Das Vermächtnis aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sabine von der Wellen
Издательство: Bookwire
Серия: Das Vermächtnis aus der Vergangenheit
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738019803
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Aber, wenn ich es mir so richtig überlege … wegen Hausarbeiten? Ich glaube, das ist mir noch nie passiert.

      Der Professor und Julian müssen mich wohl mehr durcheinandergebracht haben, als ich mir eingestehen will.

      „Hallo, mein Schatz!“, ruft meine Mutter mir gut gelaunt entgegen.

      Ich setze mich an den Küchentresen, auf dem einige Fertigpizzas schon duften und ich antworte ihr auch mit einem fröhlichen: „Hallo!“

      Julian kommt und ich bemerke an der ausfallenden Begrüßung, dass die beiden sich wohl schon gesehen haben.

      Papa schlurft mit müdem Gesichtsausdruck in die Küche. Wie immer hatte er sich wohl gleich nach der Arbeit aufs Sofa fallen lassen, um zu schlafen.

      „Hallooo!“, gähnt er und wird von meiner Mutter geknufft.

      Ein Blick auf den Tisch und mein Vater murrt: „Schon wieder dieses Fertigzeug? Kannst du nicht mal etwas gescheites Kochen?“

      Meine Mutter setzt sich und faucht: „Ich habe auch den ganzen Tag gearbeitet. Warum machst du kein Essen, statt dich aufs Sofa zu lümmeln und zu schlafen?“

      Julian und ich sehen uns an. Üblicherweise geht das nun stundenlang so weiter. Aber plötzlich klingelt das Telefon und scheint uns zu retten.

      Mama schlurft knurrend an den Apparat, der im Flur auf einem Tischchen steht. Ich hoffe nur, dass es nicht Christiane ist.

      Ich greife mir ein Stück Pizza und muss insgeheim Papa recht geben. Diese Fertigsachen hängen uns echt zum Hals raus. Allerdings verstehe ich auch meine Mutter, wenn sie Papa um etwas mehr Mithilfe bittet.

      Der erste Bissen Pizza bleibt mir fast im Hals stecken, als ich meine Mutter toben höre: „Was? Da hat sie noch nichts von erzählt. Was ist das denn für ein Lehrer? Sind denn in den Schulen alle unfäh…“ Meine Mutter wird wohl unterbrochen.

      Ich sehe auf und treffe auf Julians Blick, der sofort irgendwie eine schuldige Miene aufsetzt. Aber warum? Wenn ich das Ganze richtig interpretiere, telefoniert meine Mutter mit einem von der Schule, der glaubt, es ist wichtig, dass sie von dem durchgeknallten Professor erfährt. Das kommt mir schon komisch vor. Warum machen sie deshalb so einen Wind?

      Mein Vater steht auf und geht zur Küchentür. Zu meinem Entsetzen tritt er in den Flur zu meiner Mutter und schließt die Tür laut hinter sich.

      Rums, wir sind von dem Gespräch abgeschnitten.

      „Mein Gott! Mit wem telefoniert Mama da?“, fragt Julian erschrocken. Auch ihm sind der seltsame Ausbruch unserer Mutter und die Reaktion unseres Vaters schleierhaft.

      Doch er sitzt nicht wie angewurzelt da, sondern springt von seinem Stuhl auf und schleicht zur Tür.

      Ich starre ihm nur dümmlich hinterher. Mama kann ich durch die geschlossene Tür wettern hören. Bloß was sie sagt, kann ich nicht verstehen. Aber warum regt sie sich so auf?

      Nun höre ich sogar die Stimme meines Vaters. Auch er scheint ziemlich wütend zu sein.

      Julian kommt zum Tisch zurück und raunt: „Auweia! Was war denn heute in der Schule los? War was mit diesem Professor, den du erwähntest?“

      In dem Moment fliegt die Tür auf und ich höre noch Mamas erhitzten Ausruf: „Wenn sie wieder diese Träume kriegt, zeige ich die alle an!“

      Papa besänftigt sie und legt seinen Zeigefinger auf die Lippen. Also soll in unserer Gegenwart nicht darüber gesprochen werden.

      Ich bin siebzehn und sehe nicht ein, dass irgendetwas vor mir verheimlicht werden muss. So frage ich mit pochendem Herzen: „Was ist denn los?“

      Mama sieht mich wütend an und faucht: „Warum hast du denn nichts erzählt? Du kannst uns doch ruhig alles sagen!“

      Ich sehe sie entgeistert an. „Was erzählt?“

      Nun ist es Papa, der loslegt. „Nah, diese Lehrervertretung heute. Das eben war deine Klassenlehrerin, die etwas besorgt ist, weil du da heute angeblich mit einem Lehrer zusammengekracht bist, der nicht ganz richtig im Kopf ist.“

      Julian starrt mich mit hochgezogenen Brauen an.

      Alle starren mich plötzlich an.

      „Ach das. Das war gar nicht so schlimm. Ich war nur etwas … überrascht“, versuche ich die Sache abzutun. „Dass die deswegen anrufen!“

      Mama und Papa sehen sich an und Mama fragt leise: „Der muss dir doch mit seinen Hirngespinsten tüchtig Angst gemacht haben?“

      Ich kann mir irgendwie nicht helfen. Es ist so offensichtlich, dass sie den alten Professor als vollkommen irre hinzustellen versuchen, dass ich hellhörig werde. Dazu die Geschichte von Julian, der mich fast bittend ansieht, als hätte er etwas zu befürchten. Ich komme mir seltsam ausgeschlossen und wie in Watte gepackt vor. Und das ist etwas, was ich gar nicht mag. So gehe ich auf Konfrontationskurs, was die Gesichter aller am Tisch Sitzenden zu Grimassen des Schreckens werden lässt.

      „Aber was ist denn an der Geschichte dran, dass dein Urgroßvater hier verbrannt worden sein soll?“, wende ich mich an Mama.

      Man hätte eine Stecknadel klirren hören können, wäre eine auf den Boden gefallen.

      Julian sieht mich mindestens genauso entsetzt an, wie meine Eltern. Scheinbar befürchtet er, dass ich ihn nun doch verrate. Er kann ja nicht wissen, dass in der Schule der Professor für Geschichte schon für eine Überraschung für mich gesorgt hatte. Ich weiß nur nicht, was meine Eltern alles von dem Gespräch mit dem alten Mann wissen.

      Mama hebt zu einer ungläubigen Gegenfrage an: „Darüber hat der Lehrer mit dir gesprochen?“

      Ich würde am liebsten meiner Mutter von dem Fossil berichten, das sie für einen Lehrer hält. Und wenn ich nun auch noch erwähne, dass der mich verbrennen wollte? Aber natürlich tue ich das nicht. Sie regen sich sowieso schon so schrecklich auf.

      Meine Frage hängt in der Luft, wie einer dieser klebrigen Fliegenfänger, mit denen man besser nicht in Berührung kommen sollte.

      Mama springt auf. „Ich schiebe die Pizzen noch einmal kurz in den Ofen. Die sind bestimmt schon wieder kalt.“ Sie greift nach dem Blech und läuft zum Backofen. Dort hantiert sie herum, als müsse sie erst einmal ein Feuer entfachen und Holzscheite darauf platzieren.

      Julian und ich sehen Papa an. Der versucht unseren Blicken auszuweichen. Aber letztendlich muss er sich uns doch stellen.

      „Tja, irgendwann musste es ja mal so kommen. Das ist wahrscheinlich unvermeidlich, weil wir hierhergezogen sind“, druckst er herum.

      Mama kommt langsam zum Tisch zurück. Schwerfällig setzt sie sich auf ihren Stuhl. „Mein Gott! Ich dachte, das wäre alles vorbei!“

      Papa antwortet ihr: „Solange da draußen immer noch ein paar Verrückte herumlaufen … Die Leute vergessen nie, Sophie. Daran hätten wir denken müssen, als wir in das Haus zogen.“

      Ich, und ich glaube auch Julian, weiß plötzlich, dass die Sache mit dem Urgroßvater aus Ägypten der Wahrheit entsprechen muss. Wenn es auch schon ewig her ist, so scheint es so schlimm und mysteriös gewesen zu sein, dass es nun sogar auf mich einen Schatten wirft. Aber was war damals geschehen? Was war so Schlimmes passiert, dass es heute noch Leute gibt, die meinen, mich noch dafür verbrennen zu müssen?

      Wie eine überirdische Bedrohung hämmern plötzlich die Worte des alten Professors durch meinen Kopf: „Ich weiß nicht, ob du wiedergekehrt bist? Aber glaube mir, ich werde es bald wissen und dann werde ich dich bekämpfen, wie mein Vater und mein Bruder dich damals schon bekämpften …“

      Glauben hier wirklich welche an die Auferstehung nach dem Tode? Meint der Professor, ich wäre dieser Kurt von damals … seine Reinkarnation?

      Meine Gedankengänge werden jäh unterbrochen, als Mama zu erzählen beginnt: „Ach wisst ihr, dieses Haus hat vor - ich weiß nicht so genau, vielleicht fünfzig oder sechzig Jahren - mein Urgroßvater gekauft. Der hatte