Kapitel 5
April Ohne mich umzudrehen, spüre ich meine beiden Verfolger so gut, als hätte ich Augen im Hinterkopf und könnte sie sehen. Ich gehe auf der Oxfordstreet. Es ist voll. Wie immer. Ich gehe ruhigen Schrittes und spüre, wie meine beiden Verfolger immer den gleichen Sicherheitsabstand zu mir halten. Wenn ich stehen bleibe, um mir ein Schaufenster anzusehen, bleiben auch sie stehen. Gehe ich weiter, setzen auch sie sich in Bewegung. Schliesslich erreiche ich dieses kleine Geschäft, das Bücher für Sammler verkauft. Woher auch immer – ich weiss, dass es einen Hinterausgang hat. Ich betrete das Geschäft, langsam schlendernd in der genussvollen Art einer Kaufwilligen. Sobald die Ladentür hinter mir ins Schloss fällt, eile ich durch den Verkaufsraum, um den Laden gleich wieder durch den hinteren Ausgang zu verlassen. Über den Hinterhof gelange ich in ein anderes Gebäude, durch eine Verbindungstür in das nächste und lande am Hintereingang des Fish & Chips-Restaurants in der Poland Street. Ich gehe durch das Restaurant in Richtung des vorderen Bereichs. Ein Küchenjunge kommt schimpfend auf mich zu. Mit einem schnellen und gezielten Schlag auf den Kehlkopf unterbinde ich das. Bevor das restliche Personal realisiert, was hier gerade geschehen ist oder sein könnte, verlasse ich das Restaurant auch schon wieder durch den Vordereingang. Über die Poland Street gehe ich zurück zur Oxford Street. Ich gehe sehr gezielt. Ohne meine beiden Verfolger gesehen zu haben oder ihre Gesichter zu kennen, weiss ich instinktiv, wo sie sich befinden. Sie haben sich auf die beiden Strassenseiten aufgeteilt und warten in gebührendem Sicherheitsabstand vor dem Geschäft für Sammlerbücher. Ich nähere mich dem ersten bis auf wenige Zentimeter und flüstere ihm in fliessendem Bulgarisch ins Ohr: „Gute Nacht.“ Er dreht sich um und hat schon im nächsten Moment einen kräftig aus der Hüfte beschleunigten Handballenschlag an der Brust, der ihm die Luft aus der Lunge schlägt und ihn augenblicklich ohnmächtig werden lässt. Aus den Augenwinkeln registriere ich in dem Menschengewühl eine hektische Bewegung auf der anderen Strassenseite. Blitzschnell drehe ich mich um und ziehe noch in der Bewegung meine SIG Sauer P226 unter meinem Mantel hervor, während mein Blick die Schusslücke sucht. Und findet. All das im Bruchteil einer Sekunde. Ich drücke ab. Mein zweiter Verfolger, der seine Waffe ebenfalls schon gezogen hatte, fällt getroffen zu Boden. Ich packe meine Waffe wieder weg, nicht, ohne sie noch einmal um meinen Zeigefinger zu schwingen wie ein Cowboy, der das Highnoon-Duell gewonnen hat. Was soll das eigentlich? Wieso tue ich so was Dämliches, Angeberisches und Unprofessionelles? Ich beginne schwer und aufgeregt zu atmen, so, wie sich das eigentlich auch gehört, wenn man zwei erwachsene Männer kampfunfähig geschlagen und einen dritten mit einem gewagten Schuss durch eine Lücke in der Menschenmenge erschossen hat. Ich atme in kurzen und flachen Zügen. Ich schwitze. Mit dem Handrücken wische ich mir den Schweiss von der Stirn. Meine Hand zittert. Warum werde ich verfolgt? Warum kenne ich dunkle kleine Geschäfte mit Hinterausgängen? Warum schlage ich Leute? Warum weiss ich, wie ich sie schlagen muss? Warum spreche ich Bulgarisch, und woher weiss ich, dass das Bulgarisch ist? Und überhaupt: Warum habe ich eine Waffe, und warum kann ich so verdammt noch mal filmreif damit umgehen? Erst jetzt beruhigt sich meine Atmung, da mir langsam klar wird, dass ich wieder einen dieser extrem merkwürdigen Träume hatte.
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