Hier wohnte also doch jemand. Jetzt erkannte ich auch auf einem Tisch ein paar Schreibgeräte, Papiere und Stempel und sogar ein russisches Gesetzbuch. Offenbar war das ein Zollhäuschen, eine winzige Grenzstation, abseits von den drei offiziellen Grenzübergängen von Polen nach Königsberg.
Ich hatte mich noch nicht von der Überraschung erholt, da hörte ich von draußen schwere Schritte herannahen. Ich fuhr erschrocken zusammen – der Kerl würde mich bestimmt wie einen Einbrecher behandeln! Womöglich würde er mich der Geheimpolizei übergeben! Rasch wollte ich hinausstürzen, um den Eindruck, dass ich einfach in die Hütte eingedrungen war, zu verwischen. Doch es war bereits zu spät.
Ein groß gewachsener Mann in Uniform stand vor mir. Regenwasser lief von seiner Schirmmütze. Seine kniehohen, schwarzen Lederstiefel waren mit Schlamm bespritzt. An seinem Gürtel trug er ein Pistolenhalfter. Ich wich zurück.
Er starrte mich ziemlich grimmig an und sagte in scharfem Ton etwas auf Russisch. Ich verstand kein Wort vor Aufregung, denn seine rechte Hand fuhr auf das Pistolenhalfter zu. Ich hob die Hände und kam mir vor wie in einem schlechten Krimi.
»Entschuldigung!«, stammelte ich. »Ich bin nur zufällig hier. Ich wollte Ihnen nichts wegnehmen.«
Seine Augen schienen mich zu durchlöchern.
»Deutsch?«, fragte er.
Ich nickte.
Er nahm die Hand von der Pistole.
»Gut!«
Erleichtert ließ ich meine Arme sinken.
»Zu viele Schmuggler überall!«, sagte er in einem harten, aber gar nicht so schlechten Deutsch.
»Ich habe mich verfahren«, versuchte ich mich zu entschuldigen.
»Wohin willst du?«, erkundigte er sich und nahm die Schirmmütze ab. Sein tiefschwarzes, dichtes Haar kam zum Vorschein. Während ich ihm alles erklärte, schraubte er die Flamme der Lampe höher. Ich bemerkte mit einem leichten, wohligen Schauer, wie gut er aussah. Plötzlich hatte ich gar keine Eile mehr, weiterzufahren.
Er hatte breite, große Lippen und dunkelbraune Augen, die er immer etwas zusammenkniff. Ein kräftiger Bursche, mindestens einen halben Kopf größer als ich und etwa genauso alt. Seine Uniform, obwohl ziemlich feucht vom Regen, saß immer noch ausgezeichnet.
Jetzt schnallte er das Koppel ab, hängte es samt der Pistole in eine Ecke und knöpfte sich die Uniformjacke auf. Seine muskulöse Brust spannte das Hemd. Er zog auch das aus, denn der Regen hatte ihn bis auf die Haut durchnässt. Ich hielt die Luft an. Seine Unterarme und die breiten Muskelplatten der Brust waren dunkel behaart, genau in der richtigen Art, nicht zu viel und nicht zu wenig. Das kleine Stück vom Bauch, das ich über dem Hosenbund sehen konnte, ließ meine Erregung wachsen. Eine nach oben spitz zulaufende Haarbahn ließ mich gierig darauf werden, ihn ganz nackt zu sehen.
»Warum bist du falsch gefahren?«, erkundigte er sich, während er sich auf einen Stuhl setzte und sich daran machte, die Stiefel auszuziehen.
»Es hatte so stark geregnet, dass ich nichts mehr erkennen konnte.«
Er nickte.
»Zu viel Regen. Dann plötzlich – kommt Schnee!« Er schüttelte unwillig die Beine, aber die nassen Stiefel schienen ihm an den Füßen zu kleben. »Hilf mir!«, befahl er in seinem harten Ton und winkte mich herrisch heran.
Ich sprang zu ihm hin. Die Nähe seines nackten Oberkörpers machte mich mehr als nervös. Schnell drehte ich ihm den Rücken zu, nahm sein rechtes Bein zwischen meine Knie und zog mit aller Kraft an dem Stiefel. Er setzte seinen anderen Fuß mit der dreckigen Sohle auf meinen Hintern und stieß mich vorwärts. Der Stiefel löste sich, ich fiel vornüber und konnte mich gerade noch fangen.
Er lachte.
»Jetzt der andere!«, rief er und schob mir den zweiten dreckbespritzten Stiefel zwischen die Beine. Nun fühlte ich seinen Fuß auf meinem Hintern, ohne Schuh. Er setzte ihn genau zwischen meine Arschbacken. Wenn ich nicht meine Jeans abgehabt hätte, wäre er mir bis in die Spalte gerutscht. Ich fühlte den Druck und hielt den zweiten Stiefel eisern fest. Da flog auch der ab. Ich drehte mich zu ihm um.
Er lachte mich an. Seine dunklen Augen funkelten im flackernden Licht. Er stand auf, dehnte sich wie ein gewaltiger Sibirischer Tiger und ging dann zu einem kleinen, eisernen Kanonenofen. Er warf Holz ein und stocherte mit einem Schürhaken im Feuer, bis es hell aufbrannte.
Ich spürte, wie sich Wärme ausbreitete. Der Grenzer hängte seine Sachen dicht neben dem Ofen auf und stellte die Stiefel daneben. Dann knöpfte er seine Hose auf. Ich versuchte wegzuschauen, aber es gelang mir nicht. Er pellte sich die nasse Hose von den Beinen und hängte sie ebenfalls ans Feuer.
Ich sah ihn von hinten. In seinem grünen Armeeslip steckte ein fester Knackarsch, perfekt geformt, anbetungswürdig. Wenn er sich bewegte, verschoben sich die wundervollen Backen gegeneinander. Mein Schwanz wurde total steif. Zum Glück hatte ich meine Jacke noch an, sodass er es nicht bemerken konnte. Da drehte er sich um. Jetzt konnte ich das schwarze Haarvlies sehen, wie es nach unten zu breiter wurde und in dem knappen Slip verschwand. Der armeegrüne Stoff war vorne kräftig ausgebeult! Ich verbiss mir nur mühsam ein Stöhnen.
»Dein Name?«, fragte er.
»Dirk!«, sagte ich. So langsam wusste ich nicht mehr, was ich tun sollte. Es war draußen inzwischen ganz dunkel und viel zu spät, den Weg zurück und über den richtigen Grenzübergang nach Königsberg zu fahren. Aber hier, in dieser Hütte, konnte ich auch nicht bleiben. Mir würde nichts anderes übrig bleiben, als eine kalte Nacht im Auto zu verbringen.
»Ich bin Grischa!«, sagte der Grenzer in einem tiefen, fast schnurrenden Ton. Er zog noch die Socken aus und hockte sich direkt vor den Ofen. »Meine Mutter konnte Deutsch. Ich habe es gelernt von ihr.«
»Du kannst sehr gut Deutsch.«
Grischa winkte ab. »Ich bin froh, wenn ich jemand zum Reden hab. Meine Mutter ist weit weg, an der Wolga.« Grischa begann unvermittelt, ein trauriges Lied vor sich hin zu summen. Ich hörte fasziniert zu. Genauso unvermittelt hörte er wieder damit auf.
»Du bist hier auf russischer Erde!«, sagte er plötzlich und sah mich streng an. »Hast du Pass? Visum?«
»Ja!«, antwortete ich eingeschüchtert. Es war irgendwie wahnsinnig, dass er jetzt, so nackt und so wunderschön, den Grenzbeamten herauskehrte.
»Gib her!« Er streckte fordernd die Hand aus. Ich gab meinem Zöllner im Slip meine Papiere. Er prüfte sie gewissenhaft. Dann knallte er mit großer Geste den Einreisestempel auf mein Visum. Da fiel mir ein, dass ich nun gar nicht mehr zurück konnte, denn ich durfte bestimmt nicht zweimal mit demselben Visum einreisen.
»Dann musst du mich aber auch hier durch den Schlagbaum lassen«, forderte ich mit einem mulmigen Gefühl. Wollte er mich etwa irgendwie reinlegen?
»Morgen!« Er wischte jeden Einwand mit einer seiner großartigen Handbewegungen weg. »Nicht gut, nachts im Wald! Es gibt Wölfe!«
Ich schauderte.
Grischa erhob sich und stolzierte zu seinem Propangasbrenner. Er schüttete zwei große Eintopfdosen in einen Topf und machte das Essen heiß. Langsam wurde auch mir warm. Ich zog endlich die Jacke aus. Mein eingesperrter Ständer tat weh in den Jeans, ich wusste nicht, wie ich mich hinsetzen sollte.
Da kam Grischa mit der Kartoffelsuppe. Winzige Wurststückchen schwammen darin. Ich rätselte im Stillen, wie er bei so einfacher Kost so schön und stark geworden war.
Wir aßen und tranken dazu Bier. Ich musste von Deutschland erzählen. Er wollte alles von mir wissen. Dann erzählte er von dem Fischerboot, das sein Vater gehabt hatte. Zwischendurch sang er wieder. Ich war wie betäubt von seiner Gegenwart. Es war so unwirklich, so total weit weg von allem, was ich kannte. In Königsberg wartete mein steriles Hotelbett auf mich. Ich aber saß zusammen mit einem fast nackten, wundervollen Russen in einer winzigen, staubigen Holzhütte mitten im russischen Wald.
»Zeit