Die Fahrradtour
Fred wollte sich etwas Gutes tun. Bewegung an der Luft, so meinte er, wäre nach der durchzechten Nacht mit seinen Skatbrüdern Knochenfritz und Affenkarl gerade das Richtige. Also listete er alle Möglichkeiten auf, die dafür nutzbar wären und er kam auf die Fortbewegungsart Fahrrad fahren. Im Keller wartete der Drahtesel von Fred schon sehnsüchtig darauf, ordentlich getreten zu werde. Fred hatte alles bedacht, nur nicht, dass draußen ein furchtbarer Sturm sein Unwesen trieb. Also begannen sich Schwierigkeiten aufzutürmen, von denen nun zu erzählen sein wird:
Fred ist ein harter Hund und durch ein laues Lüftchen nicht gleich aus der Fassung zu bringen. Die Tour sollte durch die Stadt runter an den Fluß gehen und dort den Fluß aufwärts und das alles wieder irgendwie zurück. Als sich nun Fred vor der Haustür auf den Drahtesel schwingen wollte, klappte das auch zunächst. Nach einigen Metern Fahrstrecke aber wurde er vom Wind von seiner Tretmühle geblasen. Fred ging danieder und wälzte sich im Schmutzwasser des vorigen Regens. Dieser Auftakt schmeckte ihm nicht und er entwickelte ein Konzept, dass ihm mehr Stabilität vermitteln sollte. Er wollte nur gegen den Wind bzw. vor dem Wind fahren, was natürlich nicht gelang. Fred schob sich also irgendwie durch die Landschaft und wurde unbarmherzig durchgeschüttelt. Als der Wind von rechts kam, lehnte er sich kämpfend dagegen. Das sah so aus, als wolle er mit einer Neigung von 45 Grad um die Kurve düsen. Als aber dann einige hübsche Mädchen entgegen gelaufen kamen, wurde Fred überfordert. Er achtete nicht mehr auf die Windkraft, sondern richtete seine ganze Phantasie mit hervorquellenden Augäpfeln auf die Gruppe Mädchen. Das war ein Fehler, denn der Wind schlug um und Fred schlug auf. Die Mädchen hatten ihr Gaudi und Fred besah sich die Pflastersteine aus Nahdistanz. Und weiter ging es schließlich in Richtung Radweg unten am Fluß. Dort hatte Fred Rückenwind - besser Rückensturm - und kam so gut voran, dass ihm sogar sein eigenes Basecape überholte. Der Hut landete im dornigen Gebüsch. Nun stieg Fred in die Bremseisen und versuchte vom dornigen Gestrüpp seinen Speckdeckel wieder zu bekommen. Mittlerweile hatte es zu regnen begonnen und Fred hatte auch dafür vorgesorgt. Seinen Poncho, den er nun über sich und das Rad hängte erweckte den Anschein, ein Geist schwebe umher. Wäre bloß nicht dieser blöde Sturm gewesen. Fred fuhr in der Aufmachung einer entsetzlich gerupften Vogelscheuche Richtung Elbfähre, um dort aufs andere Ufer überzusetzen. Starke Windböen schoben sich ihm unter den Poncho und er lief Gefahr, augenblicklich vom Boden der Tatsachen abzuheben. Als der Wind abwechselnd von vorn, von hinten, rechts und links zum Angriff blies, da erahnten die auf der Fähre wartenden Fahrgäste schon insgeheim ein spannendes Schauspiel. Fred enttäuschte sie nicht und begann seine Vorstellung damit, dass sich seine flatternde Regenplane an der Astgabel eines herunter hängenden Baumteiles gründlich verharkte. Die Fahrtrichtung des merkwürdigen Drahteselgespannes wurde abrupt verändert. Fred wurde ruckartig im rechten Winkel nach links gerissen und verschwand samt Drahtesel im tiefen Gestrüpp, direkt am Anlegesteg der kleinen Fähre. Nun wurde der Fährmann unruhig, denn er wollte übersetzen und nicht noch eine weitere Zirkusvorstellung dieses seltsamen Wesens ansehen. Aber da schälte sich schon Fred aus dem Gestrüpp und winkte dem Fährmann zu, dass er möglichst noch mit auf den Kahn springen wolle. Mit dem zerfetzten Regenschutz und den kleinen Ästen am Rad erweckte Fred den Eindruck, er sei Fallschirmspringer, der unbedingt auch bei dieser Vorstellung sein Rad mitnehmen mußte und nun etwas deplaziert gelandet sei. Fred schwang sich aufs Rad und fuhr verbotenerweise über den Anlegesteg direkt auf den Kahn. Der Fährmann moserte, kassierte ab, gab endlich Gas und riss das Ruder herum. Mittlerweile hatte der Sturm noch zugelegt und die kleine Fähre wurde gewaltig hin und her gerissen. Es entstand eine Situation, in der normalerweise Kotzbeutel ausgegeben werden sollten. Fred wurde ärgerlich gebeten, endlich seinen deformierten Poncho abzustreifen, da das Ding vom Sturm als Segel mißbraucht werden könnte und den klapprigen Kahn noch zum Kentern bringe. Gleichzeitig stellte Fred fest, dass sein rechter Schuh noch in dem Gebüsch liegen mußte, worin er von einer blöden Astgabel so abrupt hin delegiert wurde. Und so kam er in den Genuß, nach dem Anlegen gleich noch mal überzusetzen. Nach Auffinden seines durchweichten Schuhes, worin sich schon einige Käfer vor dem Regen gerettet hatten, verzichtete er auf weitere Ausdehnung seiner Tour und beschloß, schnellstmöglich nach Hause zu strampeln. Der Regen hatte aufgehört und auch der Sturm legte sich, so dass Fred seine gute Laune wiederfand. Das änderte sich aber nach paar Kilometer Fahrstrecke, denn ein Ereignis jagte das andere. Auf einer Bank am Uferweg kauerte ein unförmiges Männlein mit einem Hund an der Strippe. Der Hund beäugte skeptisch den herannahenden Fred und scharte ärgerlich mit seinen Pfoten Dreck auf. Das Männlein nuckelte an einer Schnapsflasche und interessierte sich nicht weiter für die Szene. Als Fred im Schritttempo fahrend in Höhe des sich in Aufregung steigernden Vierbeiners war, da passierte es: Die Strick spannte sich und schon spürte Fred in seinem Knöchel einen Schmerz. Durch den Leinenruck flog dem Mann seine Schnapsflasche in den Dreck und mit Lichtgeschwindigkeit stellten sich Entzugserscheinungen ein. So schnell konnte Fred nicht bremsen, wie er schreien wollte. Der Schnapsmann sprang von seiner Bank und fluchte grässlich. Sein Alkoholpegel sorgte dafür, dass er annahm, dieser scheiß Radfahrer habe ihm die Flasche aus der Hand geschlagen, um sich an daran selbst zu laben. Fred hielt sich einige Meter entfernt auf und begutachtete seinen angebissenen Knöchel. Er stellte fest, dass sein schöner Stinksocken in Fetzen gerissen, aber der Knöchel nur unwesentlich lädiert ist. Der auf Entzug stehende Schnapshundemann geriet in Rage und brüllte: „du elende Stinknatter, gib mir meine Flasche wieder!“ und fuhr fort: „Polizei, Hilfe, Überfall! Holt mal jemand die scheiß Bullen!“. Dabei stolperte er über die am Boden liegende Schnapsflasche, welche ins Gebüsch rollerte. Voller Wut sprang der Mann seiner Alkoholessenz hinterher. Direkt in einem menschlichen Scheißhaufen lag die Flasche. Fred sah noch, wie der Kerl mit dem Taschentuch zuerst die Flasche, dann seine Nase abwischte. Freudestrahlend stellte der Flaschenbesitzer fest, dass noch etwas Flüssigkeit