Unser erster Wohnwagen war einer der Marke „Knauss“. Eine winzige Flitzpiepe, aber er konnte von unserem Golf GLS (mit 75 PS) gezogen werden. Das Ding bot gerade einmal ausreichend Platz für uns vier. Die Katze, die später immer mit in Urlaub fuhr, hatten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Es waren zwei Betten vorhanden – besser gesagt, man konnte die beiden Sitzgruppen in zwei solche verwandeln –, aber keine Heizung. Und dieser Umstand wurde uns einmal zum Verhängnis, als wir eines Morgens allesamt bibbernd in Mulartshütte (einem Kaff in der Eifel) aufwachten, weil es über Nacht plötzlich eiskalt geworden war und geschneit hatte. Der anschließend erworbene Elektroheizer brachte auch nicht die erwünschte Wirkung und sorgte nur dafür, dass die Sicherung für unseren Stellplatz ständig heraussprang. Und mit ihr die der anderen Camper auf dem Platz. Um die Geschichte abzukürzen: wir bekamen einen neuen Wohnwagen und noch einen neuen und so weiter. Die Gefährte inklusive Auto wuchsen mit fortschreitenden Einkünften meines Vaters. Und die neueren Modelle hatten neben einer Heizung sogar einen eigenen Waschraum mit eigener Toilette. Die Dinger hießen Porta Potti. Da passte gerade einmal ein Kinderhintern drauf, gespült wurde mit einer anfangs blauen Flüssigkeit mit dem Namen Aquakem, indem man mit der Hand pumpte. Die späteren Modelle hatten eine elektronische Spülung und das fortschreitende Umweltbewusstsein brachte solche Dinge wie Biokem hervor. Den Unterschied in der Zusammensetzung kann und will ich Ihnen nicht erklären, ich weiß nur noch, dass dieses Zeug grün war statt blau. Wir haben die verschiedensten Städte und Regionen besucht. Wenn wir nicht gereist sind, stand der Wohnwagen auf einem sogenannten Dauerstellplatz rund 30 Kilometer entfernt von unserem Wohnort, und da sind wir jeden Freitagnachmittag hin. Da war alles, was man sich als Kind wünschte: andere Kinder, viel Natur, ein Baggersee und viele nette Camper, die es gut mit einem meinten. Ich hatte in meinen ganz jungen Jahren mit einer Bronchitis zu kämpfen und so kam es, dass wir auf Rat unseres Hausarztes häufig an die Nordsee fuhren. An die deutsche Nordsee. Das ist aus Sicht eines Grenzländers nicht ganz so selbstverständlich, denn der Teil der Nordsee, der am nächsten lag, war die holländische Nordsee. Genauer gesagt die Insel Walcheren mit ihren wunderschönen Örtchen Westkappelle und Zoutelande. Um nur zwei zu nennen, in denen die Menschen aus meiner Region an jedem langen Wochenende einfallen, um sich an Friet Speciaal und Bitterballen gütlich zu halten.
Uns aber hat es zur deutschen Nordsee gezogen. Wir sind, glaube ich, hintereinander sieben Jahre an die gleiche Stelle gefahren. Ein Kaff mit Namen Nordholz, mit einem Campingplatz in einem dazugehörigen noch kleineren Kaff genannt Spieka-Neufeld. Der Campingplatz lag vor dem Deich, er war also gewissermaßen ungeschützt den Launen der Nordsee ausgeliefert. Für uns Kinder war es ein Traum. Man traf sich jedes Jahr wieder, es kamen immer wieder neue Camper dazu. Ich hatte mich recht schnell in ein blondes Mädchen namens Birgit verknallt, ich meine, ich war nicht mal fünf und sie war ein paar Jahre älter, aber wir hatten eine gewisse Sympathie füreinander. Dabei kenne ich nicht mal ihren Nachnamen. Für mich war sie immer die Birgit aus Höxter. Sie war jedes Jahr dort, die Familie hatte einen Dauerstellplatz. Für uns Kinder war dieser Platz das Paradies. Als Platzwart, Kassierer, Putzkolonne fungierte ein älterer Herr mit seiner Frau, die beiden hießen Schade. Im Grunde war der Platz einfach nur eine Wiese. Man stand mit seinem Wohnwagen direkt an der Fahrrinne, durch welche die Krabbenkutter hereinfuhren und den Fang 300 m weiter landeinwärts von Bord luden. Ein herrliches Spektakel. Man bekam als Kind von den Fischern eine Handvoll Krabben für 50 Pfennig. Und wir Kinder hatten schnell raus, wie wir an dieses Geld herankommen konnten, ohne unsere Eltern anzupumpen. Es war ein ständiges Kommen und Gehen auf dem Platz und hilfreiche Hände – auch wenn es Kinderhände waren – wurden immer gebraucht. So kurz wir noch waren, hatten wir aber durchaus schon Erfahrung im Aufbauen von Zelten, dem Aufbocken von Wohnwagen auf die Stützen, damit sie nicht wackeln. Wir holten auch Frischwasser und was sonst noch so anfiel und wir erledigen konnten. Dabei fiel immer die eine oder andere Mark ab. Frisch zu Geld gekommen warteten wir auf die Kutter versuchten möglichst noch vor diesen am Anlageplatz zu sein. Die Schiffe waren durchnummeriert, sie trugen die Namen Spieka 1, Spieka 2 und so weiter. Jeder von uns hatte sein Lieblingsschiff. Meins war blau, den Namen – bzw. die Nummer – weiß ich leider nicht mehr. Aber es war ein großer Spaß, wir durften in die Krabbenkisten greifen und uns eine Handvoll rausholen. Die Krabben waren bereits gekocht, das wurde auf dem Schiff erledigt, aber ungepult, wie man dort sagt. Also haben wir uns die Viecher gegriffen und in unsere Öljacken gesteckt. Damit sind wir dann zum