Die Bestien. H. Goldstein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: H. Goldstein
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847637813
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trinken Sie Kommissar?« Während, dessen hatte sich sein Untergebener Inspektor Lehmann zum Rathaus zur Gestapo begeben, um Erkundigungen zum Toten einzuziehen. Die Atmosphäre der Bar hatte etwas ereignisloses, bewölktes, ohne dass es möglich gewesen wäre, zu bestimmen, was dieses niederdrückende Gefühl verursachte. Kommissar de Meseire‘s Blick fiel auf einen gestreiften Kater, der am Fuß der Kasse lag und dessen Schwanzspitze hin und her peitschte. Er löste seinen Blick und sah in ein Gesicht ohne jeden Liebreiz, blonde Zöpfe blaue Augen und plump als hätte man absichtlich bei ihrer Erschaffung auf jede Anmut verzichtet. »Der arme Brettschneider war der beste Kerl auf der Welt. Ich schwöre Kommissar er hatte keine Feinde er war eine Seele von Mann.« Müller rief: »Erika!« Die Kellnerin trat näher: »Was nehmen Sie?« Auf dem Tisch standen leere Biergläser halbe Liter Gefäße, sehr schwer und ideal geeignet um jemanden in einem Wirtshausstreit ernsthaft zu verletzen. »Es ist Zeit für ein Nachmittagstrunk! Anders gesagt, Zeit für ein Wernsburger Bier Pilsner, Erika bring uns und dem Kommissar aus Berlin eine Runde?« Mit versunkener Miene betrachtete Doktor Rennes seinen silbernen Manschettenknopf. »Wer hätte denn voraussehen können, dass Brettschneider laufen wird, er hat ein Dienstwagen. Wozu hat man einen Dienstwagen wenn man läuft?« fuhr Müller mit wohltönender Stimme fort. »Niemand, läuft doch bei dem Wetter, wenn er einen Dienstwagen hat oder? Und er wohnt auf der anderen Seite der Stadt! Am Kai muss er doch gar nicht vorbei! Zu dieser Zeit … Brettschneider hat keine Feinde … Er ist eine ehrliche Haut … Ein Bursche, dessen ganzer Ehrgeiz darauf gerichtet ist, noch mehr Orden zu bekommen … «

      »War«, verbesserte ihn Jonas die Augen auf einen Mann geheftet der hinausging. Ein Windstoß fuhr durch die offene Tür. »Meiner Meinung nach einzig plausibel: Nämlich, ein Wahnsinniger … Allerdings kennen wir, keinen. Kommen doch alle gleich ins Irrenhaus oder KZ. Wir sind fast jeden Abend hier.«

      »Ist die Kellnerin von hier?« fragte der Kommissar mit gedämpfter Stimme.

      »Seit Jahren … Sie hat sich nicht vom Fleck gerührt … Sie wartete darauf, dass wir aufbrechen würden, um Schlafen zu gehen. Wir frischten alte Erinnerungen auf, Erinnerungen aus der Kaiser Zeit, als es noch so aussah, dass nichts diese Welt erschüttern kann … Stimmt’s, Ziegel? … Auf Ihr Wohl, Kommissar« sagte Ziegel, der recht unvorteilhaft in der braunen Uniform aussah. Er wirkte wie eine Banane. Inspektor Lehmann trat ein, verkündete mit desinteressierter Stimme: »Der Gendarmerie ist nichts Verdächtiges aufgefallen. Keine Herumtreiber in der Gegend … Man versteht nicht wie … «.

      Er wunderte sich über die Stille, die herrschte, über die greifbare, deprimierende Atmosphäre der Angst. Tabakqualm schwebte zur Decke und verteilte sich in blauen Rauchfäden. Das karierte Tischtuch zeigte seine Flecken und Zigarettenstummel lagen überall auf dem Boden herum. Seit gestern war man noch nicht dazu gekommen, das Hotel zu reinigen. Jonas stopfte seine Pfeife. Doktor Rennes starrte unentwegt auf den Boden seines Bierglases. Die Stiefel von Ziegel glänzten, so als hätte er sie gerade erst gekauft und aus dem Schuhkarton ausgepackt. Müller zuckte hin und wieder mit den Achseln und flüsterte den Namen des Opfers. Alle Blicke richteten sich auf Erika, als sie mit den grünen Flaschen wiederkam.

      Rein in die Pantoffeln

      Inspektor Lehmann, der fünfundzwanzig Jahre alt war, glich eher einem Bankangestellten als einem Polizeiinspektor. Er kam gerade von der Polizeischule in Eberswalde und hatte die Staatsprüfung zum Inspektor erster Klasse abgeschlossen. Dies war sein erster Mordfall, zuvor hatte er fünf Jahre in der Verkehrsabteilung gesessen und sich gelangweilt.

      »Kommissar … die Fingerabdrücke … von der Patrone ich meine, wenn der Arzt sie schon entfernt hat.« Er glaubte, dass sein Chef von der alten Schule der Klinkenputzer sei und den Wert der modernen wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden schätze, denn Jonas tat einen kleinen Zug aus seiner Pfeife, die mit Vanillintabak gestopft war und meinte: »Wenn Sie wollen fahren sie zum Krankenhaus … «.

      Jonas hatte in einer dunklen Ecke der Bar Platz genommen. Der Hotelier im Stresemann Anzug und dem Parteiabzeichen am Revers stand mit verlorener Mine hinter dem Tresen und betrachtete sein Reich mit einem Blick, als sei es von den anrückenden Russen bereits geplündert worden. Dann kam er zum Kommissar. »Kein Mensch kommt als währe er hier ermordet worden! Nehmen Sie ein Abendessen, Kommissar?«

      Es regnete schon wieder, der Regen hinderte den Russen an der Verlegung seiner Truppen. Meldete der Rundfunksprecher aus dem Siemensradio, das auf dem auf dem Tresen stand. Jonas nickte und murmelte während er seinen Mantel auszog, »in Kürze«. Die Straßen waren voll von schwarzem Tang. Der Wind rüttelte an den Fensterläden und der Hotelier hatte keine Probleme an Kohlen und Holz zu kommen. Der Ofen mit holländischen Kacheln strahlte soviel Hitze ab, das es selbst die Katze nicht in seiner Nähe aushielt. »Bringen Sie mir eine Flasche Bier«, sagte Jonas. Das Hotel war leer, die Leute zogen es vor, nicht hereinzukommen, als könne ein Besuch einen Verdacht auf sie lenken. Von seiner Villa in Mertesacker rief der Gau Kreisleiter im Hotel an, um zu erfahren, was los sei. Danach herrschte eine Weile eine drückende Stille. Doktor Rennes, der in dem Hotel Bismark wohnte, saß in einer anderen Ecke weit weg von Fenstern und Tür und blätterte in der Frankfurter allgemeinen Zeitung, ohne sie wirklich zu lesen. Die Kellnerin lehnte gelangweilt hinter dem Tresen und rührte sich nicht vom Fleck. Jonas rauchte, gelassen, und hin und wieder kam der Hotelier und vergewisserte sich das dem Kommissar nichts fehlte.

      Man hörte die Turmuhr der Altstadt die volle Stunde schlagen. Das Gelaufe und der Motorenlärm auf der Straße nahm gegen 21 Uhr ein Ende, und dann nahm, das monotones Wehklagen wie von einer Mutter die um ihr Kind trauert, des Windes und das prasseln des Regens auf den Fensterscheiben von der Stadt besitz. »Übernachten Sie immer hier?« fragte Jonas den Doktor Rennes. Es war so still, dass man automatisch seine Stimme senkte wie in einer Kirche wo lautes flüstern schon als Belästigung Gottes empfunden wurde. »Ja … Das kommt ab und zu vor. Ich wohne mit meiner Frau drei Kilometer vor der Stadt … Eine schöne Biedermeier Villa … Meine Frau ist für ein paar Tage nach München gefahren, und das Dienstmädchen hat Urlaub, um ihren Verlobten im Lazarett besuchen zu können, sein Bein wurde ihm abgeschnitten zur Hochzeit wird er nicht tanzen können.« Rennes stand auf als hätte er schon genug gesagt, zögerte, sagte ziemlich unvermittelt:

      »Gute Nacht Kommissar ich gehe früh zu Bett.«

      Und er verschwand im Treppenhaus. Der Kommissar sah zur Kellnerin »Komm her!« sagte er und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Wie alt bist du?«

      »Neunundzwanzig … «

      Dunkle Ringe unter ihren Augen, ihre Art und Weise, ohne bemerkt zu werden einfach da zu sein, passten recht gut zu der Vorstellung von einer Spionin, die Wort um Wort zu memorieren gewohnt ist. Und doch spürte man, dass sich hinter dieser bäuerlichen Verschalung etwas verbarg, das sie bemüht war, zu kontrollieren. Sie war blass, wie ein Typhus Patient, litt unter Eisenmangel. »Hast du immer schon hier gearbeitet?«

      »Nein, mein Vater und mein Bruder sind Fischer. Haben einen Fischladen am anderen Ende der Stadt ich war zuerst Verkäuferin in Vaters Laden aber der Gestank nach Fisch, sie verstehen?« Wonach suchte ihr unruhiger Blick warum konnte sie ihm nicht in die Augen sehen? Jonas rauchte seine Pfeife und trank drei Schluck Bier.

      »Die, die vorhin hier waren Brettschneiders Freunde, sind Stammgäste … kommen die jeden Abend?«

      »Ja meistens vor allem der Zahnarzt.«

      »Er übernachtet hier. Und wenn die Herren zu viel getrunken haben schlafen sie auf seinem Zimmer … er hat die Suite.«

      »Und Brettschneider du kanntest ihn doch?«

      »Genau das gleiche. Trifft sich hier mit seinen Freunden aus der Konservenfabrik man, macht dort Sardinen für unsere Soldaten an der Front.« Jonas hatte seinen Sohn an der Front irgendwo zwischen Rom und Neapel und er hoffte das die Amerikaner, ihn kriegen mögen. Die Amerikaner sollte freundlich zu ihren Kriegsgefangenen sein die nicht der SS angehörten, die von der SS wurden hingerichtet so wie es die SS mit jedem Amerikaner machte. Jonas wusste das er das letzte Mal eine Konservendose Sardinen 1942 gesehen hatte, im KaDeWe Kaufhaus am Kudamm. Es regnete noch immer. In der Ferne heulte das Signalhorn eines Schiffes,