Heike Datzko
Terranus
Die Höhle
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Inhaltsverzeichnis
Der Fund
„Was ist das denn da vorne?!“ Achim stürzte vor und fegte schnell ein paar Äste und Zweige beiseite. Tatsächlich! Eine geheime Höhle! Freudig winkte er die anderen seiner Truppe zu sich hoch und präsentierte stolz seinen Fund. „Das wird unser neues Hauptquartier.“ Er bückte sich unter einer herunterhängenden, in gelb blühenden Ranke durch und stand in dem kleinen, angenehm kühlen Vorraum. Dunkel war es hier drinnen, denn von draußen drang nur mäßiges Licht durch die herunterhängenden Zweige herein. Er konnte seine Freunde reden hören, verstand ihre Worte aber nicht.
„Kommt herein, hier ist genug Platz für uns alle“, rief er ihren laut zu. Neugierig ging er etwas tiefer in die Höhle hinein, konnte aber nicht genug erkennen. Sie mussten diese Höhle unbedingt näher erkunden, das würde ein spannender Sommer werden. Fieberhaft überlegte er sich eine Strategie zur Erkundung. Sollen wir als Gruppe gehen, oder nur paarweise? Was brauchten wir an Ausrüstung? Was wird uns dort drinnen erwarten?
Ein leichtes Zittern überlief seine sonnenbraunen Arme und er schüttelte verwirrt den Kopf. Irgendetwas war dort in der Dunkelheit, etwas Interessantes. Er spürte, wie ihn die Aufregung packte. Am liebsten wäre er sofort tiefer in die Höhle vorgedrungen, um sie zu erkunden. Doch das wäre unklug gewesen. Vor allem würde es seine Freunde – seine Clique – in Gefahr bringen. Das durfte auf keinen Fall passieren!
Kim tauchte neben ihm auf und er konnte sehen, wie sie ihren Kopf drehte, um mehr zu erkennen. „Wow“ brachte sie hervor und ging einen Schritt an ihm vorbei in Richtung Dunkelheit. Sorgenvoll zog Achim eine Augenbraue hoch, es schien fast so, als hätte Kim dies gespürt, denn sie wich augenblicklich zurück und stand jetzt direkt neben ihm.
„Wann erkunden wir sie?“, flüsterte sie und in ihrer Stimme schwang Aufregung mit. Sie hatten gemeinsam als Clique schon so viele Sachen erkundet. Unter anderem waren sie oftmals in einen offenen Abwasserkanal oder einen verlassenen Bergbaustollen gegangen. Natürlich ausgerüstet mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Kerzen und Taschenlampen. Sie hatten sich genug Essen und Trinken mitgenommen und am Eingang einen Faden befestigt. Diesen ließen sie dann während ihrer Erkundungstour von der Spule abrollen. So fanden sie definitiv immer den Ausweg!
In den meisten Fällen kehrten sie unbeschadet zurück und veranstalteten draußen vor dem Kanal ein kleines Fest. Diese Abenteuer waren spannend und aufregend zu gleich gewesen, aber auch gefährlich. Nur gut, dass Achim die Kontrolle hatte, er war sich jederzeit der drohenden Gefahr bewusst und plante ihre Ausflüge sorgfältig. Nie würde Achim sie ohne Ausrüstung in eine unbekannte Höhle weiter hineinführen, als bis zu dem Punkt, wo das Tageslicht oder der Eingang der Höhle nicht mehr zu sehen war.
Inzwischen waren die anderen ihrer kleinen Gruppe ebenfalls in die Höhle getreten und schauten sich neugierig um. Die anderen waren Markus, Anette, Michael und Maik. Sie lebten alle zusammen in einem kleinen Dorf. In der Gegend wurde früher viel Erz abgebaut betrieben und somit gab es neben den Abflusskanälen auch viele interessante und nicht mehr funktionale Stollen. Natürlich waren die Stollen immer gegen unsachgemäßes Eindringen geschützt, aber man musste nur etwas suchen und schon fand man einen unscheinbaren Hintereingang, der vergessen wurde. So gelangten sie dann herein und erlebten ein Abenteuer nach dem anderen.
Achim drehte sich von der unscheinbaren Dunkelheit weg zu seiner Clique. Sie folgten ihm blind, vertrauten ihm und hatten ihn wegen seiner Art und seinem Wissen zu ihrem Anführer gewählt. Es war eine stumme Wahl gewesen und sie wurde von allen anderen akzeptiert. Gestern erst hatten sie gegen eine andere Clique gekämpft und hatten sie gemeinsam besiegt. Dank Achim, der sie angespornt hatte genug Munition (kleine Plastikkugeln für ihre Pistolen) zu kaufen und seiner Planung!
Geschützt durch eine undurchdringbare Hecke hatten sie die anderen schnell in die Flucht schlagen können. Nun gehörte dieses Territorium sozusagen ihnen und sie erkundeten es das erste Mal. Die Höhle war natürlich ein sehr bedeutender Fund, sogar noch ein Stück wertvoller als die Bruchbude, welche die andere Bande ihr Hauptquartier nannte.
In dem Hauptquartier der anderen hatten sie ziemlich viele nützliche Dinge gefunden, unter anderem die Metallzwille, die jetzt in Achims Hosentasche steckte. Sie fühlte die gut an. Sie hatten zwar ihre Spielzeugpistolen mit den Plastikkugeln, aber mit so einer Zwille konnte man weit mehr Schaden anrichten, als einem lieb war. Gerade für so eine Erforschung wie diese Höhle könnte sie sich als notwendig erweisen. Ihm fehlte nur noch die passende Munition, doch die würden sie morgen am in Form von Kieselsteinen schon finden.
In seinem Kopf plante er schon den genauen Ablauf der Erforschung, machte sich eine Liste und musterte dabei seine Freunde. Sie wussten, was jetzt kommen würde und hatten ihn schon in einen Kreis eingeschlossen. Er hielt als Erster seinen Arm ausgestreckt in die Mitte, seine Hand war zu einer festen Faust geballt, sodass der Handrücken nach oben zeigte. Kim legte ihre Hand über seine und auch die anderen folgten. Achim sah jedem nacheinander tief in die Augen, sie bestätigten den Blick und er sah ihre Entschlossenheit. Diese Freunde würden alles für ihn machen und sie würden ihm blind folgen, weil sie ihm vertrauten.
„Zu keinem ein Wort, das hier wird unsere nächste Mission. Wenn auch nur einer etwas von unserem Fund erzählt, bekommt er es mit mir zu tun.“ Wieder sah er jedem tief in die Augen und wusste, dass sie es nicht verraten würden. „Das hier, wird unser Geheimnis bleiben. Wir erforschen die Höhle nächsten Samstag. Wer aussteigen will, kann es gerne machen, braucht mir dann aber nicht mehr unter die Augen zu treten. Ist allen klar, was sie mitzubringen haben?“
Alle nickten zustimmend, sie standen hinter ihm und Achim sah ihren Forscherdrang in ihren Augen aufblitzen. Alles musste genau geplant werden, damit nicht doch etwas passierte. Denn einmal ist etwas passiert. In einem Stollen auf der anderen Seite des Tals. Es ist einfach passiert und sie konnten es nicht ändern. Achim fühlte sich deswegen schuldig und plante seit dem noch präziser und mit noch mehr Sicherheit. Auch seine Freunde schienen danach noch vorsichtiger geworden zu sein.
In Gedanken ging Achim die Fehler von damals noch einmal durch – seine Fehler. Er hatte sich oft gefragt, ob es an ihm lag, oder ob es einfach nur Schicksal war. Sie hatten sich den gesamten Nachmittag über in dem kleinen schattigen Wäldchen auf der anderen Seite vom Dorf aufgehalten. Das Dorf selber lag in einer Art Talsenke und war von zwei größeren stark bewaldeten Hügeln fast umschlossen. Einzig allein die große Schnellstraße störte im Bild. Sie führte über das Tal hinweg und verband so die beiden Berge miteinander.