sähe, daß er ein Schalk sei. Der Kaufmann sprach: »Liebe Frau, gib dich zufrieden! Ich
brauche ihn für eine Reise nach der Stadt Goslar. Wenn ich wiederkommen will ich ihn
entlassen.« Kaum konnte er die Frau dazu überreden, sich damit abzufinden.
Als sie des Abends aßen und tranken und guter Dinge waren, sprach der Kaufmann: »Doll,
richte den Wagen her und schmiere ihn! Wir wollen morgen nach Goslar fahren. Ein Pfaffe,
Herr Heinrich Hamenstede, ist dort zu Hause und will mitfahren.« Eulenspiegel sagte ja und
fragte, was für eine Schmiere er nehmen solle. Der Kaufmann warf ihm einen Schilling zu und
sprach: »Geh und kauf Wagenschmiere, und laß die Frau altes Fett dazutun!« Eulenspiegel tat
also; und als alle schliefen, beschmierte er den Wagen innen und außen und am allermeisten
da, wo man zu sitzen pflegt.
Des Morgens früh stand der Kaufmann mit dem Pfaffen auf und hieß Eulenspiegel, die Pferde
anzuspannen. Das tat er. Sie saßen auf und fuhren ab. Da hob der Pfaffe an und sagte: »Was,
beim Galgen, ist hier so fettig? Ich will mich festhalten, daß der Wagen mich nicht so rüttelt,
und beschmiere mir die Hände überall.« Sie hießen Eulenspiegel anzuhalten und sagten zu
ihm, sie seien beide hinten und vorne beschmiert, und wurden zornig über ihn. Währenddem
kam ein Bauer mit einem Fuder Stroh vorbei, der zum Markt fahren wollte. Dem kauften sie
einige Bündel ab, wischten den Wagen aus und saßen wieder auf. Da sagte der Kaufmann
zornerfüllt zu Eulenspiegel: »Du gottverlassener Schalk, daß dir nimmer Glück geschehe!
Fahr fort an den lichten Galgen!« Das tat Eulenspiegel. Als er unter den Galgen kam, hielt er
an und spannte die Pferde aus. Da sprach der Kaufmann zu ihm: »Was willst du machen, oder
was meinst du damit, du Schalk?« Eulenspiegel sagte: »Ihr hießet mich, unter den Galgen zu
fahren. Da sind wir. Ich meinte, wir wollten hier rasten.« Der Kaufmann sah aus dem Wagen:
sie hielten unter dem Galgen. Was sollten sie tun? Sie lachten über die Narretei, und der
Kaufmann sagte: »Spann wieder an, du Schalk, fahr geradeaus und sieh dich nicht um!«
Nun zog Eulenspiegel den Nagel aus dem Landwagen, und als er eine Ackerlänge gefahren
war, ging der Wagen auseinander. Das Hintergestell mit dem Verdeck blieb stehen, und
Eulenspiegel fuhr allein weiter. Sie riefen ihm nach und liefen, daß ihnen die Zunge aus dem
Halse hing, bis sie ihn einholten. Der Kaufmann wollte ihn totschlagen, und der Pfaffe half
ihm, so gut er konnte.
Die 12. Historie sagt, wie Eulenspiegel dem Kaufmann in Hildesheim das Haus räumte.
Als sie die Reise vollbracht hatten und wieder nach Hause kamen, fragte die Frau den
Kaufmann, wie es ihnen ergangen sei. »Seltsam genug«, sagte er, »doch kamen wir wieder
zurück.« Dann rief er Eulenspiegel und sagte: »Kumpan, diese Nacht bleib noch hier, iß und
trink dich voll, aber morgen räume mir das Haus! Ich will dich nicht länger haben. Du bist ein
betrügerischer Schalk, wo du auch herkommst.« Eulenspiegel sprach: »Lieber Gott, ich tue
alles, was man mich heißet; und doch kann ich keinen Dank verdienen. Aber gefallen Euch
meine Dienste nicht, so will ich morgen nach Euern Worten das Haus räumen und wandern.«
»Ja, das tue nur«, sprach der Kaufmann.
Am andern Tag stand der Kaufmann auf und sagte zu Eulenspiegel: »Iß und trink dich satt und
dann trolle dich! Ich will in die Kirche gehen. Laß dich nicht wieder sehen!« Eulenspiegel
schwieg. Sobald der Kaufmann aus dem Haus war, begann er zu räumen. Stühle, Tische,
Bänke und was er tragen und schleppen konnte, brachte er auf die Gasse, auch Kupfer, Zinn
und Wachs. Die Nachbarn wunderten sich, was daraus werden sollte, daß man alles Gut auf
die Gasse brachte.
Davon erfuhr der Kaufinann. Er kam schnell herbei und sprach zu Eulenspiegel: »Du braver
Knecht, was tust du hier? Find ich dich noch hier?« »Ja, Junker, ich wollte erst Euren Willen
erfüllen, denn Ihr hießet mich, das Haus zu räumen und danach zu wandern.« Und er sprach
weiter: »Greift mit zu, die Tonne ist mir zu schwer, ich kann sie allein nicht bewältigen.« »Laß
sie liegen«, sagte der Kaufmann, »und gehe zum Teufel! Das alles hat zuviel gekostet, als daß
man es in den Dreck werfen könnte.« »Lieber Herrgott«, sprach Eulenspiegel, »ist das nicht
ein großes Wunder? Ich tue alles, was man mich heißet, und kann doch keinen Dank
verdienen. Es ist wahr: ich bin in einer unglücklichen Stunde geboren.« Damit ging
Eulenspiegel von dannen und ließ den Kaufmann wieder hineinschleifen, was er ausgeräumt
hatte, so daß die Nachbarn noch lange lachten.
Die 13. Historie sagt, wie sich Eulenspiegel bei einem Pfarrer verdingte und wie er ihm die
gebratenen Hühner vom Spieß aß.
In dem Lande Braunschweig liegt im Stift Magdeburg das Dorf Büddenstedt. Dort kam
Eulenspiegel in des Pfaffen Haus. Der Pfaffe dingte ihn als Knecht, kannte ihn aber nicht. Und
er sprach zu ihm, er solle gute Tage und einen guten Dienst bei ihm haben; essen und solle er
das Beste, ebensogut wie seine Haushälterin. Alles, was er tun müsse, könne er mit halber
Arbeit tun. Eulenspiegel sagte ja dazu, er wolle sich danach richten. Und er sah, daß des
Paffen Köchin nur ein Auge hatte. Die Haushälterin schlachtete gleich zwei Hühner, steckte
sie zum Braten an den Spieß und hieß Eulenspiegel, sich zum Herd zu setzen und die Hühner
umzuwenden. Eulenspiegel war dazu bereit und wendete die zwei Hühner am Feuer um.
Und als sie gar gebraten waren, dachte er: Als der Pfaffe mich dingte, sagte er doch, ich solle
so gut essen und trinken wie er und seine Köchin; das könnte bei diesen Hühnern nicht in
Erfüllung gehen; und dann würden des Pfaffen Worte nicht wahr sein, und ich äße auch von
den gebratenen Hühnern nicht; ich will so klug sein und davon essen, damit seine Worte wahr
bleiben. Und er nahm das eine Huhn vom Spieß und aß es ohne Brot.
Als es Essenszeit werden wollte, kam des Pfaffen einäugige Haushälterin zum Feuer und
wollte die Hühner beträufeln. Da sah sie, daß nur ein Huhn am Spieß steckte, und sagte zu
Eulenspiegel: »Der Hühner waren doch zwei! Wo ist das eine hingekommen?« Eulenspiegel
sprach: »Frau, tut Euer anderes Auge auch auf, dann seht Ihr alle beide Hühner.« Als er so
über die Köchin wegen ihres einen Auges herzog, wurde sie unwillig und zürnte Eulenspiegel.
Sie lief zum Pfaffen und erzählte ihm, wie sein feiner Knecht sie verspottet habe wegen ihres