Vielleicht hatte Sabine ja Recht, ging es Carmen durch den Kopf. Womöglich bin ich nur überarbeitet und mit den Gedanken ganz woanders. Die erlittenen Qualen der vergangenen vier Wochen waren ja auch wirklich furchtbar. Mit diesen Überlegungen schlief Carmen ein.
*
Verwirrte Träume quälten Carmen die halbe Nacht. Es waren undefinierbare Bilder, die an ihr vorbeihuschten, dämonenhafte Fratzen, die sie hämisch angrinsten und erschreckten. Carmen wälzte sich unruhig und schweißgebadet von einer Seite zur anderen. Irgendwann mitten in der Nacht erwachte sie aus ihren Alpträumen und richtete sich zitternd auf. Die Dunkelheit beängstigte sie noch mehr. Schemenhafte Schatten an der Wand erschienen ihr wie Gestalten aus einer anderen Welt. Schweigend starrten sie Carmen an, schienen drohend und mit unsichtbaren Händen nach ihr greifen zu wollen. Voller Furcht schaltete sie die Nachttischlampe an. Der Spuk war mit einem Schlag vorbei. Dennoch machte ihr die unheimliche Stille Angst, bedrückte sie irgendwie. Von dieser Anspannung wollte sie sich unbedingt befreien.
Carmen schaute zur Uhr, es war schon kurz nach drei. Ein paar Stunden blieben ihr noch, ehe sie raus musste. Aber jetzt brauchte sie unbedingt einen Schluck Wasser. Carmen erhob sich und ging Richtung Küche, schaltete überall in der Wohnung die Lichter ein. Sie brauchte die Helligkeit um sich, was ihr ein Gefühl der Sicherheit gab und die größte Furcht nahm.
In der Küche goss Carmen ein halbvolles Glas Mineralwasser ein und trank es in einem Zug aus. Erfrischend lief es die Kehle runter. Nun fühlte sich Carmen bedeutend wohler. Dennoch blieb eine beklemmende Anspannung, ein Gefühl, beobachtet zu werden, das so stark auf Carmen einwirkte, dass sie glaubte, aus allen Ecken mit unsichtbaren Blicken angestarrt zu werden. Sie spürte tausend Augen von überallher nach ihr schielen und konnte sich nicht davon losreißen, wohin sie sich in der Wohnung auch wandte.
Diese bedrohlichen unsichtbaren Blicke jagten ihr noch mehr Angst ein. Sie hatte das Gefühl, jeden Moment von schlüpfrigen dürren Händen begrapscht zu werden, von schmierigen feuchtkalten Fingern. Manchmal glaubte sie sogar, die klebrigen Hände auf ihrer Haut zu spüren. Eine Gänsehaut zog ihren Rücken herunter. Carmen schüttelte sich angewidert. Aber es war nichts und niemand da, der ihr etwas hätte antun können.
Vielleicht jagte ihr ja diese Einsamkeit solche Furcht ein oder einfach nur der Verlust von Heiko, der eine Leere in ihrem Herzen auslöste. Womöglich aber war sie jetzt in diesem Moment von vielen unsichtbaren und ekelhaften Geistern umgeben, die sie mit ihren großen Augen anstarrten, irgendwo in der Wohnung umherschwebend.
Carmen war ins Wohnzimmer gegangen und hatte sich auf die Couch gesetzt, eine Zigarette rauchend und sich forschend umschauend. Diese unheimliche Stille wirkte erdrückend. Aber Carmen fand auch nicht den Mut, sich jetzt wieder ins Bett zu legen, es wäre nur noch schlimmer geworden.
Noch knapp vier Stunden hatte sie bis zum regulären Aufstehen. Carmen saß noch immer vor sich hinstarrend auf der Couch im Wohnzimmer. Die Ruhe der Nacht dröhnte in ihrem Kopf, raubte ihr den Schlaf. Sie spürte keinerlei Müdigkeit, war hellwach. Ob das nur an den Anstrengungen der letzten Wochen lag? Hatte sie der Tod von Heiko zu sehr mitgenommen? Jetzt sollte doch das Schlimmste überstanden sein, überlegte Carmen. Sie hatte in den letzten Tagen immer versucht, stark zu sein, hatte sich so gut wie nichts anmerken lassen, ihre Gedanken nach Möglichkeit auf andere Dinge konzentriert. Und sie hatte stets gedacht, so auch jetzt noch, die Situation gut in den Griff bekommen zu haben.
Aber Heikos Tod und die vielen Strapazen, der ganze Stress der letzten Wochen waren ihr wohl auf den Magen und aufs Gemüt geschlagen. Sie spürte schon seit einigen Tagen diese Schmerzen in ihrem Unterleib ... und jetzt spielte auch noch ihr Geist verrückt. Bei nächster Gelegenheit würde sie unbedingt zum Arzt gehen, irgendwann in den nächsten Tagen. Die Gesundheit erschien ihr wichtiger als die alltäglichen Belastungen in der Firma. Sie spürte, dass mit ihr etwas nicht stimmte.
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