Auf zum Nullarbor. Hermine Stampa-Rabe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hermine Stampa-Rabe
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844272291
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Füßen bekleidet, über meinen Schlafsack eine dünne Decke breite, den Reißverschluss zuziehe und mich schlafen lege.

      Im Murray River Land

      Scheißarbeit!

      22.01.2013: Morgan – Waikerie: 38 km

      Gut ausgeschlafen wache ich erst um 6.00 Uhr auf. Draußen lacht der Lachende Hans. Heute möchte ich nur bis Waikerie radeln, um der langen Strecke von hier bis Renmark bei der Bullenhitze aus dem Wege zu gehen. Es könnte ja wieder heiß werden. Erst um 8.00 Uhr verlasse ich den hier unten nicht bewachten Campingplatz und stelle mich bei der Fähre an. Die kurze Abfahrt bis hinunter auf die Fähre ist ziemlich steil. Ich steige schon 20 m vor der Abfahrt auf mein Rad, um es gut mit Bremsen hinunter im Griff zu haben. Es geht ganz gut. Ich bin der einzige Fahrgast bei dieser Fahrt. Der Fährmann wünscht mir eine sichere Weiterfahrt, als ich mein Rad die steile Auffahrt am gegenüberliegenden Ufer hinauf schiebe.

      Es steht kein Hinweisschild an der Straße. Ich komme mir hier irgendwie verkehrt vor. Aber mir wurde vorher gesagt, dass ich mit der Fähre übersetzen und dann weiterradeln muss. Wieder strahlt die Morgensonne vom wolkenlosen Himmel auf die Erde. So radle ich mit einem unguten Gefühl weiter. Normalerweise hätte ich gen Osten fahren sollen. Der Schatten der Bäume verrät mir aber, dass ich gen Westen unterwegs bin. Auf meiner Landkarte kann ich eine kleine Biegung erkennen. Also geht es weiter.

      Und tatsächlich, nach einer längeren, sehr welligen Fahrt sehe ich das kleine Schild Waikerie. Dahin möchte ich. Wenn ich sehr früh dort ankomme, werde ich mir überlegen, ob ich es noch weiter schaffe.

      Anfangs durchquere ich unbebaute und wilde Landschaft, später finde ich Weinplantagen. Das sieht hier sehr gut aus! Aber wenn ich an Süd-Tirol und deren Weinplantagen denke, dann haben diese Weingutbesitzer keine Ahnung davon, dass die wilden Triebe mit den vielen Blättern abgeschnitten werden müssen, damit die Kraft allein in die Trauben geht und die Sonne an die Beeren.

      Die Weinplantagen häufen sich. Diejenigen, die ich fotografiere, sind Rotweintrauben. Später lösen die Weinplantagen Apfelsinen-Plantagen und dann Pampelmusen-Plantagen ab.

      Nun erreiche ich den Murray River wieder und sehe ihn ziemlich tief links unten durch das bewaldete Gebiet fließen. Der Murray River ist ja die Lebensader für ganz Südaustralien. Davon sind alle Menschen und Tiere hier abhängig.

      Die Plantagen liegen aber nicht aneinander, sondern sind unterbrochen von wilden Gebieten.

      Plötzlich entdecke ich durch die erste Baumreihe einige junge Leute und einen Erwachsenen, die etwas tun und sich unterhalten. Das ist für mich interessant. Ich drehe um, schiebe mein Rad auf die andere Straßenseite, stelle es dort ab, bewaffne mich mit meinem Fotoapparat, gehe zu ihnen und frage: „Darf ich hier fotografieren?“

      „Ja, das dürfen sie. Woher kommen sie?“

      „Aus Germany.“

      Darauf fragt der Erwachsene in die junge Runde: „Wer von euch ist aus Deutschland?“

      Das sind drei Personen: ein junges Mädchen und zwei junge Männer, sagen wir, Schüler. Alle hier Anwesenden sind dabei, frisch geerntete Knoblauch-Zwiebeln von den Wurzeln, dem Blattstiel und der schmutzigen äußeren Hülle zu befreien.

      Zuerst gehe ich zu dem Mädchen, das mich einladend freundlich anlächelt. Wir beide unterhalten uns prima auf Deutsch. Ich fotografiere sie und verspreche ihr, dieses Foto zu ihren Eltern zu schicken. Desgleichen mache ich es mit den beiden fleißigen jungen Männern.

      „Ich werde eure Fotos zu eurem Elternhaus schicken. Und was soll ich dazu schreiben?“

      „Dass das hier eine Scheißarbeit ist!!!“

      Ich bitte für diesen Ausdruck um Entschuldigung. Aber der kommt den jungen Männern so richtig tief aus der Seele. „Wir arbeiten schon seit Anfang August des letzten Jahres hier und möchten uns ordentlich viel Geld verdienen, mit dem wir dann in den letzten Wochen durch Australien fahren wollen. Aber dieser niedrige Lohn reicht kaum dazu, unsere Unterkunft und Nahrung zu bezahlen.“

      Ich tröste sie und meine: „Bald sind die Pampelmusen und der Wein reif, womit ihr entschieden viel mehr Geld verdienen könnt.“

      Sie lächeln gequält. Sie sind von Deutschland nach Sydney gekommen, von wo ihnen die Arbeit nacheinander zugewiesen wird. Aber sie werden bestimmt durchhalten! So radle ich weiter.

      An einer Tankstelle – keinem Roadhouse – unterbreche ich meine Fahrt. Mir ist nach eiskalter Trinkschokolade. Auch sind meine von zu Hause mitgebrachten Tütchen für das Frühstück heute früh ausgegangen. Und ein Mars oder Snickers für über Mittag gibt es auch nicht mehr in meiner Kühlbox. Das alles kaufe ich mir nun. Mit der Kaufmannsfrau und ihrer Enkeltochter komme ich ins Gespräch, da ich meinen Sturzhelm auf dem Kopf trage. Das, was ich ihnen über meine bisherige Tour hier in Australien erzähle, ist für die beiden Damen sehr interessant. Von der 70-jährigen Dame stammten die Großeltern aus Deutschland. Leider vergesse ich, sie zu fragen, wo sie dort wohnten und weshalb die Großeltern damals ausgewandert sind. Diese beiden Damen können weder Deutsch sprechen noch verstehen.

      Und als ich ihnen von dem abgeschnittenen Kopf erzähle, den man am Strand von Rottnest Island fand, erzählen sie mir, dass es ein 10-jähriges Mädchen war, das diesen Kopf in einer Tüte fand. Später stellte man fest, dass dieser Mann voller Drogen war. Mehr weiss diese Dame auch nicht.

      So verlasse ich diese Tankstelle und habe nur noch 10 km bis Waikerie zu radeln. Hin und wieder sehe ich links unten den Murray River.

      Diese letzten Kilometer schaffe ich auch noch und radle auf einen sehr schönen Caravan-Park, der leider auch $10 teurer ist als die anderen. Habe unter hohen Bäumen einen Grasplatz erhalten und sofort mein Zelt aufgestellt. Nun sitze ich nach dem Duschen und dem Beantworten all meiner Geburtstagsglückwünsche an einem Bord für Wäsche und schreibe. Meine Wäsche ist draußen schnell getrocknet.

      Nun gehe zu meinem Zelt und lege mich schlafen.

      Bei jungen Gastarbeitern im Backpacker Hostel

      23.01.2013: Waikerie – Renmark: 90 km

      Mitten in der Nacht wache ich wieder von der eingefallenen Kälte auf. Diesmal werde ich nicht wieder warm. Um 5.00 Uhr stehe ich müde auf, rolle meine Unterlage zusammen und stelle fest, dass mein Schlafsack an der Fußspitze, wo ich ihn als Schutz meiner Füße vor dem hereinziehenden kalten Wind in die Tasche gesteckt hatte, außen nass geschwitzt ist. Also lege ich ihn draußen auf meinem Fahrrad so hin, dass der Wind ihn trocknen kann. So schnappe ich mir meine Waschtüte mit meiner sauberen Garderobe – der mit der dickeren Hose, die eine dünne Fleece-Schicht innen aufweist und auch meine festeren Socken, sowie das graue Sporthemd und gehe zur Dusche.

      Unter dem Bord hing gestern schon diese Spinne. Ob sie giftig ist, weiß ich nicht. Sie hängt noch immer erwartungsvoll unter ihrem Netz und wartet auf neue Nahrung. Ich mache einen großen Bogen um dieses Bord. Ab nun sind mir alle Borde oder Sitzbänke suspekt. Überall kann so ein Tierchen lauern. Aber daran werde ich mich auch noch gewöhnen. Die Menschen hier leben doch alle damit – warum ich nicht auch?

      Mit neuen Sachen vollständig angezogen, kehre ich zu meinem Zelt zurück und packe alles auf mein Rad. Und als ich die runde, blaue Cool Box auf meinen Gepäckträger legen will, fällt mir ein, dass ich darin ja noch seit Perth 2 l Wasser mittransportiere. Warum eigentlich? Das Wasser war doch für das Nullarbor gedacht. Und dieses Gebiet liegt doch glücklicherweise schon hinter mir. Und über Tag trinke ich höchstens 1 ½ l. Warum schleppe ich mich eigentlich damit noch ab? Kurzentschlossen hole ich den Wasserbeutel heraus und begiesse damit einen Baum. Ungewohnt leicht läßt sich die runde, blaue Cool Box auf meinen Gepäckträger legen. Da hinein werde ich nun alle meine Esswaren stecken. An diese komme ich dann besser in den Pausen ran.

      So nehme ich die Straße nach Renmark bei strahlender Morgensonne und 16°C unter meine Räder. Die Straße ist ganz schön wellig. Aber aufgrund meiner