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Автор: grg grrgrg
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783844287790
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gegen den eines anderen ausspielen – aber Würfel? Das kann man ja gar nicht beeinflussen!“

      Miss Linhart umarmte Helen fest. „Sicher, meine Liebe, du hast gewiss Recht – nur, Lionel hat zwar die Karten bevorzugt, aber was hat ihm das genützt?“

      Helen seufzte. „Wohl wahr – Vater lebt wenigstens noch, und Lionel ist tot… aber haben ihn die Karten umgebracht oder sein loses Mundwerk? Soweit wir vor drei Jahren erfahren haben, hat er sich ganz sinnlos mit seinem Spielpartner auf einen Streit eingelassen und diesen so schandbar beleidigt, dass er gar nicht umhin konnte, als ihn zu fordern. Als Sir William vom Kontinent zurückgekommen war, hat er sich wirklich bei uns entschuldigt. Vater hat das natürlich nicht angenommen, aber ich schon."

      Miss Linhart lächelte. „Und dieser Sir William, Kindchen? Ein netter Mann?“

      „Ja, durchaus. Ich glaube, seine Frau und seine Kinder haben während seiner Verbannung auf den Kontinent sehr gelitten, aber er konnte wirklich nichts dafür, dass Lionel… anscheinend hat Lionel nicht einmal fair gekämpft, das konnten die Sekundanten bestätigen… aber so genau weiß ich in diesen Angelegenheiten nicht Bescheid.“

      Miss Linhart tätschelte ihren Arm. „Das sind auch Dinge, die nur die Gentlemen betreffen, Kindchen. Sag einmal, die beste Lösung wäre doch, wenn du heiraten würdest. War denn da noch gar nichts geplant?“

      Helen zuckte mutlos die Achseln. „Nichts Festes. Vater hatte da etwas mit dem Earl of Worley ins Auge gefasst, was seinen Enkel, Lord Bernard, betrifft. Aber die Familie Tamlin ist, soweit ich weiß, finanziell nicht besonders – naja. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Lord Bernard noch interessiert ist, wenn ich jetzt doch mittellos bin.“

      „Schade, das wäre doch eine recht annehmbare Verbindung gewesen?“

      Helen schauderte. „Kaum. Ich schätze Lord Bernard nicht besonders. Ein Mann, der nur an seinen eigenen Vorteil und sein Vergnügen denkt. Ich habe ihn zwar nur vielleicht drei- oder viermal gesehen, aber er ist leicht zu durchschauen.“

      Miss Linhart tätschelte sie wieder. „Wirklich traurig, meine Liebe – aber meinst du nicht, dass die meisten Ehemänner – nun – ihre Schattenseiten haben? Es geht doch mehr darum, angemessen versorgt zu sein – und du bist immerhin auch schon - ?“

      „Dreiundzwanzig“, gab Helen zu. „Übriggeblieben, ich weiß. Wie denn auch nicht, ohne Saison? Vater hat für mich nie Geld ausgegeben. Nur für sein Spiel… Nun, jetzt ist es zu spät. Ich bin über das Heiratsalter hinaus und habe keine Mitgift mehr. Aber was nützt es, zu jammern? Ich würde gerne deine Freundin kennenlernen und etwas über die Aufgaben einer Gouvernante lernen. Und wenn ich mich hier auf irgendeine Weise nützlich machen kann, dann bitte, zögere nicht, es mir zu sagen. Ich möchte dir doch nicht lästig fallen!“

      5

      Sir Adam hatte auf seinem eigenen Landsitz Oakwood nach dem Rechten gesehen und beschloss nun, die zwanzig Meilen nach Norwood Abbey zu fahren und zu sehen, was sich dort bisher getan hatte.

      Montey öffnete ihm und schien sich über sein Kommen zu freuen. Sir Adam trat ein und schnupperte vorsichtig: Es roch eindeutig besser als beim letzten Mal. Weniger staubig auf jeden Fall.

      „Ah, man spürt schon Verbesserungen… Montey, was haben Sie bis jetzt unternommen?“

      „Ich habe zwei Stubenmädchen engagiert, die, wie ich mir schmeichle, im Erdgeschoss schon recht hübsche Fortschritte erzielt haben, Sir, und wir haben vor allem das Schlafzimmer des Herrn einer gründlichen Renovierung unterzogen und die Vorräte aufgefüllt. Wenn Sie hier Wohnung nehmen möchten, Sir, können wir Sie, denke ich, schon recht erträglich beherbergen.“

      Sir Adam dankte ihm und sah sich weiter um. Was er mit der Abbey anfangen sollte, wusste er eigentlich auch nicht. Oakwood hatte ihm, obwohl es eher klein und düster war, bis jetzt durchaus genügt – und für seine Interessen war ein einigermaßen komfortables Stadthaus in London viel wichtiger; Handel und Wandel fanden schließlich vor allem dort statt!

      Andererseits war Norwood Abbey ein Besitz, der Pflege verdiente, ein Tudorbau, der auf den Resten eines mittelalterlichen Klosters erbaut und offenbar kurz nach der Erbauung bereits säkularisiert worden war. Das Ergebnis wirkte verblüffend harmonisch – der Orden, der hier nicht lange seine Heimat gehabt hatte, hatte sich sicher schwer damit getan, das Kloster zu verlassen. Andererseits hatten sie unter König Heinrich sicher froh sein können, das nackte Leben zu retten…

      Er sollte sich vielleicht bei Gelegenheit einmal mit der Geschichte der Familie Norwood befassen, überlegte er. In der feinen Gesellschaft des Landes wusste natürlich jede Familie von der anderen, seit wann sie welche Titel trug und welche Besitzungen ihr eigen nannte, aber er selbst spürte jetzt wieder, dass er doch eine Art Außenseiter war, der für solche Feinheiten wenig Gespür besaß. Genau genommen war sein Interesse an solchen Fragen auch nicht übermäßig ausgeprägt, er fand das Kreisen um Adelsfragen eher etwas albern und unzeitgemäß: Was bedeutete es angesichts politischer Umwälzungen, technischer Erfindungen und wirtschaftlicher Fortschritte schon, dass dieser oder jener Edelmann seine Abstammung auf einen normannischen Halbwilden zurückführen konnte?

      Aber die Abbey war schön. Schöner als Oakwood, musste er zugeben. Obwohl das nicht gerade schwer zu bewerkstelligen war, denn Oakwood war nichts, was man gesehen haben musste – eher klein, durch die winzigen Fenster eben ziemlich düster, schwer heizbar und auch landschaftlich nicht übermäßig schön gelegen. Eigentlich seltsam, denn es war kaum mehr als eine Stunde zu Pferd von der Abbey entfernt, und die Abbey lag sehr reizvoll in der leicht hügeligen Landschaft.

      Vielleicht lag es an dem finster bewaldeten Bergrücken, der unmittelbar hinter den Oakwoodschen Salonfenstern aufzuragen schien. Deprimierend.

      Nun, er würde die Abbey, ihre Geschichte und die Geschichte der Norwoods ebenso im Auge behalten wie das Schicksal von Helen Norwood, auch wenn er im Moment noch nicht so recht wusste, wie er sie finden sollte.

      6

      Helen hatte sich sehr schnell bei Linny eingelebt und durchaus erkannt, dass diese über nur sehr geringe Mittel verfügte und sich durch feine Stickereien etwas hinzuverdiente. Allerdings war Helen selbst wirklich nicht gerade verwöhnt, denn die Norwoodschen Finanzen waren auch schon lange am Ende gewesen und man hatte in der Abbey – vor allem, wenn der Hausherr in London weilte, also nahezu ständig – von der Hand in den Mund gelebt. Außerdem hatte Miss Linhart seinerzeit auch der kleinen Helen die Kunst feiner Stickereien beigebracht, so dass sie nun – nach anfänglichen Protesten der Gastgeberin - einträchtig beieinander saßen und die Borten stickten, für die Madame Angéliques begehrte Kreationen berühmt waren.

      Die Sonne fiel schwach durch die dünnen Vorhänge, die bescheidenen Möbel dufteten nach dem Bienenwachs, mit dem Linny sie poliert hatte, und Helen fand es hier viel, viel schöner und angenehmer als jemals in der Abbey, was sie ihrer ehemaligen Gouvernante auch sofort mitteilte.

      „Ach Kindchen!“, mahnte Linny, ganz Gouvernante, sofort. „In Norwood Abbey warst du aber doch Lady Helen, angesehen in der besten Gesellschaft – und jetzt?“

      „Lady Helen“, murmelte Helen, „und was hat mir das genützt? Ich ging ja nicht in Gesellschaft, weil sich mein Vater dafür nicht interessierte, wir hatten keinen Kontakt zu den Nachbarn, denn dann hätten wir sie schließlich auch einladen müssen und die Aufwendungen dafür hätten meinem Vater dann nur am Spieltisch gefehlt, die Abbey verkam immer mehr, weil wir kaum noch Personal hatten, und Geld gab es auch nicht. Ich glaube, hier bei dir habe ich zum ersten Mal seit Jahren ein Stück Fleisch bekommen. In der Abbey gab es das Brot, das Mrs. King gebacken hatte, und das Gemüse, das wir an einer versteckten Ecke des Parks angebaut hatten. Und ich kam mit dem Staubwischen und Ausfegen schon im Erdgeschoss und dem ersten Stock kaum hinterher. Hier fühle ich mich jetzt richtig verwöhnt. Am liebsten würde ich immer bei dir bleiben!“

      Miss Linhart seufzte. „Kindchen, Helen… das rührt mich sehr, aber du weißt doch: Ich bin nicht mehr die Jüngste. Wenn ich eines Tages einmal nicht mehr sein sollte, was soll dann aus dir werden?