In ihrem Beitrag zu Reaktiven Brandschutzsystemen erläutern Sascha Hothan und Dustin Häßler, Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), Berlin neueste Erkenntnisse zu reaktiven Brandschutzsystemen (RBS). Ihre Wirkungsweise basiert auf der Bildung einer thermischen Schutzschicht infolge Reaktion der Bestandteile mittels thermischer Aktivierung durch den Brand selbst. Die so entstehende, schaumartige Schutzschicht verlangsamt die Erwärmung der beschichteten Konstruktion. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich auf die Verwendung von RBS auf Stahlkonstruktionen. Neben einer umfassenden Darstellung der aktuellen nationalen und europäischen Regelungen zu RBS werden technologische Besonderheiten und deren Einfluss auf den Regelungsinhalt im Beitrag thematisiert. Dabei werden neben sich abzeichnenden Neuerungen auch die entsprechenden wissenschaftlich-technologischen Grundlagen dargelegt. Eine allgemeine Darstellung von Exposition und Schädigungsmechanismen sowie die Behandlung der Nachweise für die Dauerhaftigkeit soll sachlich informieren und Problemlösungen aufzeigen. Dabei wird insbesondere die Frage nach Nutzungsdauern weit jenseits von 10 Jahren aufgegriffen.
Mit dem Thema Praxisbeispiele zu erfolgreichen Brandschutzlösungen beschäftigten sich Jochen Zehfuß, Technische Universität Braunschweig, Jörg Sothmann, Michael Winkler, hhpberlin Ingenieure für Brandschutz GmbH, Hamburg, Georg Spennes, BFT Cognos GmbH, Aachen, Jens Upmeyer, Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz mbH, Kleve und Olga Molochnikova, Ingenieure für Brandschutz GmbH, Hamburg. Anhand von 3 Praxisbeispielen werden erfolgreiche Brandschutzlösungen vorgestellt. In einem ersten Beispiel wird der Nachweis für die Konstruktion einer 100-jährigen Stahlkonstruktion eines ehemaligen Gewerbegebäudes gezeigt, das nun als Theater genutzt wird. In einem zweiten Beispiel wird dargestellt, dass das stählerne Tragwerk einer offenen Parkgarage ohne Brandschutzmaßnahmen ausgeführt werden kann, sofern der Nachweis unter Berücksichtigung der thermischen Einwirkung auf der Grundlage von Naturbrandszenarien erfolgt. Im dritten Beispiel wird ein Brandschutznachweis für ein Raumzellengebäude aus Containern ohne Brandschutzbekleidung von außen gezeigt.
Im Beitrag Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen behandeln Richard Stroetmann, Technische Universität Dresden, Lars Sieber, Thomas Riedel, Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTW) und Andreas Taras, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH) unter Mitarbeit von Dipl.-Ing. Jürgen Anders, Institut für Schweißtechnik und Ingenieurbüro Dr. Möll GmbH, Darmstadt und Prof. Dr.-Ing. Gerd Kuscher, Gesellschaft für Schweißtechnik International mbH, Hannover die Grundlagen zu Altstahlkonstruktionen, die für deren Bewertung, Modernisierung und Instandsetzung von Interesse sind. Nach einer Beschreibung der zeitlichen Entwicklung der Herstellungsverfahren und der frühen Normung für Baustähle wird auf die metallurgischen Besonderheiten aus der Herstellung, die chemische Zusammensetzung und die mechanischen Eigenschaften alter Baustähle eingegangen. Eine häufig bei Altstahlkonstruktionen anzutreffende Verbindungstechnik stellen Nietverbindungen dar, die hier vorgestellt werden. Ein wichtiger Aspekt ist die Bewertung der Sprödbruchneigung genieteter Stahlkonstruktionen aus Flussstahl. Bei der Beurteilung der Sicherheit bestehender Konstruktionen und der Entscheidung über notwendige Instandsetzungs- und Verstärkungsmaßnahmen ist der Nachweis ausreichender Werkstoffzähigkeit von wesentlicher Bedeutung. Schließlich rundet ein Abschnitt zur Ermüdungsfestigkeit und Restlebensdauer genieteter Altstahlkonstruktionen den Beitrag ab. Neu ist dabei ein Abschnitt, in dem die Ermittlung von Inspektionsintervallen auf Basis von Risswachstumsberechnungen behandelt wird.
Winkelprofile gehören zu den beliebtesten Profiltypen im Bausektor, besonders im Mast- und Turmbau. Über den Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen berichten André Beyer, CTICM, Frankreich, Marios-Zois Bezas, und Jean-Pierre Jaspart, Université de Liège, Belgien sowie Ioannis Vayas, National Technical University of Athens, Griechenland. Im Beitrag werden auf der Grundlage der Ergebnisse des europäischen Forschungsprojekts ANGELHY Bemessungskonzepte erläutert, die den Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen der Querschnittsklassen 1 bis 4 für einzelne und kombinierte Schnittgrößen erlauben. Bei mehrteiligen Querschnitten erlauben sie eine einfache Erfassung der Abstände zwischen Verbindungen und geben die Möglichkeit Konfigurationen zu behandeln, die aktuell nicht im Eurocode erfasst sind. Diese Regeln sind sowohl für den allgemeinen Gebrauch als auch speziell für Türme und Maste anwendbar und wurden somit für einen Anhang F in der neuen prEN 1993-3 vorgeschlagen. In diesem Beitrag werden die Regeln vorgestellt und ihre Herleitung und Validierung erläutert. Hervorzuheben ist, dass die Nachweise auch sehr konkret an typischen Anwendungsbeispielen gezeigt werden.
Mit dem Thema Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung haben sich Rüdiger Höffer, Ruhr-Universität Bochum, Klaus Thiele, Technische Universität Braunschweig, Francesca Lupi, Ulf Winkelmann, Ruhr-Universität Bochum, Wolfgang Hubert, Niemann Ingenieure GbR, Bochum, Cornelia Kalender, Ruhr-Universität Bochum, Roland Wüchner und Cong Chen, Technische Universität Braunschweig beschäftigt. Zur quantitativen Beschreibung der Windwirkung sind Modelle der Bauwerksaerodynamik erforderlich, deren Qualität direkt das Ergebnis beeinflusst. In jedem Fall ist es von großer Bedeutung, die Voraussetzungen und Geltungsgrenzen der verwendeten Modelle zu kennen. Turbulenzinduzierte Schwingungen und aeroelastische Instabilitäten von Bauwerken sind ebenso ein Schwerpunktthema des Beitrags wie wirbelerregte Schwingungen bei Türmen und Masten. Hinweise werden auch zur Minderung der Schwingungen von Brückenüberbauten im Bauzustand gegeben, einem in jüngster Zeit intensiv diskutierten Problem. Für diese und andere Themen des Windingenieurwesens werden Modelle dargestellt und erläutert. Dabei wird auch die aktuelle Weiterführung der europäischen Normung berücksichtigt.
Türme und Maste sind funktionale, schlanke Ingenieurtragwerke und wichtiger Teil unserer modernen Infrastruktur. Frank Kemper, Markus Feldmann, Mirko Friehe, alle Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH), Klaus Thiele, Technische Universität Braunschweig und Dieter Ungermann, Alena Patschin und Bettina Brune, alle Technische Universität Dortmund beleuchten in diesem Beitrag einige Besonderheiten, die für die Planung von Turm- und Mastbauwerken relevant sind, wie Lastansätze (Lasteinwirkungen aus Wind und Eis, Betriebslasten und windbedingte Schwingungseffekte), Bemessungsmodelle und Nachweiskriterien. Hierbei werden gezielt auch strittige Regelungen aufgegriffen und, soweit möglich, hierzu Stellung genommen, indem aktuelle Forschungsarbeiten des Institutes für Stahlbau sowie des Centers for Wind and Earthquake Engineering (CWE) der RWTH Aachen herangezogen werden. Auf die europäischen Regeln für Türme, Maste und Schornsteine (Eurocode 3-3-1 bzw. 3-3-2) wird an den passenden Stellen Bezug genommen. Für die verschiedenen Einsatzgebiete von Masten, wie zum Beispiel für Windkraftanlagen oder für Freileitungen, gibt es zum Teil parallele Normungsregelungen und spezielle technische Anforderungen aus der Nutzung. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf die kommende Normengeneration prEN 1993-3 und deren Änderungen gegenüber den gültigen Regelungen.
Ich darf mich im Namen des Verlags Ernst & Sohn bei allen Autoren ganz herzlich für ihre qualitativ hochwertige Arbeit bedanken. Den Mitarbeitern des Verlags und im Institut danke ich besonders für ihren großen Einsatz, der trotz aller Schwierigkeiten ein pünktliches Erscheinen des Kalenders möglich macht. Damit bietet der Kalender wieder einen hervorragenden Überblick zu den Schwerpunktthemen Türme und Maste und Brandschutz.
Am Freitag, 24. Juni 2022 wird der diesjährige Stahlbau-Kalender-Tag in Stuttgart stattfinden, zu dem wir alle Interessierten herzlich einladen. Auch wenn sich gezeigt hat, dass eine Online-Veranstaltung möglich und gut ist, hoffen wir doch sehr, in diesem Jahr wieder in Präsenz tagen zu können. In jedem Fall werden die Autoren dieser Ausgabe zu ihren Themen live vortragen und für Diskussionen zur Verfügung stehen.
Stuttgart, Februar 2022
Prof. Dr.-Ing. Ulrike Kuhlmann
Autor:innenverzeichnis
Bezas, Marios-Zois, M.Sc.
2010–2015