unklar und außer unserem Direktor hatte keiner der Angestellten Kontakt mit dem oder den Besitzern. Aber seine Kinder werden das wohl wissen... Wie das meiste auf Inaara ist das immer sehr geheimnisvoll geblieben. Ich wüsste nicht, an wen wir uns wenden könnten. … Meines Wissens gab es hier noch nie ein derartiges Gewaltverbrechen.“

      „Also sollen wir das ganze selbst in die Hand nehmen?“ Kendra blickte fragend in die Runde.

      „Wo sollen wir anfangen? Was genau machen wir jetzt als erstes? Wer ist denn verdächtig?“, wollte Sebastian wissen.

      Sandra meldete sich zu Wort: „Wir müssen klären wer ein Motiv hatte und auch die Möglichkeit. Die Spuren am Tatort werden hoffentlich einiges ergeben, das für die Ermittlungen wichtig ist. Und wir müssen Zeugen vernehmen. Wer den Direktor zuletzt gesehen hat und so weiter. … und es muss jemand Sarah, Dean und Alec und Lisa mitteilen.“

      Sarah, Dean und Alec waren die Kinder des Opfers, Lisa die Nichte. Alle lebten hier auf der Insel. Man war sich schnell einig, dass Kelly und Sandra den Tatort und die Leiche untersuchen sollten. Dustin sollte den Bruder des Verstorbenen ausfindig machen und Sebastian die Überwachungsbänder besorgen. Kendra übernahm die Verständigung der Angehörigen.

      „Ist Isabelle schon zurück?“, fragte Kendra. Isabelle war die junge, attraktive Freundin des Direktors und öfter ein paar Tage auf einer Schönheitsfarm, von der sie dann mit fülligeren Lippen oder größerer Oberweite zurückkehrte. Sebastian verneinte. Es zählte zu seinen Aufgaben, die Passagierlisten zu kontrollieren. Er wusste immer wer angekommen und wer abgereist war. Er war sich sicher, dass Isabelle noch nicht wieder auf Inaara war. Sie einigten sich vorerst möglich wenige Leute über den Mord zu informieren, vor allem sollten keine Hotelgäste davon erfahren.

      „Ich werde außerdem das Wachpersonal verstärkt patroullieren lassen“, beschloss Kendra. Nachdem sie die Aufgaben, die ihnen spontan einfielen, untereinander verteilt hatten, vereinbarten sie ein späteres Treffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Immer noch geschockt und von der Situation etwas überfordert, machte sich jeder an seine Arbeit.

      Kapitel 3: Die Gäste

      „Auf Inaara gibt es verschiedene Klimazonen!“, rief einer aus der ankommenden Touristengruppe erstaunt, als er das soeben erhaltene Prospekt studierte.

      Die 18 Neuankömmlinge hatten wie alle Gäste erst auf der Überfahrt im U-Boot Broschüren mit genaueren Informationen erhalten. Schon die Anreise gestaltete sich für die Touristen sehr geheimnisvoll. Alle mussten auf eine Insel der Maskarenen fliegen, wurden dann mit einem Hubschrauber abgeholt, auf einen Flugzeugträger gebracht und dann mit einem U-Boot nach Inaara.

      „Wie gibt es den das? Meinen Sie in Hallen, wo das künstlich simuliert wird?“, fragte ein anderer, der lieber aus der Luke sah, als zu lesen.

      „Nein, hier steht ausdrücklich, dass die besondere Beschaffenheit der Insel unterschiedliche Vegetationen und Landschaften bietet. Alles unter freiem Himmel. Selbst der Sonnenuntergang und der nächtliche Sternenhimmel unterscheiden sich je nach Abschnitt. So besteht zum Beispiel ein Teil – nämlich das sogenannte ‚Paradies’ – aus Palmenstrand und tropischem Regenwald und der Abschnitt ‚Natur’ ist ein nordisches Wald- und Seengebiet mit Birken- und Nadelwäldern. Ein anderer Abschnitt, der ‚Wildnis’ heißt, ist hauptsächlich eine Lavalandschaft mit verschiedenen vulkanischen Phänomenen, heißen Quellen, sowie einem Berg, der sogar von einem Gletscher bedeckt ist. Im Wald- und Seengebiet, also dem Inselabschnitt ‚Natur’ und in der sogenannten ‚Wildnis’ scheint die polare Mitternachtssonne, aber in dem Teil, der ‚Paradies’ heißt, geht die Sonne abends unter und morgens wieder auf. Nachts soll man dann dort sehr schön den Sternenhimmel sehen.“

      „Das muss künstlich sein! Wie soll das denn sonst gehen?“, beharrte der andere, der nun nicht mehr den Fischen zusah, sondern auch seine Broschüre zur Hand nahm.

      „Da steht ausdrücklich, dass es eine Insel im Freien ist und es sich um außergewöhnliche Naturphänomene handelt“, mischte sich nun eine ältere Dame ein.

      „Das kann natürlich auch eine Lüge sein …“, warf vorsichtig ein junger Mann ein, worauf er einen verächtlichen Blick der älteren Dame erntete. Sie meinte leicht schnippisch: „Man kann nun mal nicht alles auf der Welt rational erklären.“

      Der eifrige Prospektleser, der die Diskussion begonnen hatte, fuhr fort: „Die ganze Insel ist zirka 3000 km2 groß. Die Küstenlinie beträgt ungefähr 200 km und der Durchmesser ist etwa 62 km. Man kann mit einem Schiff die Insel umrunden. Da alle Abschnitte ans Meer münden, kann man vom Schiff aus die verschiedenen Zonen sehen. Wenn das Klima in mehreren Hallen oder Zelten oder was auch immer erzeugt werden würde, dann würde man ja vom Meer aus die Wände oder irgendwelche Trennungen sehen!“ Triumphierend fügte er noch hinzu: „Die Klimaunterschiede müssen eine natürliche Ursache haben!“

      „Aber wie wollen Sie das denn erklären, dass die Sonne zu verschiedenen Zeiten untergeht?“

      „Das muss ich mir erst anschauen“, war die etwas trotzige Antwort.

      Die